FDGB-Lexikon, Berlin 2009


Schulungswesen.

Inhalt:

I.     Kaderbildung und Ideologievermittlung:
       Die grundlegenden Aufgaben des
       gewerkschaftlichen Schulungswesens

II.    Die Anleitungsstrukturen für das gewerkschaftliche
       Schulungswesen im Apparat des FDGB-BuV

III.    Das System der Schulungseinrichtungen

        a) Die betriebliche Ebene

        b) Die Kreis- und Landes- bzw. Bezirksebene

        c) Die zentrale Ebene

        Literatur


I.   Kaderbildung und Ideologievermittlung: Die grundlegenden Aufgaben des gewerkschaftlichen Schulungswesens

Die SED hatte dem FDGB als ihrer größten, mitgliederstärksten Massenorganisation u.a. die beiden Aufgabenfelder der Kaderbildung (im Sinne der Heranbildung von Leitungskräften für den sozialist. Staats- und Wirtschaftsapparat sowie für gesellschaftliche Aufgaben) und der Ideologievermittlung und Erziehung (im Sinne einer ganz spezifischen, zweckorientierten „Bildungsarbeit“, bei der nicht die freie Entfaltung der Persönlichkeit, sondern die doktrinäre Vermittlung des Politikverständnisses und der Geschichtsauffassung der SED an möglichst breite Bevölkerungskreise im Mittelpunkt stand) zugewiesen. Um den hiermit verbundenen Aufgaben nachkommen zu können, bauten der BuV des FDGB und die ZV der ihm angeschlossenen Einzelgew. ein umfassendes, in sich vielfach gegliedertes und hierarchisch abgestuftes System von Schulungseinrichtungen auf. Die gewerkschaftlichen Bildungsstätten richteten sich mit ihren Schulungsangeboten dabei zum einen, im Sinne der konkreten, personenbezogenen Kaderarbeit, vorrangig an die eigenen Funktionäre und Mitglieder, zum anderen, im Sinne der allgemeinen gewerkschaftspolit. Massenarbeit, darüber hinaus auch an die breite Masse der Werktätigen, letztlich an die gesamte Bevölkerung der DDR.
Verantwortlich für die Leitung des gesamten gewerkschaftlichen Schulungswesens war der FDGB-BuV. Unterstützt werden sollte er dabei durch die ZV der einzelnen IG/Gew. Den hohen Stellenwert des Schulungswesens unterstreicht, dass auch den BV und KV aufgetragen war, für die „richtige Auswahl, Schulung und den Einsatz der Gewerkschaftskader“ zu sorgen und dass darüber hinaus die mehreren Zehntausend Grundorganisationen dazu angehalten waren, „die Kader zu schulen, zu entwickeln, zu qualifizieren und zu fördern“ (vgl. Satzung des FDGB von 1982).


II.   Die Anleitungsstrukturen für das gewerkschaftliche Schulungswesen im Apparat des FDGB-BuV

Aus der Tatsache, dass das Schulungswesen sowohl im Dienst der Kaderbildung als auch im Dienst der Ideologievermittlung und Erziehung stand, ergab sich für die Anleitungsstrukturen innerhalb des Gewerkschaftsapparates die Notwendigkeit, die Kompetenzen der verschiedenen beteiligten Fachabteilungen zum einen voneinander abzugrenzen, zum anderen aber auch für Kooperation zwischen ihnen zu sorgen. Für diese Anforderungen gab es keine optimale organisatorische Lösung, es kam vielmehr wiederholt zur Umorganisation der Zuständigkeiten, vor allem zwischen denjenigen Abteilungen, die für Schulung, Aus- und Weiterbildung sowie für Werbung bzw. Agitation und Propaganda zuständig waren einerseits, und denjenigen Abteilungen, denen die Personal- bzw. Kaderarbeit sowie Organisationsaufgaben oblagen, andererseits.
Zunächst war es die HA Schulung und Bildung (1946-48), der die Aufgabe oblag, die Gewerkschaftsfunktionäre für die alltägliche Arbeit zu rüsten und weiter zu qualifizieren. Innerhalb der HA Schulung und Bildung, deren Leiter Walter Maschke sich früh - ganz in der Tradition des früheren Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) stehend - für die Einrichtung einer zentralen Bundesschule des FDGB engagierte, bemühte sich vor allem das Referat Werbung und Schulung darum, neue Materialien für die gewerkschaftlich-politische Bildungsarbeit herauszugeben und die einzelnen LV des FDGB beim Aufbau von Landesgewerkschaftsschulen zu unterstützen, aus denen dann 1952/53 die Bezirksgewerkschaftsschulen hervorgingen.
Daneben bestand in der HA Schulung und Bildung ein Referat Fach- und Berufsausbildung, das sich u.a. darum bemühte, Arbeiter für die Vorstudienanstalten der Universitäten zu gewinnen (aus denen später die Arbeiter- und Bauernfakultäten (ABF) hervorgingen) und den Gewerkschaftsmitgliedern Angebote speziell für die berufliche Qualifizierung zu machen. Schon 1948/49, im Zuge der Zurückdrängung früherer Sozialdemokraten aus dem Apparat des FDGB und seines allgemeinen Ausbaus, wurde die HA Schulung und Bildung - in mehreren Zwischenstufen - aufgeteilt in die Abt. Schulung des BuV (1948-60) einerseits, auf die gleich noch näher einzugehen ist, und in die Abt. Kultur und Erziehung andererseits, aus der 1950 dann die Abt. Kulturelle Massenarbeit hervorging. Letztere hatte sich auf die betriebliche Kulturarbeit zu konzentrieren, nahm zeitweilig aber auch Aufgaben der gewerkschaftlichen Massenarbeit sowie im Bereich der Berufsausbildung und der fachlichen Erwachsenenqualifizierung wahr. 1957 wurde die Abt. Kulturelle Massenarbeit in Abt. Kultur umbenannt. Aus dem Aufgabenbereich Berufsausbildung/Erwachsenenqualifizierung dieser Abteilung ging 1960 die eigenständige Abt. Qualifizierung/Berufsausbildung hervor, die 1965 in Abt. Bildungswesen umbenannt wurde (vgl. Abt. Bildung des BuV).
Für das gewerkschaftliche Schulungswesen von größerer Bedeutung war die bereits erwähnte, 1948/49 gebildete selbständige Abt. Schulung des BuV (1948-60), denn sie übernahm bei ihrer Gründung die Aufgabe, ein einheitliches System von Gewerkschaftsschulen aufzubauen, welches zur Aus- und Weiterbildung der haupt- und ehrenamtlichen Gewerkschaftsfunktionäre aller Ebenen dienen sollte, von den Betrieben über die Landes- bzw. Bezirksebene bis hinauf zu den Zentralschulen der einzelnen IG/Gew. und des FDGB-BuV sowie den Spezialschulen des FDGB-BuV; ganz an der Spitze der gewerkschaftlichen Bildungsstätten stand weiterhin die für leitende Funktionäre zuständige Bundesschule des FDGB in Bernau. Infolge anhaltender Kritik seitens der SED an der Tätigkeit der Gewerkschaftsschulen, vor allem mit Blick auf deren Beitrag zur Heranbildung politisch ebenso loyaler wie zugleich fachlich versierter Kader, musste die Abt. Schulung aber schon 1955 aufgelöst werden; ihre Aufgaben, insofern sie die schulische Aus- und Weiterbildung der Gewerkschaftsfunktionäre betrafen, wurden nun der Abt. Kader überwiesen. Die Abt. Kader, die entsprechend der Nomenklatur für den hauptamtlichen Apparat des FDGB für die Auswahl und Kaderentwicklung sämtlicher Funktionäre im Berufungsverhältnis zuständig war, übernahm damit Mitte 1955 die Verantwortung für die Leitung der Gewerkschaftsschulen. Doch das erwies sich ebenfalls nicht als dauerhafte Lösung: Um die Aufgaben der Kaderbildung besser mit den Anforderungen des Apparates zu verknüpfen, wurde die Abt. Kader 1956 mit der Abt. Organisation-Massenarbeit zu einer neuen Abt. Organisation und Kader zusammengelegt (intern gliederte sich diese in die Sektoren Leitende Kader, Schulen, Org.-Leben und Inf.-Statistik). Auch diese Reorganisation erbrachte allerdings keine befriedigenden Resultate. Die aufwändigen Umstrukturierungen führten eher sogar zu einer Vernachlässigung der Gewerkschaftsschulen, so dass bereits im September 1957 wieder eine eigenständige Abt. Schulung eingerichtet und für die Aus- und Weiterbildung der ehren- wie der hauptamtlichen Gewerkschaftsfunktionäre verantwortlich gemacht wurde. (Auch die gewerkschaftliche Kaderarbeit im engeren, techn.-organisator. Sinne wurde seit 1960 wieder aus der Abt. Organisation und Kader herausgelöst und einer eigenständigen Abt. Kader überwiesen; diese unterhielt nun neben dem Sektor Kadernomenklatur/Kaderregistratur auch einen Sektor Planung und Qualifizierung, der aber nicht für die Aus- und Weiterbildung der Funktionäre als solche, sondern lediglich für die Schulbeschickung und die Planung des Absolventeneinsatzes zuständig war).
Um auf Wunsch der SED parallel zur systematischen Schulung der ehren- und hauptamtlichen Gewerkschaftsfunktionäre auch die „Massenpropaganda“ zu stärken, erfolgte dann ab 1958 die Zusammenführung der im Jahr zuvor wieder selbständig gemachten Abt. Schulung mit den Aufgaben der an breitere Beschäftigten- und Bevölkerungskreise gerichteten Gewerkschaftspropaganda in der Abt. Propaganda - Agitation - Presse; diese hatte schon 1955/56 kurzzeitig bestanden und wurde 1960 formell wieder eingerichtet. 1962 ging aus ihr die Abt. Agitation und Propaganda hervor.
Nach Jahren wechselnder Zuständigkeiten und aufreibender Abgrenzungsprobleme fanden die innerhalb des zentralen Apparates des FDGB bestehenden Anleitungsstrukturen für das Schulungswesen damit eine relativ stabile Form. Auf die neue Abt. Agitation und Propaganda richteten sich dabei große Hoffnungen: Sie war nun für alle Schulungsfragen zuständig, musste sich nur in Sachen Schulbeschickung und Planung des Absolventeneinsatzes mit der Kaderabteilung abstimmen, und sollte für eine höhere Qualität des Schulungswesens sorgen. Ihr waren die Zentralschulen des FDGB-BuV unterstellt und sie war verantwortlich für die inhaltliche Arbeit sämtlicher Bezirksgewerkschaftsschulen. Außerdem hatte sie die Massenschulungen der betrieblichen Gewerkschaftsfunktionäre und -mitglieder zu organisieren. Sie erarbeitete zu diesem Zweck umfangreiche Schulungsmaterialien und gab Richtlinien und Argumentationshilfe zu einer Vielzahl gewerkschaftlicher Themen heraus. Für die Arbeit vor Ort in den Betrieben stellte sie methodische Hilfe und Agitationsmaterialien aller Art zur Verfügung.


III.  Das System der Schulungseinrichtungen


a) Die betriebliche Ebene

Beim Aufbau eines einheitlichen Systems von Gewerkschaftsschulen konzentrierte sich die Abt. Schulung des BuV auf der betrieblichen Ebene - der generell ein sehr hoher Stellenwert beigemessen wurde - in den frühen 1950er Jahren zunächst vor allem auf die Einrichtung von Betriebsabendschulen (BAS), die sich nicht nur an eigene Mitglieder und Funktionäre, sondern an die Beschäftigten insgesamt wandten. Zum Aufbau von BAS wurden seit Herbst 1949 sowohl die gewerkschaftlichen Kreisvorstände als auch die organisatorisch bis dahin oft nur wenig gefestigten Betriebsgewerkschaftsleitungen (BGL) immer wieder angehalten. Grundsätzlich sollten die BAS der umfassenden, sowohl fachlichen als auch gewerkschaftlich-politischen Schulung der Werktätigen dienen. Ein klarer Schwerpunkt ihrer praktischen Arbeit bestand jedoch darin, die fachliche Qualifizierung der Beschäftigten besser auf die Bedürfnisse der zentral geplanten Volkswirtschaft auszurichten, um so zu einer raschen Erhöhung der Arbeitsproduktivität beizutragen. Dem gleichen Ziel, wenn auch mit anderen Mitteln, dienten die von den BGL beginnend mit dem Fünfjahrplan 1951-55 in Anlehnung an die sowj. „Stachanowschulen“ in zahlreichen Volkseigenen Betrieben (VEB) der DDR ins Leben gerufenen Aktivistenschulen. Anders als die BAS, die ihr Ziel vor allem durch traditionelle, fachlich-technische Qualifizierung zu erreichen suchten, und sich hierbei u.a. auf die eigens eingerichteten Techn. Kabinette stützen konnten, sollten die Aktivistenschulen dazu beitragen, die von einzelnen betrieblichen Aktivisten entwickelten neuen Arbeitsmethoden, oft basierend auf besonderen organisatorischen Vorbereitungen, direkt am Arbeitsplatz für andere Werktätige nachvollziehbar zu demonstrieren, um diese zur allgemeinen Nachahmung anzuregen. Auch dies sollte letztlich vor allem zur Anhebung der Arbeitsproduktivität im Dienste der besseren Planerfüllung führen.
Während sich die BAS und die Aktivistenschulen an die Beschäftigten im Allgemeinen wandten, gab es mit den Bildungsabenden seit 1953 auch ein Angebot, das sich in erster Linie an die ehren- und hauptamtlichen Funktionäre in den Grundorganisationen der Einheitsgew. richtete und stärker ideolog.-polit. ausgerichtet war. Zentrales Medium der Vermittlung war hier der Einzelvortrag, der von eigens dafür geschulten Referenten gehalten wurde, häufig in den neu eingerichteten Gewerkschaftskabinetten der Betriebe. Hinzu kam das Angebot der Betriebsfunktionärsschulen, das sowohl ideolog.-polit. als auch fachliche Themen umfasste und sich vornehmlich an diejenigen Funktionäre der betrieblichen Gewerkschaftsgruppen und an diejenigen Mitglieder der BGL wandte, die ihre Aufgaben gerade erst übernommen hatten. Neben Einzelvorträgen und Wochenendschulungen boten diese Schulen auch Kurzlehrgänge von zwei- bis vierwöchiger Dauer an, die meist bei den FDGB-KV oder in den Ferienheimen des FDGB abgehalten wurden.
Da sowohl die BAS als auch die Aktivistenschulen hinsichtlich der Hebung der Arbeitsproduktivität nur mäßige Erfolge vorzuweisen hatten, wurden ihnen bereits in den späten 1950er Jahren, vor allem in den größeren Volkseigenen Betrieben (VEB) und Kombinaten, staatliche Betriebsakademien zur Seite gestellt, die ihrerseits häufig aus den älteren Techn. Betriebsschulen hervorgingen; die Folge war ein rascher Bedeutungsverlust der gewerkschaftlichen BAS, während die Aktivistenschulen aus anderen Gründen ebenfalls an Bedeutung verloren. Die Angebote der Betriebsakademien dagegen wurden zunächst vor allem von un- und angelernten Arbeitern, später vermehrt auch von gelernten Arbeitern und insbesondere auch Arbeiterinnen (vgl. Frauenförderung) gern angenommen, denn sie trugen zum rascheren beruflichen Fortkommen ihrer Absolventen bei; so boten die Betriebsakademien u.a. eine berufsbegleitende, in der Regel mehrjährige weiterqualifizierende Fachschulausbildung an, die für viele Absolventen sonst kaum erreichbar war. Die BGL waren in die Tätigkeit der Betriebsakademien nur insofern eingebunden, als dass sie für den Abschluss der Betriebskollektivverträge (BKV) mit verantwortlich waren, in die auch die individuellen Qualifizierungsverträge der Beschäftigten sowie die darauf basierenden Förderungspläne der Betriebe (Jugendförderungsplan, Frauenförderungsplan) Eingang fanden.
Neben dem FDGB-BuV unterhielten auch die ZV der IG/Gew. auf der Betriebsebene branchenspezifische Gewerkschaftsschulen für die Aus- und Weiterbildung ihrer ehren- und hauptamtlichen Funktionäre.
In den 1970er Jahren wurden die früheren Bildungsabende zur Schulung der ehren- und hauptamtlichen Funktionäre aus den Grundorganisationen durch das so genannte Gewerkschaftslehrjahr abgelöst. Es umfasste zumeist monatlich abgehaltene Veranstaltungen, in denen vor allem die jeweils aktuelle politische „Linie“ vermittelt werden sollte, die der FDGB-BuV entsprechend der von der SED-Führung formulierten „Generallinie“ verbindlich vorgab. Nicht nur die Mitglieder und Funktionäre des FDGB, möglichst alle Werktätigen sollten durch diese Veranstaltungen erreicht werden. Zur Kernform der gewerkschaftspolit. Massenarbeit des FDGB entwickelten sich in den 1970er Jahren indes die in den Betrieben, vor allem auf der Ebene der Brigaden eingerichteten Schulen der sozialist. Arbeit. Ihr zentrales Anliegen bestand darin, entgegen allen inzwischen spürbaren Ermüdungserscheinungen in der Bevölkerung, die Weltanschauung des Marxismus-Leninismus zu propagieren. Praktisch gesehen ging es vor allem darum, den Beschäftigten die jeweils aktuellen Ziele der SED-Wirtschaftspolitik zu erläutern und den sozialist. Wettbewerb damit immer wieder neu möglichst zielgerichtet zu beleben. Die Schulen der sozialist. Arbeit boten für Gruppen von jeweils 15 bis 20 Teilnehmern nach Feierabend stattfindende Kurse von einjähriger Laufzeit mit monatlichen Vortrags- oder Seminarveranstaltungen an. Sie standen unter der Leitung von zumeist der SED angehörenden Wirtschafts- oder Gewerkschaftsfunktionären, die in den Kreis- und Bezirksbildungsstätten des FDGB von „Leitpropagandisten" auf ihre Aufgaben vorbereitet wurden. Deren Ausbildung erfolgte u.a. am „Lehrerseminar zur Ausbildung von Lehrkräften für die Gewerkschaftsschulen" in Bestensee bei Königswusterhausen. Weder die kurz- noch die langfristigen Wirkungen der intensiven betrieblichen Schulungsmaßnahmen im Rahmen der Gewerkschaftslehrjahre und der Schulen der sozialist. Arbeit sind bisher zum Gegenstand der historisch-kritischen Forschung geworden.


b) Die Kreis- und Landes- bzw. Bezirksebene

Auf der Kreisebene waren der FDGB und die ihm angeschlossenen IG/Gew. nicht mit eigenen Gewerkschaftsschulen präsent, auch wenn in den KV des FDGB mitunter Kurzlehrgänge für die gewerkschaftlichen Betriebsfunktionäre stattfanden. Wesentlich wichtiger war die Bezirksebene. Die bei den LV des FDGB angesiedelten Landesgewerkschaftsschulen wurden schon 1952/53, nach der Auflösung der Länder zugunsten kleinerer Verwaltungsbezirke in Bezirksgewerkschaftsschulen überführt, die den 1953 gewählten BV des FDGB unterstellt wurden. Ihr Kursangebot richtete sich in erster Linie an die AGL- und die BGL-Vorsitzenden, die ehren- und hauptamtlichen Funktionäre der KV des FDGB und der ZV der IG/Gew. sowie an Personen, die für die Übernahme dieser Ämter vorgesehen waren. Sie durchliefen an den Bezirksgewerkschaftsschulen in der Regel einen dreimonatigen Standard-Lehrgang, mit ideolog.-polit. sowie fachlichen Lehrinhalten. Angeboten wurden ihnen außerdem vierwöchige Weiterbildungsseminare mit spezieller fachlicher Ausrichtung.
Neben dem FDGB-BuV unterhielten auch die ZV der IG/Gew. auf der Bezirksebene branchenspezifische Gewerkschaftsschulen für die Aus- und Weiterbildung ihrer ehren- und hauptamtlichen Funktionäre.


c) Die zentrale Ebene

Auf den zentralen Ebenen sind zum einen die Zentralschulen der einzelnen IG/Gew. und des FDGB-BuV, zum anderen die zentralen Spezialschulen des FDGB-BuV zu nennen. Die Zentralschulen der IG/Gew. mit ihrem jeweils speziellen Branchenzuschnitt, wie etwa die der IG Metall oder die der Gew. Verwaltungen, Banken und Versicherungen, qualifizierten ihre Absolventen für eine Funktion innerhalb des jeweils eigenen Apparates, waren allerdings nicht eigenständig, sondern unterlagen hinsichtlich der grundsätzlichen Entscheidung über ihren Auf- und Ausbau, hinsichtlich ihrer inneren Organisation und der Auswahl ihres Lehrpersonals und ihrer Lehrgangsteilnehmer sowie hinsichtlich der Gestaltung ihrer Lehrpläne der Zustimmung durch das Sekr. des FDGB-BuV. Die neben ihnen bestehenden Zentralschulen des FDGB-BuV waren für hauptamtliche Funktionäre der Bezirksebene gedacht, und zwar sowohl des FDGB als auch der Einzelgew., die man für die Übernahme einer leitenden Funktion für besonders geeignet hielt; sie wurden in einjährigen Lehrgängen auf ein Studium an der Hochschule der Deutschen Gewerkschaften „Fritz Heckert“ oder auch an einer staatlichen Universität vorbereitet. Für die fachspezifische Aus- und Weiterbildung seiner hauptamtlichen Funktionäre unterhielt der FDGB-BuV außerdem eine ganze Reihe von Spezialschulen. Dazu zählte die Spezialschule für gesamtdeutsche Arbeit, deren vorrangige Aufgabe es war, geeignete Instrukteure zur Unterstützung der Arbeit der Westabteilung des FDGB-BuV heranzubilden.
Die Spezialschule für Kulturelle Massenarbeit richtete ihr Schulungsangebot in erster Linie an das Leitungspersonal von Klub- und Kulturhäusern sowie von Ferienheimen des FDGB. Die Spezialschule für Produktionsarbeit bzw. für Arbeit und Löhne unterstand der Abt. Arbeit und Löhne des FDGB-BuV, die ihr nicht nur allgemeine Arbeitspläne, sondern auch das konkrete Lektionsprogramm und die genauen Themenpläne für die Lehrkräfte vorgab. Vorrangiges Ziel des Lehrangebots war es, die Gewerkschaftsfunktionäre in den Betrieben zu befähigen, für eine Steigerung der Arbeitsproduktivität in den Betrieben zu sorgen. Später gewannen Fragen des Arbeitsrechts und des Lohns stärker an Gewicht. An der Spezialschule für Arbeitsschutz wurden betriebliche „Arbeitsschutzinspektoren“ und seit Mitte der 1960er Jahre außerdem „Fachingenieure für Arbeitsschutz“ ausgebildet. Die Spezialschule für Sozialversicherung unterstand der Abt. Sozialpolitik des FDGB-BuV, die ihr allgemeine Arbeitspläne vorgab, über die Finanz- und Stellenpläne entschied, sich mit der Lektionsplanung befasste, die Auswahl der Lehrgangsteilnehmer vornahm, die Prüfungsvorbereitungen und deren Auswertung kontrollierte und nicht zuletzt Perspektivpläne für den Einsatz der erfolgreichen Absolventen entwickelte. Zusätzlich zu diesen fünf Spezialschulen wurde 1968/69 die Spezialschule ›Martin Andersen Nexö‹ für die Ausbildung junger Gewerkschaftsfunktionäre gegründet, deren Entwicklung das Sekr. des FDGB-BuV mit besonderem Interesse verfolgte. 1970 wurde darüber hinaus die Spezialschule des Feriendienstes ›Ernst Schneller‹ ins Leben gerufen; sie unterstand der Abt. Feriendienst des FDGB-BuV und wurde später umbenannt in „Zentrale Aus- und Weiterbildungsstätte (ZAWS) des Feriendienstes ›Ernst Schneller‹“.
An der Spitze der gewerkschaftlichen Bildungsstätten stand die Hochschule der Deutschen Gewerkschaften „Fritz Heckert“ in Bernau, die seit 1952 direkt dem Sekr. des FDGB-BuV unterstellt war. An der Hochschule wurden besonders vielversprechende Kader zunächst zum Diplom-Wirtschaftler, ab 1956 dann zum Diplom-Gesellschaftswissenschaftler ausgebildet, was entweder in einem dreijährigen Direktstudium oder in einem fünfjährigen Fernstudium geschehen konnte. Für Studierende, die bereits an einer staatlichen Hochschule einen Studienabschluss erworben hatten, wurden eineinhalb- bzw. zweijährige Fernstudienlehrgänge zur Weiterbildung angeboten. Die Gewerkschaftshochschule unterhielt zahlreiche Lehrstühle und Institute, darunter auch das Institut für Geschichte, welches als „Leitinstitut“ für die Erforschung der Geschichte der deutschen Gewerkschaftsbewegung fungierte. Es war maßgeblich an der Konzipierung einer aktiven Geschichtspropaganda des FDGB beteiligt, für die auch die eigene Traditionspflege in Dienst genommen wurde. Erwähnenswert ist außerdem das 1965 gegründete Institut für Sozialpolitik der Gewerkschaften, das sich im Zuge der Umsetzung des Neuen Ökonomischen Systems der Planung und Leitung (NÖSPL) mit den Grundfragen einer nun immer notwendiger erscheinenden eigenständigen Sozialpolitik des FGDB befassen sollte, aber in der politischen Praxis keine große Bedeutung erlangte. In der Tätigkeit der Hochschule nahm in den 1970er und 1980er Jahren die empirische Forschung einen wachsenden Stellenwert ein. Darüber hinaus entließ sie jedes Jahr etwa 250 diplomierte Absolventen, die vor allem in der volkseigenen Wirtschaft in Nomenklaturpositionen als Leitungskräfte tätig wurden.

Friederike Sattler


Lit.: H. Kaiser, Die technische Betriebsschule. Ihre Entwicklung, Aufgabe und Problematik, 1955. - Berufsausbildung und Kulturarbeit der Gewerkschaften in beiden dt. Staaten. Sport, Körperkultur und Feriendienst des FDGB, hg. von der Friedrich-Ebert-Stiftung, 1971. - G.-J. Glaeßner, Herrschaft durch Kader. Leitung der Gesellschaft und Kaderpolitik in der DDR am Beispiel des Staatsapparates, 1977. - G. Kirschner/J. Michas, Arbeitsvertrag und Qualifizierungsvertrag. Fragen und Antworten, 1978. - E. Schwarz, Die Betriebsakademie, eine Akademie der Werktätigen. Sozialistische Bildungspolitik im VEB Filmfabrik Wolfen, Fotochemisches Kombinat, 1980. - D. Förster/K. Gregor, Erfahrungen mit den Schulen der sozialist. Arbeit, 1985. - M. Berger/V. Kurzweg/J. Prang, Zur Kultur- und Bildungsarbeit des FDGB. Positionen - Probleme - Aufgaben, 1986. - U. Gill, Der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB). Theorie - Geschichte - Organisation - Funktion - Kritik, 1989. - H. Zimmermann, Überlegungen zur Geschichte der Kader und der Kaderpolitik in der SBZ/DDR (H. Kaelble/J. Kocka/H. Zwahr (Hg.), Sozialgeschichte der DDR, 1994). - M. Wagner, Gerüst der Macht. Das Kadernomenklatursystem als Ausdruck der führenden Rolle der SED (A. Bauerkämper u.a. (Hg.), Gesellschaft ohne Eliten? Führungsgruppen in der DDR, 1997). - H. Best/S. Hornbostel (Hg.), Die Funktionseliten der DDR. Theoretische Kontroversen und empirische Befunde, 2003. - K. Opelt, Volkshochschule in der SBZ/DDR. Historische Quellenanalyse und Strukturbildung, 2004. - K. Opelt, DDR-Erwachsenenbildung, 2005. - A. Förster, Zur Geschichte der Gewerkschafts-Schule in Bernau (1928-90) (H. Bednareck u.a. (Hg.), Der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund. Seine Rechte und Leistungen. Tatsachen, Erfahrungen, Standpunkte, 2006). - P. Hübner, Reformen in der DDR der sechziger Jahre: Konsum- und Sozialpolitik (C. Boyer (Hg.), Sozialistische Wirtschaftsreformen. Tschechoslowakei und DDR im Vergleich, 2006). - A. Schuhmann, Kulturarbeit im sozialistischen Betrieb: Gewerkschaftliche Erziehungspraxis in der SBZ/DDR 1946 bis 1970, 2006.