FDGB-Lexikon, Berlin 2009


Kulturhaus. K. waren in der DDR systemat. ausgebaute Zentren für kulturelle Aktivitäten, Bildung und Freizeitgestaltung in Stadt und Land, die sich in unterschiedlicher Trägerschaft befanden. Neben den Gewerkschaften und Betrieben (s.a. Betrieb als Sozialisationsinstanz) unterhielten der Staat, die weiteren Massenorganisationen und die Landwirtschaft entsprechende Einrichtungen. Die K. spielten für die in der Frühphase der DDR gezielt propagierte kulturelle Massenarbeit eine wichtige Rolle und waren von besonderem Interesse für die Gewerkschaften. Typolog. bildeten sich unterschiedliche Gebäudeformen und Funktionen heraus: Es gab einerseits Häuser mit Festspielhaus-Charakter, teilweise auch als Kulturpaläste bezeichnet, und andererseits einfachere Kultureinrichtungen in speziell eingerichteten Neu- und passenden Altbauten.
Der Ruf nach der flächendeckenden Einrichtung von K. wurde bereits in der Frühphase der DDR laut. Ihre histor. Vorläufer sind die Volkshäuser der Arbeiterbewegung aus dem 19. und frühen 20. Jh. Gefördert von den Großbetrieben unter sowj. Leitung entstanden neben den Einrichtungen in geeigneten Altbauten ab 1948 ebenfalls großzügige neue Projekte, z.B. bei der Wismut in Chemnitz und am Chemiestandort Bitterfeld. Die Anfänge des K. in der DDR sind geprägt von betrieblichen Einrichtungen an wichtigen Produktionsstätten und MAS, deren Arbeiter das Zielpublikum bildeten.
Als wichtigster K.-Bau der DDR in den 50er Jahren muss der 1955 eingeweihte Kulturpalast „Johannes R. Becher“ der Maxhütte Unterwellenborn gelten. Das u.a. mit einem großen Festsaal, Ausstellungsräumlichkeiten, Hörsaal, Musikzimmer, Klubbereich, Bibliothek, Jugendzimmer, Pionierzentrum und gastronom. Einrichtung ausgestattete Haus erhielt eine repräsentative, neoklassizist. Ausgestaltung und wurde mit Kunstwerken ausgestattet. Der Giebelportikus des Saaltraktes war ein typisches architekton. Merkmal der frühen K. in der DDR, das an Heinrich Tessenows (*7.4.1876-†1.11.1950) Festspielhaus für die Gartenstadt Hellerau von 1912 erinnert. Landschaftlich markant ist die exponierte Lage des axial-symmetr. Baus in Unterwellenborn auf einer Anhöhe zwischen Werk und Siedlung.
Die K. wurden von einem hauptamtlichen Kulturhausleiter geführt. Sie stellten ein Programm an Kultur-, Bildungs- und Freizeitangeboten zusammen. Die Kulturfunktionäre erhielten eine entsprechende Schulung z.B. am Institut für Kulturarbeit der Hochschule der Deutschen Gewerkschaften „Fritz Heckert“. 1954 wurden alle betrieblichen K. der Verwaltung des FDGB unterstellt. Im Kontext der vom FDGB geleiteten kulturellen Massenarbeit kam den K. eine Schlüsselrolle als polit. Erziehungsstätte, für das Zirkelwesen und die Laienkunstgruppen, für Vorträge, Aufführungen und Filmvorführungen zu. Häufig verfügten sie über Bibliotheken mit fachlicher Betreuung.
Ein breiteres Angebot an Unterhaltung, Vergnügung und Gastronomie sowie verstärkte Jugendarbeit bestimmten in der Regel das Programm der K. in den späteren Jahren der DDR, hinzu kamen vom FDGB initiierte Betriebsgalerien. Die Einrichtungen wurden zudem für die gesamte Bevölkerung zugänglich gemacht.
Der FDGB leitete in den 80er Jahren rund 350 K. und Klubhäuser, die nach eigenen Angaben jährlich bis zu 23 Mio. Besucher hatten. Nach 1989 wurde die Kulturarbeit in den betrieblichen K. meistens nicht mehr weitergeführt, weil neue Nutzungskonzepte ausblieben.
D.D.