FDGB-Lexikon, Berlin 2009


Mitgliedschaft. Die M. im FDGB war offiz. freiwillig, unterlag jedoch faktisch einigen gravierenden organisator. Zwängen.
Laut Satzung konnte jeder „Arbeiter, Angestellte und Angehörige der Intelligenz ohne Unterschied der polit. und religiösen Anschauungen, der Nationalität, der Staatszugehörigkeit und des Geschlechts“ Mitglied des FDGB werden. Auch Kombinats- und Betriebsdirektoren stand folglich die M. offen. Prinzipiell ausgeschlossen blieben nur Freiberufler sowie Mitglieder von handwerklichen und landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften. Während des Studiums oder des Dienstes bei der NVA ruhte die M. Chronisch Kranke und Rentner dagegen konnten ihre M. aufrecht erhalten. Für die M. wurde ein monatlicher Mitgliedsbeitrag erhoben, der sich nach dem individuellen Bruttoeinkommen richtete und minimal 0,50 Mark bis maximal 35 Mark betrug.
Die Satzung des FDGB legte die mit der M. verbundenen Rechte, Aufgaben und Pflichten fest. Zu den Rechten gehörte es, sich durch den regen Besuch der Mitgliederversammlungen aktiv am Gewerkschaftsleben zu beteiligen, das aktive sowie passive Wahlrecht auszuüben, eigene Vorschläge und Beschwerden einzubringen sowie Beratungs-, Bildungs- und Unterstützungsangebote wahrzunehmen. Die wichtigste Aufgabe der Mitglieder bestand offiz. darin, die DDR als Staat zu stärken und ihre Errungenschaften zu verteidigen. Die daraus abgeleiteten Pflichten der M. waren darin zu sehen, die von den jeweiligen Gewerkschaftsleitungen gestellten Ziele bei der Gestaltung der sozialist. Gesellschaft aktiv zu unterstützen, das sozialist. Eigentum zu achten und die eigenen Kräfte im sozialist. Wettbewerb für die Erfüllung der Volkswirtschaftspläne einzusetzen.
Abgesehen davon, dass eine M. im FDGB dem eigenen beruflichen und sozialen Aufstieg förderlich war, gab es für sie auch einige gravierende organisator. Zwänge und damit eng verknüpfte praktische Vorteile: Eine M. im FDGB war für die meisten Beschäftigten keine wirklich offene Frage, weil er der alleinige Träger der einheitlichen Sozialversicherung war und zahlreiche soziale Dienste anbot. Die praktischen Vorteile einer M. bestanden zum Beispiel darin, Kinder im Betriebskindergarten unterbringen zu können, Vergünstigungen für kulturelle und sportliche Veranstaltungen zu erhalten, Erholungsmöglichkeiten und andere Unterstützungseinrichtungen in Anspruch nehmen und den Feriendienst nutzen zu können. Auch für die Zuteilung einer der begehrten Neubauwohnungen war eine M. von großem Vorteil.
Aufstiegshoffnungen, organisator. Zwänge und materielle Vorteile bescherten dem FDGB hohe Mitgliedszahlen: Von 3,3 Mio. im Jahr 1946 stiegen sie auf 9,5 Mio. im Jahr 1987, was knapp 98% aller potenziell überhaupt rekrutierbaren Personen entsprach. Bis zum Mauerbau am 13. August 1961 waren Mitgliederentwicklung und -struktur allerdings von einer eher niedrigen Bindekraft und einer entsprechend hohen Fluktuation gekennzeichnet.
F.S.