Arbeitsmobilisierung.
Inhalt:
I. Ideologische Grundlagen für die gewerkschaftliche Aufgabe der Arbeitsmobilisierung
II. Organisatorische Voraussetzungen des Mobilisierungspotenzials
III. Methoden und Wirkungen
IV. WertungLiteratur I. Ideologische Grundlagen für die gewerkschaftliche Aufgabe der Arbeitsmobilisierung
Eine der wichtigsten Aufgaben, welche die SED dem FDGB als ihrer größten, im Bereich der Güter- und Dienstleistungserstellung flächendeckend tätigen Massenorganisation zuwies, lag in der A. ihrer Mitglieder für die Umsetzung der Volkswirtschaftspläne, insbesondere durch die Gewährleistung hoher Arbeitsdisziplin und reger Teilnahme am sozialist. Wettbewerb sowie eine kontinuierliche Steigerung der Arbeitsproduktivität. Für den FDGB war damit im Kern zugleich über seine Stellung im Wirtschaftssystem entschieden.
Das aus der Weltanschauung des Marxismus-Leninismus abgeleitete zentrale Aufgabenfeld der A. passte kaum in das Bild einer traditionellen Gewerkschaft, die sich vorrangig für die sozialen, individuellen sowie gruppen- und schichtspezif. Interessen ihrer eigenen Mitglieder engagierte, denn es war ganz auf die letztlich allein von der SED-Führung definierten gesellschaftlichen Erfordernisse ausgerichtet. Ideolog. begründet und gerechtfertigt wurde es mit dem Postulat der gesamtgesellschaftlichen Interessenidentität und der angeblichen Notwendigkeit, die schöpfer. Masseninitiative entfalten zu müssen; diese würde sich - so lautete die Annahme - trotz Überführung der meisten Produktionsmittel in Volkseigentum bei der Mehrzahl der Beschäftigten, die nunmehr als werktätige Miteigentümer galten, nicht einfach von selbst einstellen, sondern die sich aus den neuen gesellschaftlichen Verhältnissen ergebenden Anforderungen müssten ihnen in einem voraussichtlich langwierigen Arbeits- und Erkenntnisprozess erst vermittelt werden. Aufgabe des FDGB war es folglich, seinen Mitgliedern wie den Beschäftigten insgesamt immer wieder die Notwendigkeit vor Augen zu führen, ihr individuelles und kollektives Arbeitsverhalten den übergreifenden gesellschaftlichen Erfordernissen anzupassen und ein in diesem Sinne diszipliniertes und auf Leistung bedachtes Arbeiten zugleich als in ihrem ureigenen Interesse liegend zu verstehen. Indem der FDGB seine Aufgaben bei der Organisierung der Initiative der Werktätigen, oder kurz: bei der A., wahrnahm, sollte er zu einer stabilen wirtschaftlichen Entwicklung und damit zugleich zur generellen Stärkung der sozialist. Gesellschaftsordnung in der DDR beitragen. Aufgabenstellung und Zwecksetzung der A. wurden gleich dreifach normiert: im Programm der SED, in der Satzung des FDGB und im allgemeinen Arbeitsrecht.
Als wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche A. galten die Ausprägung von sozialist. Bewusstsein und damit eng zusammenhängend das auf einer neuen Einstellung zur Arbeit, einer gefestigten sozialist. Arbeitsmoral, beruhende Verhalten und aktive Handeln der Beschäftigten. Die vom FDGB zu leistende A. sollte aber auch ihrerseits einen gewichtigen Beitrag zur Herausbildung eines sozialist. Bewusstseins und einer sozialist. Arbeitsmoral leisten. Praktische Probleme, die sich aus diesem theoret. Zirkelschluss der Ideologie des Marxismus-Leninismus ergaben, konnten vom FDGB bis zum Ende der DDR nicht gelöst werden, veranlassten ihn jedoch zu immer neuen, letztlich vergeblichen Anstrengungen bei der Erfüllung seiner vielfältigen, eng miteinander verknüpften Aufgaben. Aus dem Zirkelschluss ergaben sich zwischen der A. und den anderen zentralen Aufgabenfeldern der gewerkschaftlichen Massenorganisation zahlreiche Überschneidungen, insbesondere mit der Ideologievermittlung und Erziehung sowie mit der daraus abgeleiteten Ideologie- und Verhaltenskontrolle, aber auch mit der betrieblichen Mitwirkung: A. wurde einerseits als ideolog. Erziehungsaufgabe betrachtet, deren Wirkungen es laufend zu kontrollieren und zu sanktionieren galt, gleichzeitig verstand man die A. aber auch als beste Form der Interessenvertretung für die eigenen Mitglieder, denn unter den neuen Produktionsverhältnissen war es ihnen angeblich möglich, allein durch ihre alltägliche Arbeit an der verantwortlichen Planung und Leitung der Volkswirtschaft teilzunehmen. Der langjährige Vorsitzende des FDGB Harry Tisch formulierte das anlässlich des 40. Jahrestages der Gründung des FDGB im Juni 1985 ganz apodiktisch: Wenn die Gewerkschaften im Sozialismus nicht mit aller Entschiedenheit am Kampf zur Steigerung der Wirtschaftskraft teilnehmen, erfüllen sie nicht ihre Funktion als Interessenvertreter der Arbeiterklasse und aller Werktätigen! (Tribüne vom 19.6.1985, S. 4.)
II. Organisatorische Voraussetzungen des Mobilisierungspotenzials
Organisationsprinzipien und Gliederung verschafften dem FDGB einen komplexen Organisationsaufbau mit zwei hierarch. abgestuften Säulen, zum einen die des nach dem Territorialprinzip gegliederten Einheitsverbandes, zum anderen die der nach dem Produktionsprinzip gegliederten Einzelgewerkschaften, und vielfältigen wechselseitigen Verflechtungen zwischen diesen beiden. Mit diesem Apparat und seinen haupt- und ehrenamtlichen Funktionären verfügte der FDGB über ein außerordentlich hohes Mobilisierungspotenzial. Allein im Zuge der regulären Gewerkschaftswahlen, die alle zwei Jahre stattfanden, wurden rund 400 000 Versammlungen abgehalten; sie konnten und wurden nicht nur zur Ausübung der Wahlrechte, sondern auch für die Ideologievermittlung und die A. genutzt. Große Bedeutung für die generelle Mobilisierungsfähigkeit kam außerdem den Grundorganisationen und einzelnen Gewerkschaftsgruppen zu: Mit dem Einberufen der regulären Leitungssitzungen der rund 49 000 Grundorganisationen konnten potenziell fast 400 000 FDGB-Funktionäre erreicht werden, mit dem Einberufen von Mitgliederversammlungen der knapp 336 000 Gewerkschaftsgruppen, rege Teilnahme vorausgesetzt, die allerdings nicht immer gegeben war, theoret. sogar die Gesamtheit der Mitglieder von mehr als 9 Mio. Personen (Zahlenangaben für 1984). Außerdem unterhielten der FDGB und seine Einzelgewerkschaften eine weit verzweigte, auf die Interessen der einzelnen Branchen und Berufsgruppen ausgerichtete Gewerkschaftspublizistik und betrieben eine umfassende Kultur- und Bildungsarbeit; beides wurde intensiv für Produktionspropaganda und A. genutzt.
III. Methoden und Wirkungen
Die Hauptmethode der A. bestand im sozialist. Wettbewerb zur Entfaltung der schöpfer. Masseninitiative mit seinen vielfältigen Grund- und Sonderformen, in denen das von gegenseitiger Hilfe und Zusammenarbeit geprägte Wetteifern der Werktätigen - seien sie Arbeiter, Angestellte oder Angehörige der technischen Intelligenz - um die nur gemeinsam zu erreichenden volkswirtschaftlichen Leistungssteigerungen zum Ausdruck kommen sollte. Als Voraussetzung für die erfolgreiche Durchführung des Wettbewerbs galt die im zeitlichen Vorfeld der alljährlichen Planbeauflagung der Betriebe zu leistende betriebliche Plandiskussion: Unmittelbar nachdem die übergeordneten Wirtschaftsleitungen den Betrieben die entsprechenden Planentwürfe übergeben hatten, zählte es zu den wichtigsten Aufgaben der Betriebsleitungen, mit Unterstützung der Betriebsgewerkschaftsleitungen (BGL) und der Betriebsparteileitungen für eine breite Plandiskussion in der Belegschaft zu sorgen, um die Planziele bekannt zu machen, konkrete Vorschläge zur Plandurchführung in den einzelnen Betriebsteilen und Arbeitsbereichen einzuholen und damit bereits erste wichtige Schritte zur A. für die spätere Umsetzung des Plans einzuleiten. Die Plandiskussion wurde zugleich als wichtige Form der betrieblichen Mitwirkung angesehen, weil sie den Werktätigen angeblich die unmittelbare Teilhabe an der Planung und Leitung der Volkswirtschaft ermöglichte. Nüchtern und pragmat. betrachtet ging es eher darum, das Aufstellen allzu weicher Pläne zu verhindern, die ohne große wirtschaftliche Anstrengungen zur sicheren Zuteilung von Wettbewerbsprämien führen würden.
Als wichtigste Grundformen des Wettbewerbs selbst sind die Aktivistenbewegung, die Neuererbewegung und die sozialist. Gemeinschaftsarbeit einschließlich der Bildung von Brigaden und Kollektiven zu nennen. Als Sonderformen kamen u.a. das persönliche Konto, das Haushaltsbuch, der persönlich- bzw. kollektiv-schöpfer. Plan und die persönlich-schöpfer. Pässe hinzu.
Von den vier an Wladimir Iljitsch Lenin (*22.4.1870-†21.1.1924) orientierten Grundprinzipien des sozialist. Wettbewerbs, dem Prinzip der Öffentlichkeit, dem Prinzip des Vergleichs der Leistungen, dem Prinzip der Wiederholung der besten Leistungen und dem Prinzip der moral. und materiellen Stimulierung sowie der Anerkennung hoher Leistungen kam vor allem letzterem praktische Bedeutung für die A. zu. Es entsprach zwar nicht den ideolog. Prämissen, doch für den FDGB und seine betrieblichen Gliederungen erwies sich nicht die moral. Dimension, also neue Einstellung zur Arbeit infolge der veränderten Produktionsverhältnisse, sondern die materielle Interessiertheit der Beschäftigten als die eigentliche Triebfeder für die A. Jeder Wettbewerbsteilnehmer wolle natürlich wissen, ob und wie sich seine Anstrengungen für ihn selbst auszahlen würden, lautete ein häufiger Kommentar der Gewerkschaftsfunktionäre. Zur materiellen Stimulierung wurden differenzierte Lohnformen und Prämien eingesetzt.
Die inhaltliche Ausrichtung des sozialist. Wettbewerbs hing stark von den jeweils aktuellen Volkswirtschaftsplänen, vor allem den Jahresplänen, und von den daraus abgeleiteten Betriebsplänen mit ihren detaillierten Planauflagen für die Betriebe ab, fiel also nur bedingt in die Zuständigkeit des FDGB. Er hatte sich vor allem als ausführender Organisator zu betätigen, d.h. mit Hilfe seiner Einzelgewerkschaften und betrieblichen Gliederungen die Durchführung des Wettbewerbs zu koordinieren und zu lenken. Er tat dies, indem er erstens mit Hilfe seiner Gewerkschaftspublizistik eine intensive Produktionspropaganda betrieb, um die Bevölkerung und die Beschäftigten von der gesellschaftlichen Bedeutung der Planziele und von der ehrenvollen Verpflichtung zur Teilnahme am Wettbewerb zu überzeugen, indem er zweitens zusammen mit den staatlichen Leitungsorganen branchen-, bereichs- und betriebsspezif. Wettbewerbskonzeptionen ausarbeitete und indem er drittens gezielt die moral. und materiellen Anreize für die Teilnahme an den unterschiedlichen Kampagnen des Wettbewerbs einsetzte. Darüber hinaus übernahm er es, gestützt auf seine betrieblichen Gliederungen die Abläufe und Ergebnisse des Wettbewerbs laufend zu kontrollieren und auszuwerten, für Erfahrungsaustausche und die Popularisierung von für gut befundenen, schnell umzusetzenden Verbesserungsvorschlägen zu sorgen, wo notwendig Kritik zu üben und auch Sanktionen zu veranlassen sowie andererseits erzielte Erfolge entsprechend herauszustellen. Jeder FDGB-Funktionär war dazu aufgefordert, sich bei Missachtung der Pflicht zur Arbeit und in Fällen mangelnder Arbeitsdisziplin dafür einzusetzen, dass gegen die betreffenden Personen die gesetzlich dafür vorgesehenen Disziplinarmaßnahmen gegen Werktätige ergriffen wurden. Die potenziellen Erziehungs- und Strafmaßnahmen reichten dabei vom FDGB-Ausschluss bis hin zu Freiheitsstrafen von fünf Jahren. Kaum ein FDGB-Funktionär auf der betrieblichen Ebene drängte sich darum, in diesem Bereich besonders hart aufzutreten; wenn hinter der mangelnden Arbeitsdisziplin jedoch eine tatsächliche oder auch nur vermeintliche negative polit. Haltung erkennbar wurde, wurden die Prozeduren der Ideologie- und Verhaltenskontrolle gleichwohl in Gang gesetzt. Welche genauen Effekte diese negative Sanktionierung für die A. tatsächlich hatte, lässt sich nur sehr schwer einschätzen; fest steht, dass zwar häufig von der Notwendigkeit der Durchsetzung einer höheren Arbeitsdisziplin gesprochen wurde, dies jedoch nicht zum besseren Auslasten der Arbeitszeiten oder zum sorgsameren Umgang mit dem Volkseigentum führte. Andererseits wurde der öffentlichen Würdigung und Anerkennung von Arbeitsleistungen große Bedeutung beigemessen. Es gehörte zu den regelmäßigen Aufgaben des FDGB, nach Abschluss bestimmter Kampagnen des Wettbewerbs entsprechende Auszeichnungen mit den erworbenen Ehrentiteln vorzunehmen; oft waren sie auch mit zusätzlichen einmaligen Prämienzahlungen verbunden.
Angesichts der relativ geringen Wirksamkeit der ständig wiederholten moralisierenden Appelle an die Leistungsbereitschaft wurden vermehrt solche materiellen Anreize zur Teilnahme am sozialist. Wettbewerb und damit zur A. eingesetzt; als wichtigste zu nennen sind die verschiedenen Prämien- und Lohnformen, insbesondere der Leistungslohn, auch Produktivlohn genannt. Über die im Betrieb konkret anzuwendenden Prämien- und Lohnformen setzten sich vor Beginn des Wettbewerbs die Betriebsleitungen mit den BGL ins Einvernehmen. Die Spielräume dabei waren allerdings für beide Seiten begrenzt, denn wo immer die Arbeitsergebnisse gemessen und abgerechnet werden konnten, schrieb das Arbeitsrecht die Anwendung eines leistungsbezogenen Lohnes vor. Unter dem Leistungs- bzw. Produktivlohn verstand man die Kombination aus Grundlohn bzw. Grundgehalt plus verschiedene leistungsabhängige Prämien, darunter etwa die Jahresendprämie, die Initiativprämie und die Zielprämie. Die stimulierende Wirkung von Leistungslohn und Prämie nahm allerdings immer stärker ab, je länger sie gezahlt und je mehr dies von ihren Empfängern als Gewohnheitsrecht interpretiert wurde. Um den staatlichen Anforderungen an Planerfüllung und -übererfüllung gerecht werden zu können, empfahl es sich für die Betriebe und ihre Beschäftigten gerade nicht, die eigenen Ressourcen einschließlich der Arbeitskraft voll auszulasten, sondern sinnvoll war es für sie vielmehr, stets gewisse Reserven vorzuhalten, um im Bedarfsfall nach eigener Entscheidung die Leistungen anheben zu können, um in den Genuss einer Mehrleistungsprämie zu kommen. Als materielle Anreize zur A. eingesetzt wurden vom FDGB außerdem die von ihm verwalteten sozialen Dienste; an diejenigen Werktätigen, die sich durch hohe Arbeitsleistungen hervorgetan hatten, vergab er zum Beispiel bevorzugt Ferienplätze und Kuren oder er setzte sich für sie bei den dafür zuständigen staatlichen Behörden für eine privilegierte Versorgung mit Wohnraum ein. Angesichts der wachsenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten, der an allen Ecken und Enden aufreißenden Versorgungslücken und der durch die Proklamation der Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik noch zusätzlich wachsenden Ansprüche an den Lebensstandard gewann diese Form der materiellen Leistungsstimulierung in den 80er Jahren erheblich an Bedeutung - ohne jemals zur vollen Befriedigung zu führen.
IV. Wertung
Dem FDGB gelang es, die Beschäftigten immer wieder zur Teilnahme am sozialist. Wettbewerb zu bewegen. Von der Entfaltung einer echten, sich allmählich selbst tragenden schöpfer. Masseninitiative konnte dabei aber kaum die Rede sein, vielmehr bestimmten oft rein formelles Mitmachen und bürokrat. Routine das Verhalten der Beschäftigten. Gemessen am Ziel der A., die Werktätigen immer mehr von der Übereinstimmung ihrer persönlichen Interessen mit den gesellschaftlichen Erfordernissen zu überzeugen und mit dazu beizutragen, dass sie sich zu sozialist. Persönlichkeiten entwickelten, welche selbständig und aktiv für die dauerhafte wirtschaftliche wie polit. Stärkung der sozialist. Gesellschaftsordnung eintraten, ist dem FDGB weitgehendes Versagen zu attestieren. Es gelang ihm zwar, durch ständig neue Kampagnen des sozialist. Wettbewerbs zur A. beizutragen, sein eigentliches Ziel verfehlte er jedoch: Die Mehrzahl der Beschäftigten erkannte, dass ihr Einfluss auf die gesellschaftliche Entwicklung trotz der veränderten Produktionsverhältnisse verschwindend gering geblieben war; sie waren unter den gegebenen Bedingungen durchaus zum informellen Arrangement bereit, verwandelten sich aber nicht in neue Menschen. Die Ergebnisse jahrzehntelanger soziolog. Untersuchungen an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg belegen das sehr deutlich: Ihnen zufolge veränderten sich die Arbeitseinstellungen und -verhaltensweisen letztlich kaum; insbesondere blieb die Struktur der Arbeitsmotivationen entsprechend den unterschiedlichen Arbeitsbedingungen in den einzelnen Branchen, Bereichen und Betrieben durchgehend recht differenziert, es fand also keine Angleichung im Sinne einer Anhebung des Niveaus der weniger motivierten an das Niveau der stärker motivierten Werktätigen statt (vielmehr ist ein deutliches Anwachsen resignativer Arbeitsunzufriedenheit und ein Rückgang der Leistungsbereitschaft zwischen 1967 und 1987 auffällig). Dem FDGB blieb folglich kaum eine andere Möglichkeit, als dauerhaft auf das mühevolle bürokrat. Organisieren des Wettbewerbs von oben nach unten und auf materielle Anreize und soziale Vergünstigungen für das Aufrechterhalten einer halbwegs tragbaren Arbeitsdisziplin zu setzen. Es gingen von ihm aber offensichtlich keinerlei Impulse aus, das immer krassere Missverhältnis zwischen dem hohen organisator. wie finanzieller Aufwand für die zahlreichen Grund- und immer neuen Sonderformen des sozialist. Wettbewerbs und ihrem immer geringeren wirtschaftlichen Ertrag durch eine effektive Rückkopplung entsprechender Informationen an die SED-Führung zu korrigieren. Ganz im Sinne einer abhängigen Massenorganisation blieb seine Rolle auch bei der A. auf die des ausführenden Transmissionsriemens beschränkt.
Friederike Sattler
Lit.: H. Zimmermann, Der FDGB als Massenorganisation und seine Aufgabe bei der Erfüllung der betrieblichen Wirtschaftspläne (Studien und Materialien zur Sozialgeschichte der DDR, 1964). - S. Mampel, Arbeitsverfassung und Arbeitsrecht in Mitteldeutschland, 1966. - D. Keller, Lebendige Demokratie. Der Übergang von der antifaschistischen zur sozialistischen Demokratie in der volkseigenen Industrie der DDR. 1948 bis 1952, 1971. - R. Melkis-Bihler, Die Mitwirkung der Werktätigen im Wirtschaftssystem der DDR, 1977. - K. Belwe, Mitwirkung im Industriebetrieb der DDR. Planung, Einzelleitung, Beteiligung der Werktätigen an Entscheidungsprozessen des VEB, 1979. - R. Stollberg, Soziologie der Arbeit, 1988. - U. Gill, Der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB). Theorie - Geschichte - Organisation - Funktion - Kritik, 1989. - R. Deppe/D. Hoß, Arbeitspolitik im Staatssozialismus. Zwei Varianten: DDR und Ungarn, 1989. - W. Eckelmann u.a., FDGB intern. Innenansichten einer Massenorganisation, 1990. - R. Stollberg, Arbeitseinstellungen und Arbeitszufriedenheit bei Produktionsarbeitern der DDR (Personalwirtschaftliche Probleme in DDR-Betrieben, 1990). - A. Lüdtke, Helden der Arbeit - Mühen beim Arbeiten. Zur missmutigen Loyalität von Industriearbeitern in der DDR (Sozialgeschichte der DDR, 1994). - W. Thiel, Arbeitsrecht in der DDR. Ein Überblick über die Rechtsentwicklung und der Versuch einer Wertung, 1997. - R. Hürtgen/T. Reichel (Hg.), Der Schein der Stabilität. DDR-Betriebsalltag in der Ära Honecker, 2001. - A. Wiesener, Taktieren und Aushandeln - Erziehen und Ausgrenzen. Zum Verhältnis von Mikropolitik und Produktionskampagnen in den Leuna-Werken 1958-1963 (Die mitteldeutsche Chemieindustrie und ihre Arbeiter im 20. Jahrhundert, 2005).