FDGB-Lexikon, Berlin 2009


Jahresendprämie. Wichtigste Form der Prämie, die den Werktätigen eines VEB am Schluss eines Jahres für die im sozialist. Wettbewerb erbrachten Leistungen aus den Mitteln des betrieblichen Prämienfonds zusätzlich zum Grundlohn bzw. Grundgehalt steuerfrei gewährt wurde (vgl. Lohnformen).
Im Durchschnitt machte sie 1979 rund 7,5% des jährlichen Bruttoarbeitseinkommens eines DDR-Bürgers aus. Dabei war sie in den vorausgegangenen Jahren beständig angestiegen: Für die Beschäftigten der zentralgeleiteten Industrie betrug sie 1972 noch rund 650 Mark, 1975 bereits rund 764 Mark und 1981 schließlich rund 832 Mark. Ihre leistungsstimulierende Wirkung nahm gleichzeitig immer mehr ab, denn die Beschäftigten betrachteten sie infolge der nicht selbst verschuldeten, sondern hauptsächlich durch das zentrale Planungssystem verursachten Defizite der betrieblichen Leistungsbilanz immer mehr als ein selbstverständlich, unabhängig von der eigenen Leistung zu zahlendes 13. Monatsgehalt. In den folgenden Jahren wurde sie deshalb auf dem erreichten Niveau eingefroren und der FDGB zur Sicherung des Leistungsprinzips bei ihrer Gewährung verpflichtet - was ihm jedoch nur sehr bedingt gelang.
Die konkrete Höhe der J. wurde in Abstimmung zwischen Betriebsleitung und BGL für die einzelnen Beschäftigtengruppen einschließlich der leitenden Mitarbeiter nach ihrem jeweiligen Beitrag zur betrieblichen Planerfüllung und nach ihrer individuellen Leistung differenziert. Grundsätzlich hatte nur Anspruch auf die J., wer dem Betrieb mindestens seit einem Jahr angehörte. Offiziell vorgesehene Minderungen der J. für einzelne Arbeitskollektive und Beschäftigte wegen Planuntererfüllung oder mangelhafter Arbeitsdisziplin wurden aber so gut wie nie angewendet, offenkundig um eine Diskussion über die eigentlichen Ursachen zu vermeiden, die unschwer in den chronischen Schwächen der zentralen Planwirtschaft und den polit.-demokrat. Defiziten der SED-Diktatur auszumachen waren.
F.S.