Volkswirtschaftsplan. Von der Staatlichen Plankommission (SPK) auf der Grundlage des laufenden Fünfjahrplans sowie aktueller polit. Vorgaben seitens der SED-Führung für jeweils ein Kalenderjahr erstelltes und von der Volkskammer als Gesetz verabschiedetes Planungsdokument, das als Hauptsteuerungsinstrument der zentralen Planwirtschaft zu betrachten ist. Obwohl auch die Fünfjahrpläne von der Sache her V. darstellten, wurden vor allem die Jahrespläne so genannt, um sie von anderen Plänen bzw. Teilplänen mit ebenfalls einjähriger Laufzeit abzugrenzen.
Im V. wurden sowohl die Güter- als auch die Finanzströme der Volkswirtschaft festgelegt, wobei ganz nach wirtschaftspolit. Schwerpunktsetzung lediglich der Grad der Detailliertheit schwankte (während der Wirtschaftsreformversuche der NÖSPL und des ÖSS in den 60er Jahren war er wesentlich geringer als zuvor und auch danach). Im Einzelnen umfasste ein V. erstens den Umfang der Produktion, darunter die wichtigsten Erzeugnisse mit konkreten Mengenangaben und Qualitätsstandards, zweitens das geplante Nationaleinkommen sowie die Kapitalbildung und -rentabilität, drittens die Höhe der Investitionen einschließlich wichtiger Einzelvorhaben der Forschung und Entwicklung sowie der Intensivierung und Rationalisierung, viertens den Umfang des Exports und des Imports sowie sonstige Aspekte der wirtsch. und wissenschaftlichen Kooperation im Rahmen des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW), fünftens die Entwicklung der Arbeitsproduktivität, die Höhe der Lohnaufwendungen und die Anzahl der Beschäftigten und sechstens die Aufgaben im Bereich des Sozial- und Gesundheitswesens sowie der Kultur.
Die SPK stützte sich beim Erstellen des V. - anders als beim Fünfjahrplan - nicht nur auf die Experten in den wirtsch. Fachministerien, sondern auch auf die vom FDGB, seinen Einzelgewerkschaften und seinen betrieblichen Gliederungen mitgetragene Plandiskussion und Planverteidigung. Dabei lagen die Aufgaben des FDGB allerdings weniger in der konkreten Mitbestimmung als vielmehr in der vorausschauenden Arbeitsmobilisierung für die spätere Planerfüllung. Das letzte Wort vor der Verabschiedung durch die Volkskammer hatte ohnehin die SED-Führung, die nicht selten die zuvor sorgfältig geplanten und aufeinander abgestimmten Zuwachsraten mit dem Hinweis auf versteckte Leistungsreserven in den Betrieben noch einmal kräftig nach oben anhob. Daraus resultierten nicht nur latente Konflikte mit der SPK, sondern vor allem auch Probleme bei der späteren Planerfüllung in den Betrieben, denn aus den V. wurden die verbindlichen Planauflagen für die Betriebe abgeleitet. Gerade weil die Planauflagen häufig deutlich von den Ergebnissen der mit hohem organisator. Aufwand betriebenen Plandiskussionen abwichen, wurde es für den FDGB immer schwieriger, die Beschäftigten im Rahmen des sozialist. Wettbewerbs ohne Anwendung der materiellen Interessiertheit für die Planerfüllung zu mobilisieren.
F.S.