FDGB-Lexikon, Berlin 2009


Kunst. Der FDGB betrieb eine rege Kunstförderung im Sinne des postulierten sozialist. Realismus und in Abhängigkeit von den jeweiligen kulturpolit. Vorgaben der SED. Im Zentrum stand dabei die praktische und themat. Annäherung von Werktätigen und Berufskünstlern und der Ausbau des bildner. Volksschaffens. Als Auftraggeber förderte der FDGB gezielt Werke der bildenden Kunst, die sich mit der Arbeitswelt beschäftigten.
Die Federführung des FDGB bei der Entwicklung einer systemat. Kulturarbeit (s. kulturelle Massenarbeit) schloss eine umfangreiche Betätigung auf dem Gebiet der Kunst ein. Die Werktätigen sollten durch Ausstellungsbesuche an die Kunst herangeführt werden und sich in Laienkunstgruppen selbst künstler. betätigen. Das Zirkelwesen bildete hierfür eine der wesentlichen Grundlagen. Die Werbung für diese Aktivitäten oblag den Kulturorganisatoren bzw. Kulturobleuten auf der Ebene der Gewerkschaftsgruppen. Die angeleitete künstler. Arbeit der Laienkunstgruppen war in den Betrieben (s.a. Betrieb als Sozialisationsinstanz) oder Kulturhäusern möglich. Das Laienkunstschaffen wurde durch Ausstellungen öffentlich gemacht, vor allem bei den Arbeiterfestspielen. Wettbewerbe und Leistungsvergleiche sollten außerdem qualitative Maßstäbe setzen.
Im Sinne des Bitterfelder Wegs bemühte sich der FDGB, Künstler in Kontakt mit Betrieben zu bringen und sie für die Arbeit in den entsprechenden Zirkeln oder für eine längerfristige Zusammenarbeit, z.B. als Partner einer Brigade, zu gewinnen. Zu diesem Zweck schloss er 1960 die erste einer Reihe von Kooperationsvereinbarungen mit dem Verband Bildender Künstler ab, wobei er sich ebenso verpflichtete, mehr Kunstwerke für die Ausstattung seiner Ferienheime und Einrichtungen anzuschaffen und Aufträge zu vergeben. Im selben Jahr wurde erstmals der Kunstpreis des FDGB verliehen, mit dem sowohl Berufs- als auch Laienkünstler ausgezeichnet wurden. Im Vorfeld der Verleihungen wurden unter den Werktätigen Diskussionen über die Preiswürdigkeit der Kunstwerke organisiert.
Die Betriebe waren ebenso angehalten, verstärkt als Auftraggeber aufzutreten. Über die 1965 eingeführten Auftragskommissionen bei den BV des FDGB wurde versucht, das Auftragswesen der Betriebe und Gewerkschaften zu lenken. Das für die DDR typische Genre des Brigadebildes war eine charakterist. Erscheinung dieser Kunstförderung. Die Meinungsäußerung der Werktätigen zu den Ergebnissen dieser Entwicklung wurde etwa bei der Abnahme von Auftragswerken des eigenen Betriebes oder beim Besuch der Dresdner Kunstausstellungen ausdrücklich eingefordert und manchmal auch zu kulturpolit. Zwecken instrumentalisiert.
Als so genannter gesellschaftlicher Auftraggeber im Bereich der Kunst trat der FDGB selbst verstärkt in den 70er und 80er Jahren auf, wobei die Themenvereinbarungen in den 80er Jahren zunehmend freier ausgelegt werden konnten und Aufträge teilweise auch den Charakter einer wirtschaftlichen Absicherung der Künstler hatten.
Bei den zentralen Kunstausstellungen der DDR in Dresden war der FDGB bestrebt, mit Werken der bildenden Kunst vertreten zu sein, und er nahm außerdem Schenkungen an die großen Museen der DDR vor, die die Themen der Arbeitswelt abdeckten. Darüber hinaus stellte der FDGB durch seine eigene Ausstellungstätigkeit nicht nur die Ergebnisse der eigenen Kulturförderung dar, sondern versuchte, im Sinne einer als sozialist. interpretierten Kunstentwicklung eine Traditionslinie zur proletar. Kunst des 19. und frühen 20. Jh. herzustellen. Eine Kunstausstellung, die sich der Arbeiterdarstellung mit dieser Absicht näherte, war z.B. „Aufbruch und Sieg“, die 1966 anlässlich der 8. Arbeiterfestspiele in Potsdam stattfand. Durch die vom FDGB geförderten Betriebsgalerien erhielten die Werktätigen jenseits der kulturellen Zentren einen Zugang zur aktuellen Kunst der DDR.
Durch Ankäufe und Aufträge erwarb der FDGB im Laufe der Jahre unter Aufwendung erheblicher finanzieller Mittel einen umfangreichen, qualitativ sehr gemischten Kunstbestand, der ca. 10 000 Kunstwerke umfasste. Diese Objekte wurden nach 1989 größtenteils zusammengeführt, erfasst und als Vermögen der Parteien und Massenorganisationen der DDR ihrer Herkunft nach den jeweiligen neuen Bundesländern übergeben und lagern heute in verschiedenen Depots.
D.D.