FDGB-Lexikon, Berlin 2009


Bitterfelder Weg. In dem Bemühen, eine sozialist. Nationalkultur aufzubauen, wurde auf zwei in Bitterfeld 1959 und 1964 abgehaltenen Konferenzen die kulturpolit. Zielsetzung für die Beziehung zwischen Kunst und Arbeiterklasse festgelegt. Die Förderung der Laienkunstgruppen und die gezieltere Indienstnahme der Künstler für die Darstellung der neuen gesellschaftlichen Verhältnisse im Sinne des sozialist. Realismus waren die zentralen Themen des nach dem Konferenzort benannten B.W.
In der Folge des V. Parteitags der SED fand 1959 im Kulturpalast des Elektrochem. Kombinats in Bitterfeld eine Autorenkonferenz des Mitteldeutschen Verlags aus Halle statt. Als Losung wurde die Parole „Greif zur Feder Kumpel, die sozialist. Nationalkultur braucht dich!“ ausgegeben. Mit der dort initiierten Kampagne wurden neue Impulse für die daraufhin gezielt geförderten Zirkel schreibender Arbeiter gegeben. Das Auftragswesen sollte verstärkt genutzt werden, polit. gewünschte Kunst zu fördern. Zudem gerieten die Künstler ins Visier der Kulturpolitiker, die angemahnt wurden, die Kluft zu den Werktätigen zu überwinden.
Das Bitterfelder Kombinat war als Ort des kurz zuvor durch die Jugendbrigade „Nikolai Mamai“ eingeläuteten neuen Brigadewesens eine programmat. Wahl. Die Brigaden der sozialist. Arbeit sollten in einen sozialist. Wettbewerb treten und waren sowohl Ausdruck der neuen ehrgeizigen Wirtschaftspolitik der SED als auch der ideolog. Bemühungen, einen „neuen, sozialist. Menschen“ zu propagieren.
Bei der Umsetzung dieser kulturpolit. Direktiven kam dem FDGB eine wichtige Rolle zu. Er sah sich nun in der Verantwortung, das bildner. Volksschaffen intensiver zu fördern und das Zirkelwesen auszubauen. Zusammen mit dem Verband Bildender Künstler war er bemüht, Künstler für die Arbeit in Betrieben oder z.B. als Partner einer Brigade zu gewinnen. Die daraus resultierenden Aufträge schufen für manche Künstler eine Existenzgrundlage.
Die II. Bitterfelder Konferenz wurde im selben Kombinat 1964 von der Ideolog. Kommission beim Politbüro des ZK der SED und vom MfK veranstaltet. Sie bekräftigte den B.W. im Sinne der propagierten parteilichen und volksverbundenen Kunst. Dieses offiz. Diktum wurde erst 1971 beim VIII. Parteitag der SED nicht mehr als Leitbild der Kulturpolitik ausgegeben. Erich Honecker (*25.8.1912-†29.5.1994) sprach von „Breite und Vielfalt“ in der Kunst und läutete indirekt das Ende des B.W. ein.
D.D.