FDGB-Lexikon, Berlin 2009


Beschwerdekommission für Sozialversicherung. Die B.f.S. war ein gewähltes Organ zur Entscheidung von Streitfällen auf dem Gebiet der SV. Ihre Bildung erfolgte auf der Grundlage der DDR-Verfassung von 1968 (Art. 48) und des Arbeitsgesetzbuches von 1977 (§ 302). Sie war als Form der Mitgliederbeteiligung an der Leitung der SV durch den FDGB konzipiert. Die B.f.S. sollte den Versicherten die Gewährung der diesen zustehenden Leistungen sowie eine einheitliche Anwendung der Rechtsvorschriften sichern, den Versicherten während des Verfahrens den Inhalt und die sozialpolit. Zielstellungen der Rechtsvorschriften erläutern, das „verantwortungsbewusste Verhalten zur Sozialversicherung“ fördern und auf die Beseitigung der Ursachen von Streitfällen hinwirken.
Die Tätigkeit der B.f.S. war in der „Richtlinie über die Wahl, Aufgaben und Arbeitsweise der B.f.S. des FDGB“ vom 21.2.1978 geregelt (Gbl. der DDR 1978, I, S. 109). B.f.S. gab es bei den KV und BV. Beim BuV existierte eine Zentrale B.f.S. Die B.f.S. der Staatlichen Versicherung der DDR waren bei deren Kreis- und Bezirksdirektionen sowie bei der Hauptverwaltung installiert. Neben den Arbeitsgerichten und den Konfliktkommissionen, die für Arbeitsrechtsstreitigkeiten zuständig waren, bildeten die B.f.S. eine eigene Säule.
Die Kommissionsmitglieder wurden von Industriegewerkschaften und Gewerkschaften aus den Reihen ihrer sozialversicherten Mitglieder vorgeschlagen. Als Kriterien für die Nominierung galten Erfahrungen auf dem Gebiet der SV, Vertrauen der Mitglieder und die Vertretung wichtiger Betriebe aus Kreis und Bezirk. Nach der Vorstellung der Kandidaten auf Gewerkschaftsmitgliederversammlungen bzw. Vertrauensleutevollversammlungen wurden sie für die jeweilige Wahlperiode der FDGB-Vorstände gewählt. Einer Kreis-B.f.S. gehören mind. sieben, einer Bezirks-B.f.S. mind. zehn, der Zentralen B.f.S. mind. 14 Mitglieder an.
Typische Streitfälle waren die Gewährung bzw. Nichtgewährung von Renten-, Sach- und Geldleistungen (außer Kuren), die Anerkennung bzw. Nichtanerkennung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, Rückforderungen überzahlter Renten- und Versorgungsleistungen, fehlerhafte Berechnungen und Auszahlungen von Geldleistungen durch Betriebe, die Erteilung unrichtiger Verdienst- und anderer Bescheinigungen, das Nichteinhalten von Meldefristen der Betriebe, Unklarheiten bei der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung u.a.
Die Kreis-B.f.S. bildeten die erste Instanz. Gegen ihre Entscheidung konnte innerhalb von zwei Wochen bei der zuständigen Bezirks-B.f.S. Einspruch erhoben werden. Deren Spruch war endgültig. Der Zentralen B.f.S. oblag die Aufsicht über die korrekte und einheitliche Auslegung bzw. Anwendung der rechtlichen Bestimmungen.
P.H.