FDGB-Lexikon, Berlin 2009


Jugendbrigade. Die J. war eine besondere Form der Brigade, bei deren 10-15 Mitgliedern es sich ausschließlich oder zumindest überwiegend um Jugendliche handelte, welche nicht älter als 25 Jahre waren und an deren Spitze ein Jugendbrigadier stand. Den personellen Kern einer J. bildeten zumeist die Mitglieder einer FDJ-Gruppe. Als J. angesehen wurden auch Jugendmeisterbereiche, Jugendbesatzungen oder Jugendschichten, wenn sie nicht weiter untergliedert waren. Erste J. entstanden bereits 1947/48 im Zuge der Aktivistenbewegung. Auch nachdem die vom FDGB im März 1950 forcierte Bildung von Brigaden durch die SED-Führung zwei Jahre später abgebremst worden war, spielten J. - im Gegensatz zu den anderen Brigaden - in der Produktionspropaganda weiter eine wichtige Rolle und blieben in vielen Fällen bestehen. 1956 verliehen FDGB und FDJ erstmals den Ehrentitel „Hervorragende Jugendbrigade“, der 1982 in den des „Hervorragenden Jugendkollektivs“ umgewidmet wurde. 1958/59, als der FDGB mit Unterstützung der FDJ eine zweite Welle der Brigadebildung auslöste, sah man in den noch bestehenden J. die „Keimzellen“ der neuen Bewegung. Den Auftakt der Kampagne zur Bildung von „Brigaden der sozialist. Arbeit“ bildete der perfekt inszenierte Aufruf der Jugendkomplexbrigade „Nikolai Mamai“ aus dem Elektrochemischen Kombinat Bitterfeld vom 6.1.1959. Die daraufhin neu entstehenden J. genossen besondere Aufmerksamkeit und Förderungen, von der FDJ wie vom FDGB. In den zwischen J., FDJ-Grundorganisationsleitung, BGL und Betriebsleitungen abgeschlossenen Brigadeverträgen spielten Ausbildungs- und Qualifizierungsfragen eine besondere Rolle. Oft wurde in ihnen ein konkretes „Jugendobjekt“ umrissen, an dem die Mitglieder der Brigade über längere Zeit gemeinsam arbeiten oder mitarbeiten sollten (Jugendobjekte gab es auf betrieblicher, aber auch auf regionaler und zentraler Ebene). Mitglieder von J. konnten darauf zählen, früher als andere Jugendliche zu einem Facharbeiterlehrgang oder zu einem Fachschulstudium delegiert zu werden. Die Anzahl der J. stieg zwischen 1971 und 1981 von knapp 16 000 auf gut 40 000 an, denen mehr als 450 000 Mitglieder angehörten. Im Gegensatz zu den allgemeinen Brigaden besaßen die J. seit 1977 das formelle Recht, auf Betriebsebene sog. Räte der Jugendbrigadiere zu bilden, denen zusätzlich die FDJ-Gruppensekretäre führender J. und jeweils ein Vertreter der BGL, der BPO, der Abteilung Wettbewerb sowie der Betriebsleitung angehörten. Diese Räte stellten also keine autonomen Interessenvertretungsorgane dar, sondern sie hatten in erster Linie die Aufgabe, den sozialist. Wettbewerb zwischen den J. zu organisieren. Die J. wurden seit dem 21.5.1977 auch mit einem „Tag der Jugendbrigade“ geehrt, 1982 umgewidmet in „Tag des Jugendkollektivs“ (s.a. Ehrentag). Ein von FDJ und FDGB immer wieder beklagtes Problem der J. war die hohe Fluktuation ihrer Mitglieder, bedingt durch das Alter und durch die besonders geförderte Weiterqualifizierung. Hinzu kamen die Einberufungen zur NVA, die nicht selten zur abrupten Auflösung von J. führten.
F.S.