FDGB-Lexikon, Berlin 2009


Brigadier. Leiter einer Brigade, in der er selbst regulär mitarbeitete, für die er aber einige zusätzliche Aufgaben übernahm. Er wurde deshalb entweder tariflich höher eingestuft oder bekam einen pauschalen Lohnzuschlag von rund 20%. Ein B. wurde zunächst von den Brigademitgliedern frei gewählt, nach Erlass einer Verordnung über die Rechte und Pflichten des Meisters vom Juni 1952 (GBl. DDR 1952, Nr. 84, S. 504) dann meist auf Vorschlag des zuständigen Meisters, der sich mit den Brigademitgliedern und dem gewerkschaftlichen Vertrauensmann abstimmte, von der Betriebsleitung ernannt. Die Stellung eines B. war nur bedingt mit der eines Vorarbeiters im westlichen Sprachgebrauch vergleichbar, denn er hatte neben anleitenden und kontrollierenden arbeitsorganisator. auch polit.-erzieher. Aufgaben wahrzunehmen: Er sollte seine Brigade nicht nur zur Teilnahme am sozialist. Wettbewerb mobilisieren, die Arbeitsverteilung, Leistungserfassung und Prämienverteilung vornehmen, sondern die Brigade durch sein Vorbild auch zu einer sozialist. Erziehungs- und Lebensgemeinschaft machen (vgl. Ideologievermittlung und Erziehung). Im betrieblichen Alltag hatte der B. zwischen den Brigademitgliedern einerseits, der Brigade und dem Meister als Vertreter der Betriebsleitung andererseits zu vermitteln, u.a. in Fragen der Arbeits- und der Prämienverteilung. Das stellte hohe Anforderungen an seine sozialen Kompetenzen und verschaffte ihm, obwohl er in der formellen Leitungshierarchie eindeutig unter dem Meister stand, eine im sozialen Gefüge der Betriebe durchaus gewichtige Position. Der FDGB musste zur Kenntnis nehmen, dass die eigenen Vertrauensleute oft im Schatten erfolgreicher B. standen; er versuchte deshalb, über Schulungsmaßnahmen, Einfluss auf seine Tätigkeit zu nehmen (vgl. Schulungswesen).
F.S.