FDGB-Lexikon, Berlin 2009


Gew. Gesundheitswesen (1946-58; 1961-90) - Gew. Gesundheits- und Sozialwesen (1990).
Organisationsbereich: Angestellte und freiberufliche Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker, Beschäftigte in staatlichen und privaten Gesundheits- und Sozialeinrichtungen sowie Kinderkrippen, in privaten sanitären und medizin. Einrichtungen, orthopäd. und zahntechn. Betrieben, Angestellte der Sozialversicherung sowie in medizin. Ausbildungseinrichtungen (nach Bildung der Gew. Wissenschaft 1953 Ausgliederung der akadem. Bildungseinrichtungen des Gesundheitswesens).
Bis zum 31.1.1989 war die Mitgliederzahl der Gewerkschaft auf 648 144 gestiegen, d.h. 6,7% der Gesamtmitgliederzahl des FDGB.
Organisationsentwicklung: Die bis 1945 vorwiegend in Standesorganisationen organisierten Mediziner sowie die Beschäftigten des Gesundheits- und Sozialwesens wurden zunächst in der IG Öffentliche Betriebe und Verwaltungen erfasst. Sie bildeten in dieser IG eine Sektion Gesundheitswesen (Leiter Bernhard Georges).
Um den spezif. Problemen des Gesundheitswesens besser gerecht zu werden, beschloss der BuV im Zusammenhang mit der Umgestaltung aller Organe des FDGB und der IG im Mai 1949 die Bildung einer IG Gesundheitswesen. Am 5.7.1949 konstituierte sich der provisor. ZV, als dessen Vors. Hugo Gräf gewählt und auf der 1. ZDK vom 4.-6.8.1950 in Erfurt bestätigt wurde. Am 31.12.1949 gehörten der IG 3,6% der 4,7 Mio. Mitgl. des FDGB (ca. 169 200) an. Die ao. ZDK am 14.2.1951 änderte den Namen in Gew. Gesundheitswesen. Die Gew. war Mitglied in der von ihr im WGB initiierten Internat. Vereinigung der Gewerkschaften (IVG) im Gesundheitswesen, ab 1955 in der IVG Öff. Dienste. 1951-58 war der ZV Träger der Sportvereinigung SV Medizin.

ZDK 1949-58:
1. ZDK 4.-6.8.1950 in Erfurt
ao. ZDK 13.2.1951 in Görlitz
2. ZDK 25.-27.5.1955 in Halle

Vors. des ZV 1949-58:
Hugo Gräf (Juli 1949-Dez. 1951)
Gertrud Grothe (Dez. 1951-54)
Eva Gatzek (Apr. 1954-Mai 1955)
Robert Ganse (ehrenamtl., Mai 1955-Apr. 1958)

Der Beschluss der 35. Tagung des ZK der SED „Über die Aufgaben der Gewerkschaften in der DDR“ vom 6.2.1958 empfahl u.a. dem FDGB, die zentralen Gewerkschaftsorgane zugunsten der Vorstände in den Kreisen einzuschränken und dabei eine Reihe von IG zusammenzuschließen. Darauf entschied die 30. Tagung des BuV vom 22.2.1958 u.a., die Gew. Verwaltungen-Banken-Versicherungen (VBV) und die Gew. Gesundheitswesen zur Gew. Staatliche Verwaltungen-Gesundheitswesen-Finanzen (Sta-Ge-Fi) zu vereinigen.
Die Entscheidung war nicht von langer Dauer. Mit der Vereinigung rückten die Staatsangestellten in das Zentrum der Gewerkschaftsarbeit. Die spezif. Probleme der freiberuflich Tätigen im Gesundheitswesen wurden vernachlässigt. Ende 1960 stellte das PB der SED fest, dass es nicht gelungen war, den polit. Einfluss auf die Ärzte zu verstärken und die erhebliche Republikflucht einzudämmen. In einem Kommuniqué über Maßnahmen zur weiteren Entwicklung des Gesundheitswesens und zur Förderung der Arbeit der medizin. Intelligenz unterstützte das PB u.a. die Absicht des Präs. des BuV, wieder eine Gew. Gesundheitswesen zu bilden. Dem Beschluss der 8. Tagung des BuV vom 27.-29.3.1961 folgend begann der ZV der Gew. Sta-Ge-Fi mit den Gewerkschaftswahlen 1961 den Wiederaufbau der Gew. G., der auf der 1. ZDK in Güstrow vom 1./2.9.1961 mit der Wahl des ZV seinen Abschluss fand.

ZDK 1961-89:
1. ZDK 1./2.9.1961 in Güstrow
2. ZDK 21./22.9.1963 in Berlin
3. ZDK 30./31.3.1968 in Dresden
4. ZDK 30./31.5.1972 in Zeulenroda
5. ZDK 23./24.4.1977 in Oberhof
6. ZDK 26.-28.3.1982 in Oberhof
7. ZDK 26./27.3.1987 in Leipzig

Vorsitzende:
Robert Hans-Georg Großmann (Sept. 1961-März 1968)
Elfriede Schneeweiß, verh. Gerboth (März 1968-Jan. 1990)

1. stellv. Vors. und Leiter des Sekr.:
Gottfried Molwitz (Sept. 1961-Jan. 1962)
Horst Staudenmeir (Jan. 1962-Sept. 1981)
Heinz Schnirpel (März 1982-Ende 1989)

Im Zusammenhang mit der Neubildung der Gew. Gesundheitswesen wurde diskutiert, ob die medizin. Hochschuleinrichtungen wieder ihrem Org.-Bereich zugeordnet werden sollten. Schließlich setzte sich die Gewerkschaftsorganisation an der Berliner Charité durch, die in ihrer Mehrheit für den Verbleib bei der Gew. Wissenschaft eintrat. Zur Berücksichtigung der spezif. Belange der medizin. Hochschuleinrichtungen bildete der ZV der Gew. Wissenschaft 1963 die Bereichskommission Medizin. Ihre Auflösung 1965 wirkte sich in der Folge erneut nachteilig auf die Berücksichtigung medizinspezif. Probleme in der Arbeit der Gew. Wissenschaft aus.
Gewerkschaftliche Transformation 1989/90: Die Gewerkschaft konstituierte sich auf der ao. ZDK am 29.1.1990 als „freie unabhängige Gewerkschaft“ und nahm den Namen Gew. Gesundheits- und Sozialwesen an. Zum Vors. wurde Siegmar Treibmann gewählt, zum Stellv. Richard Klatt. Eine 2. ao. ZDK am 3.5.1990 beschloss die neue Satzung. Die Gewerkschaft erklärte sich zum Mitglied eines Gewerkschaftsbundes, der nur von den Vors. der Einzelgewerkschaften geleitet werden sollte. Tatsächlich verblieb sie zunächst im Gewerkschaftlichen Dachverband FDGB. Gleichzeitig bereitete sie den Übertritt der Mitglieder in eine DGB-Gew. vor. Die darüber bestehenden Meinungsverschiedenheiten veranlassten den Vors. Treibmann, der für einen Anschluss an die Deutsche Angestellten-Gew. (DAG) eintrat, zum Rücktritt. Die ZDK wählte als neuen Vors. den bisherigen stellv. Vors. Klatt, nachdem sich die Mehrheit der ZDK für einen Übertritt zur Gew. Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) ausgesprochen hatte.
Am 30.5.1990 schloss der HV der ÖTV mit den DDR-Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes eine Vereinbarung „Auf dem Weg zur geeinten ÖTV“. Die ZDK vom 22.9.1990 in Bernau beschloss darauf die Auflösung der Gew. Gesundheits- und Sozialwesen zum 2.10.1990 und bot den Mitgliedern die Möglichkeit, sich individuell für eine Mitgliedschaft in der ÖTV zu entscheiden.
Publikationsorgane
K.K.