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TITELINFO


Kolumbien / Hans R. Blumenthal. - [Electronic ed.]. - Bonn, 1999. - 25 S. = 96 Kb, Text . - (FES-Analyse)
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2000

© Friedrich-Ebert-Stiftung


INHALT







[Essentials]

  • Kolumbien leidet unter vielfältigen Plagen, die seine Entwicklung hemmen und sein internationales Image prägen: Guerilla, Paramilitärs, Drogenhandel, Menschenrechtsverletzungen, extrem hohe „Straflosigkeit" (99,5%), Korruption, Einkommens und Vermögenskonzentration und Verlust des Gewaltmonopols des Staates.
  • Seit 1996 hat Kolumbien mit 80 bis 100 Morden pro 100.000 Einwohnern die höchste Mordrate der Welt. Gewalt ist die Haupttodesursache. 26% aller Toten in Kolumbien sind nicht auf natürlichem Weg gestorben. Bei der Risikogruppe männliche Bevölkerung zwischen 15 und 44 Jahren sind es sogar 60%, die durch Gewalt getötet wurden
  • Die direkten und indirekten Kosten der Gewalt (Verlust des Lebens, Beschädigungen, Sicherheits- und Versicherungskosten) werden auf 5% bis 15% des BIP geschätzt. Zwischen 1970 und 1993 soll Gewalt jährlich 2% BIP-Wachstum verhindert haben. Für den Ölsektor werden die Beschädigungen durch Anschläge auf Pipelines etc. auf 150 bis 200 Mio. US $ pro Jahr geschätzt.
  • Drogenhandel ist nicht die einzige Ursache der (politischen) Gewalt. Aber er ist ihr Katalysator, Motor und größter Nutznießer. Das Volumen des Kokainexports wird auf ca. 600 Tonnen, also 60% der Weltproduktion, geschätzt, 2/3 davon gehen in die USA, weniger als 1/3 nach Europa. Der Rückfluß von Drogeneinnahmen nach Kolumbien stieg von jährlich ca. 1 Milliarde US $ Mitte der 80er Jahre auf 2,5 bis 3 Mrd. in den 90ern, beträgt also etwa 25% der legalen registrierten Exporte.
  • Etwa 250 000 Kolumbianer sind direkt in der Produktion und im Vertrieb des Drogenanbaus beschäftigt, etwa eine Million Menschen leben indirekt vom Drogenanbau. Etwa 6 Millionen Hektar landwirtschaftlicher Fläche (etwa 10% der gesamten Anbauflächen) wurden mit Drogengeldern erworben, Kunst-, Antiquitäten-, Immobilien- und viele andere Märkte florieren mit Drogengeldern.
  • Das stetige Wirtschaftswachstum von durchschnittlich über 4% seit den 50er Jahren ist unterbrochen. Zur Überwindung der Krise müssen das Haushaltsdefizit, die Rekordarbeitslosigkeit und das Leistungsbilanzdefizit gesenkt und allzu große Ausschläge des Wechselkurses vermieden werden. Dies beim erwarteten Rückgang der Öleinnahmen, bei niedrigen Preisen und geringer Dynamik im Kaffeesektor.
  • Ob Investitionen im sozialen Wohnungsbau, steuerliche Anreize für Unternehmen, die Arbeitsplätze schaffen, und die Flexibilisierung der Arbeitstarife die Lage auf dem Arbeitsmarkt entspannen, bleibt ungewiß. Im sozialen Bereich müssen die Finanz- und Qualitätskrise im Erziehungssektor überwunden und der Gesundheitssektor reformiert werden. Diese sozialen Programmpunkte bedeuten Wandel und damit ein zusätzliches aus sozialer Unsicherheit genährtes Konfliktpotential.
  • „Friedensverhandlungen im Krieg" mit zahlreichen Akteuren mit nicht unbedingt eindeutigen Friedensmotivationen während einer Rezessionsphase stellen größte Herausforderungen an die Regierung. Die Streitkräfte sind aus den Verstrickungen mit Drogenhandel und Paramilitärs zu lösen, zugleich sind sie aber mit US-Hilfe schlagkräftiger zu machen, um stärkere Druckpotentiale in der „Kriegsagenda" zu entwickeln. Sollten die Streitkräfte erfolgreicher werden, könnte sowohl ihre Stimmung als auch die der skeptischen Teile der Eliten und der Bevölkerung gegenüber dem bisherigen Verhandlungsweg umschlagen.
  • Die nur bedingte Unterstützung der USA im Friedensprozeß ist durch vertrauensbildende Maßnahmen der kolumbianischen Diplomatie abzusichern. Der versprochene „Marshall-Plan" (Plan Colombia) in Höhe von 3,5 Mrd. US $ ist mit internationaler Hilfe aufzulegen und umzusetzen. Er dient u.a. zur Finanzierung von Substitutionsprogrammen in den Guerilla-Drogenanbauzonen und von wirtschaftlichen, sozialen und politischen Reformen, die für die Sicherung eines langfristigen Friedens entscheidend sind.
  • Nachhaltiger Frieden wird ohne Reduktion des Drogenanbaus und -handels und der sozialen Ungleichgewichte im Lande kaum gelingen. Andererseits erlaubt erst Frieden eine Entfaltung des kolumbianischen Wirtschaftspotentials, Wachstum und mehr Gleichheit.

© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 2000

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