FDGB-Lexikon, Berlin 2009


Bewährung in der Produktion. B.i.d.P. war ein wirksames und einschneidendes Instrument der Ideologie- und Verhaltenskontrolle. Die häufig angewandte Disziplinarmaßnahme (vgl. Disziplinarmaßnahmen gegen Werktätige) wurde von den 50er bis in die 70er Jahre vor allem gegen Studenten, Künstler und Intellektuelle, aber auch gegen leitende Angestellte angewandt, die sich unbotmäßig gezeigt hatten oder in irgendeiner anderen Weise sich aus Sicht der SED sanktionswürdig verhalten hatten. Auch in Verbindung mit einem Strafverfahren konnte eine Bewährungsstrafe mit der Auflage verbunden sein, eine bestimmte Arbeitsstelle einzunehmen (StGB § 34). Ziel war ein „Umdenken“ des Betroffenen, wozu auch die mit der B.i.d.P. oft verbundene Herauslösung aus dem bisherigen sozialen Umfeld dienen sollte. Oft war der Staatssicherheitsdienst - mit oder auch ohne Wissen der Betroffenen - involviert. Der Betroffene musste für einen jeweils individuell festgelegten Zeitraum (oft ein bis zwei Jahre) in einem DDR-Betrieb arbeiten und sich damit vor der Arbeiterklasse „bewähren“. Die B.i.d.P kam oft einem zumindest zeitweiligen Berufsverbot gleich. Viele Betroffene konnten oder wollten (etwa um nicht mehr dem massiven ideolog. Anpassungsdruck ausgesetzt zu sein) auch nach Ablauf der „Bewährungszeit“ nicht in ihre vorherige Stelle oder Karrierelaufbahn zurück. In den 80er Jahren wurde diese Disziplinierungsmaßnahme (außer im Strafrecht) nicht mehr explizit verhängt. Da in der DDR jedoch die Pflicht zur Arbeit bestand, führte die politisch bedingte, wenn auch selten so begründete Entlassung, die Exmatrikulation von einer Hochschule oder die Verweigerung des Besuchs einer höheren Schule in der Praxis dazu, dass derjenige „in der Produktion“ arbeiten musste. Andererseits wurde vor allem in den 80er Jahren von Jugendlichen, Intellektuellen und Künstlern bewusst auf eine Karriere verzichtet und die Arbeit etwa als Gärtner, Friedhofsarbeiter, Hausmeister, Pförtner o.ä. (oft bei den Kirchen oder den wenigen privaten Kleinstbetrieben) als Mittel gesehen, sich individuelle Freiräume zu schaffen. Während der friedlichen Revolution 1989/90 wurde von den Bürgern auf Demonstrationen in Anlehnung an die Disziplinarmaßnahme B.i.d.P. auf selbstgemachten Plakaten gefordert „Stasi in die Produktion“.
S.K.