FDGB-Lexikon, Berlin 2009


Produktionspropaganda. Im Mittelpunkt der hauptsächlich vom FDGB getragenen P. standen die Volkswirtschaftspläne und der sozialist. Wettbewerb zu ihrer Erfüllung.
Die P. sollte eine ideolog. gebundene, systemat. Aufklärungs-, Überzeugungs- und Erziehungsarbeit für die von der SED vorgegebenen Planziele leisten und zur allgemeinen Arbeitsmobilisierung für ihre Umsetzung beitragen. Zu diesem Zweck bediente sie sich vielfältiger Mittel und Medien, zu denen Information, Kritik und Würdigung in Wort und Bild bei Arbeitsberatungen, in Betriebszeitungen und Broschüren, auf Tafeln und Plakaten, in Presse und Rundfunk sowie nicht zuletzt auf überregionalen Gewerkschafts- und Parteitagungen zählten.
Für die P. eigneten sich besonders die mittelfristigen Wirtschaftspläne, beginnend mit dem Zweijahrplan 1949/50, über die ersten beiden Fünfjahrpläne für 1951-55 und 1956-60, abgebrochen zu Gunsten des Siebenjahrplans 1959-65 und - nach dem Scheitern der Wirtschaftsreformversuche der 60er Jahre - erst 1971 fortgesetzt im Rhythmus weiterer Fünfjahrpläne bis zum Ende der DDR. Die mittelfristigen Wirtschaftspläne enthielten einprägsame wirtschaftliche Gesamtvorhaben, etwa die Umsetzung von neuen strukturprägenden Großinvestitionen, wie etwa die Errichtung des Eisenhüttenkombinats Ost im Fünfjahrplan 1951-55 oder des Petrolchemischen Kombinates Schwedt im Siebenjahrplan 1959-65, die der Bevölkerung als in absehbarer Zukunft erreichbare Ziele bildlich vor Augen geführt werden konnten. Die P. für die mittelfristigen Wirtschaftspläne richtete sich an die gesamte Bevölkerung und enthielt als zentrale Botschaft immer wieder die Verheißung eines Lebensstandards, der dem der westdeutschen Bevölkerung auf längere Sicht nicht nachstehen, sondern sogar deutlich überlegen sein würde. So versprach der Siebenjahrplan 1959-65, „durch Erhöhung der Arbeitsproduktivität und Steigerung der Produktion Westdeutschland im Pro-Kopf-Verbrauch bei den meisten industriellen Konsumgütern und Lebensmitteln bis Ende 1961 einzuholen und zu überholen“ und wurde unter dem Titel „Siebenjahrplan des Friedens, des Wohlstands und des Glücks des Volkes“ als Vorbild für ganz Deutschland popularisiert.
Die P. für die Jahrespläne zur Umsetzung der mittelfristigen wirtschaftlichen Ziele fand vor allem auf der betrieblichen Ebene statt und bezog sich in erster Linie auf die möglichst rege Beteiligung an der Plandiskussion und die besten Wege zur Planerfüllung im Rahmen des sozialist. Wettbewerbs. Plakate und Broschüren zeigten zum Beispiel häufig Arbeiter, die im Kreise ihrer Brigade betriebliche Planentwürfe lasen und lebhaft über deren Umsetzung diskutierten, und als Helden inszenierte Aktivisten und Neuerer, die voll Tatendrang zu zusätzlichen Arbeitseinsätzen schritten, sich für die Anwendung sowj. Arbeitsmethoden entschieden hatten oder an der weiteren Verbesserung ihren Maschinen tüftelten, damit das allgemeine Leistungsniveau angehoben und dem wissenschaftlich-technischen Fortschritt zum Durchbruch verholfen werden konnte.
Zum Standardrepertoire der P. für die Fünfjahrpläne wie die Jahrespläne gehörten die vom FDGB vorgenommenen zahlreichen Auszeichnungen mit Ehrentiteln, Orden, Medaillen, Wanderfahnen und entsprechenden Geldprämien sowie - nicht zuletzt - einem Platz in der Straße der Besten.
Die Wirkung der P. auf Bevölkerung und Beschäftigte lässt sich nur sehr schwer abschätzen; fest stehen dürfte jedoch, dass sie angesichts der real oft nicht erreichten ursprünglich herausgestellten Ziele und der zahlreichen nachträglich erforderlichen „Planpräzisierungen“ auf die Dauer immer weniger überzeugte.
F.S.