FDGB-Lexikon, Berlin 2009


Prämie. Sachwert oder Geldbetrag, der den Werktätigen zusätzlich zum regulären Arbeitslohn für individuell und vor allem kollektiv erbrachte besondere Leistungen aus dem betrieblichen Prämienfonds steuerfrei zugebilligt wurde, meist im Rahmen des sozialist. Wettbewerbs. Neben den verschiedenen Lohnformen stellten die P. ein weiteres wichtiges und zudem wesentlich flexibler und variabler einsetzbares Mittel zur Stimulierung der materiellen Interessiertheit der Beschäftigten dar, mit deren Hilfe das persönliche materielle Interesse in Übereinstimmung mit den „gesellschaftlichen Erfordernissen“ gebracht werden sollte. Bei der Vergabe der P. durch die Betriebsleitung hatte die BGL ein Vorschlags- und ein Mitbestimmungsrecht.
In der vom allgemeinen Mangel gekennzeichneten Nachkriegszeit wurden zunächst vielfach Sachprämien für die Erfüllung besonderer Arbeitsaufgaben ausgesetzt, etwa Lebensmittel, Schuhe, Arbeitskleidung und Zigaretten. Diese Art der Prämienverteilung, etwa in der frühen Aktivistenbewegung, führte in den oftmals stark egalitär eingestellten Belegschaften zu heftigen Konflikten. Von den an ihrer Vergabe beteiligten Betriebsräten, BGL und BPL wurden sie nicht selten als Mittel zur bewussten sozialen Differenzierung eingesetzt.
Nach Überwinden der schlimmsten Versorgungsengpässe, Durchführung einer Währungsreform und dem Übergang zur langfristigen Wirtschaftsplanung handelte es sich überwiegend um Geldprämien, die für besondere Leistungen im sozialist. Wettbewerb vergeben wurden. Zur wichtigsten P. entwickelte sich die Jahresendprämie, die am Schluss jeden Jahres für die Erfüllung und Übererfüllung des betrieblichen Jahresplanes gewährt wurde. In den 70er und 80er Jahren erhielten darüber hinaus Initiativprämien und Zielprämien für die Erfüllung bestimmter Schwerpunktaufgaben etwa zur Steigerung von Qualität und Export oder zur Förderung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts eine größere Bedeutung. Zu nennen sind außerdem die an verschiedenen Feiertagen, etwa dem 1. Mai, dem 7. Oktober, dem Tag des Chemiearbeiters, dem Tag der Frau oder dem Tag des Lehrers (vgl. Tag des XY), besonders verdienten Werktätigen verliehenen P.
Insgesamt verloren die P. ihre ursprüngliche leistungsstimulierende Wirkung immer mehr und wurden zunehmend als ein selbstverständlicher Bestandteil des Arbeitseinkommens betrachtet, den weder Betriebsleitungen noch BGL den Beschäftigten vorzuenthalten ernsthaft erwogen, weil potenzielle Gefährdungen des Betriebsfriedens von vornherein ausgeschlossen werden sollten.
F.S.