FDGB-Lexikon, Berlin 2009


Wehrerziehung. Die W. war seit 1962 ein zentral gesteuertes Programm zur militärprakt. Ausbildung und militärpolit. Indoktrination, mit dessen Hilfe einerseits ausreichend Nachwuchs für die „Bewaffneten Organe“ beschafft werden sollte, andererseits vor allem der Jugend bestimmte Sekundärtugenden (Disziplin, Unterordnungsbereitschaft, Pünktlichkeit) anerzogen werden sollten. In den 50er Jahren fiel dem FDGB vor allem eine unterstützende Funktion für einzelne Institutionen und Kampagnen zu, wie dem Beschluss des Sekretariats des BuV „zur finanziellen und personellen Förderung der GST“ von 1957 zu entnehmen ist. Im Jahr 1962 wurde der FDGB neben anderen Massenorganisationen und Institutionen in die „Kommissionen für sozialist. W.“ eingebunden, die in allen Kreisen, größeren Städten und Betrieben die Kampagnen zur W. koordinierten. Den Vereinbarungen mit dem MfNV von 1972, 1978 und 1987 entsprechend wurden vom FDGB wehrerzieher. Programme aufgelegt. Dazu gehörten die DDR-weit jährlich ausgetragenen Pokalwettbewerbe im Sportschießen und im Wehrkampfsport. Betriebssportfeste (s.a. Betriebssportgemeinschaft) sollten wehrsportliche Disziplinen enthalten. Im Zentrum der W. des FDGB stand jedoch die militärpolit. Propaganda, die sowohl auf Schulungen, Mitgliederversammlungen als auch Betriebsfesten sowie beim Kauf von Kunstwerken oder Büchern für die Bibliotheken (s. Betriebsbibliothek) berücksichtigt werden sollte. Der Inhalt unterschied sich nicht von der sonstigen Propaganda (Hass auf den Klassenfeind, Bereitschaft zur Landesverteidigung). Eine besondere Aufgabe der einzelnen Gewerkschaftsgruppen bestand in der ideolog. Vorbereitung Jugendlicher auf den Wehrdienst und ihre Wiedereingliederung danach. Gediente Soldaten wurden in „Reservistenkollektiven“ zusammengeschlossen, um die Wehrmotivation zu erhalten. Zeit- und Berufssoldaten, für die besonders geworben wurde, sowie deren Familien erhielten eine intensivere Betreuung. Da die Werbung für militär. Berufe den Bestand an eigenen Arbeitskräften schmälerte, hielten sich die Aktivitäten hier oftmals in engen Grenzen. In der zweiten Hälfte der 80er Jahre wurde die W. infolge des wirtschaftlichen Niederganges der DDR reduziert und teilw. umfunktioniert. Sie wurde nun stärker als Instrument zur Steigerung der Arbeitsleistung in den Betrieben betrachtet, wie in der Propaganda der „Zusammenhang von Wirtschaftskraft der DDR und Landesverteidigung“ betont.
Chr.S.