Kammer für Arbeitsrecht. 1963-90 bei den Kreisgerichten der DDR bestehende unselbständige Einrichtung zur Arbeitsrechtspflege.
Nach dem Ende des II. WK war in der SBZ mit Befehl Nr. 23 der SMAD vom 25.1.1946 und auf Grundlage des Kontrollratsgesetzes Nr. 21 vom 30.3.1946 (Deutsches Arbeitsgerichtsgesetz) zunächst wieder eine eigenständige Arbeitsgerichtsbarkeit geschaffen worden. In ihrer Tätigkeit lehnten sich die 110 neuen Arbeitsgerichte und fünf Berufungsinstanzen, die der Arbeitsverwaltung zugeordnet waren, eng an die Praxis der Weimarer Republik an. Ihre Vorsitzenden und Beisitzer wurden jeweils für drei Jahre ernannt bzw. gewählt, wobei der FDGB ebenso wie die Justiz, die Verwaltung und die Nationale Front das Recht besaß, Personalvorschläge zu machen.
Schon im April 1953 wurden die Arbeitsgerichte in ihrer Bedeutung jedoch zurückgestuft, denn in volkseigenen Betrieben und Verwaltungen mit mehr als 200 Beschäftigten wurden nun betriebliche Konfliktkommissionen eingerichtet, um Arbeitskonflikte möglichst zügig vor Ort schlichten und damit eine stärkere gegenseitige erzieher. Wirkung erzielen zu können. Die Arbeitsgerichte durften erst dann angerufen werden, wenn ein Streit vor einer K.f.A. ausführlich beraten worden war, aber trotzdem kein einstimmiges Votum zustande gekommen war. Mit dem Gerichtsverfassungsgesetz vom 17.4.1963 wurden die eigenständigen Arbeitsgerichte dann in eine einheitliche Gerichtsbarkeit eingegliedert und dem Justizministerium zugeordnet. Begründet wurde dieser Schritt damit, dass es unter sozialist. Produktionsverhältnissen nicht mehr erforderlich sei, die Rechte der Werktätigen durch gesonderte Gerichte zu schützen. Seither bestanden bei den Kreisgerichten K.f.A. und bei den Bezirksgerichten entsprechende Senate für Arbeitsrecht, die über Beschwerden und Berufungen entschieden. Für Kassationen war schon seit 1961 ein spezieller Senat für Arbeitsrecht beim Obersten Gericht der DDR zuständig. Der FDGB besaß auch weiterhin ein Vorschlagsrecht bei der Ernennung von Richtern und der Wahl von Schöffen - und zwar auf allen drei Ebenen. Außerdem durfte er in allen arbeitsgerichtlichen Verfahren mitwirken, um seine Auffassungen darzulegen und die Werktätigen zu vertreten, etwa in dem er Gutachten erstellte, Empfehlungen zur Sachaufklärung gab, Beweisanträge stellte, Unterlagen beibrachte oder auch - was selten der Fall war - eine förmliche Gerichtskritik beantragte. Da der FDGB sich selbst in erster Linie als Sachwalter der gesamtgesellschaftlichen Interessen verstand, gewährte er allerdings nur selten Rechtsschutz durch Prozessvertretung einer Partei in Arbeitsgerichtsverfahren.
Nachdem die betrieblichen Konfliktkommissionen im Juni 1968 zu Gesellschaftlichen Gerichten aufgewertet und damit verbindlich zur ersten Instanz in allen arbeitsrechtlichen Fragen sowie einfachen Straf- und Zivilrechtssachen erklärt worden waren, verloren auch die K.f.A. immer mehr an Bedeutung. Sie fungierten seither vor allem noch als Berufsinstanzen, die aber nur in etwa 15% der von den Konfliktkommissionen entschiedenen Streitsachen angerufen wurden und davon auch nur die Hälfte nicht bestätigten.
F.S.