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Das Thema Zwangsmigrationen und Vertreibungen seit 1989

Bonner Erklärung

"Europäisches Netzwerk:
Zwangsmigrationen und Vertreibungen im 20. Jahrhundert"

Um die europäischen Zusammenhänge von Zwangsmigrationen und Vertreibungen im 20. Jahrhundert zu erforschen, zu dokumentieren und einer breiteren Öffentlichkeit nahe zu bringen, hat sich im Anschluss an die internationale Bonner Konferenz vom 11. und 12. März 2004 ein Initiativkreis gebildet, der die bestehenden vielfältigen dezentralen und teilweise grenzüberschreitenden Aktivitäten auf europäischer Ebene unterstützen und vernetzen will. Damit weiß der Kreis sich im Einklang mit der Danziger Erklärung der Präsidenten Polens und Deutschlands. Diese unterstreichen, dass jede Nation das selbstverständliche Recht hat, um ihre Opfer zu trauern, zugleich aber darum besorgt sein sollte, dass Erinnerung und Trauer nicht für gegenseitige Schuldzuweisungen, Aufrechnung und Entschädigungsansprüche missbraucht werden. Vielmehr sollte die Geschichte gemeinsam erinnert werden.

Gedenken, Erinnerung und intellektuelle Verarbeitung der Zwangsmigrationen und Vertreibungen im 20. Jahrhundert sind eine europäische Aufgabe. Ziel sollte es sein, die verschiedenen nationalen Geschichtsbilder füreinander zu öffnen, um die aufkeimenden Ansätze eines europäischen Geschichtsbewusstseins in seiner ganzen lokalen, regionalen, die nationalen Grenzen oftmals überschreitenden Vielfalt zu befördern.

Um dieses Ziel zu erreichen, ist eine gemeinsame europäische Einrichtung nötig, die den Titel tragen könnte: "Europäische Stiftung: Zwangsmigrationen und Vertreibungen im 20. Jahrhundert" .

  1. Aufgaben der Europäischen Stiftung sind Vernetzung, Entwicklung und Förderung von Aktivitäten und Initiativen in verschiedenen Ländern und Bereichen, in Geschichtswissenschaft, Schulen und Bildungseinrichtungen, in Ausstellungen und Museen, bei Städtepartnerschaften, bei sonstigen grenzüberschreitenden zivilgesellschaftlichen Initiativen, nicht zuletzt in der Gedenk- und Mahnmalkultur.
  2. Die Europäische Stiftung steht allen Personen und Institutionen offen, die sich diesem Thema in europäischer Perspektive verpflichten. Die Europäische Stiftung wird von sich aus Kommunikation und Netzwerkbildung intensivieren und damit eine gesamteuropäische Öffentlichkeit befördern, u. a. durch
    • Veranstaltung von Konferenzen, Tagungen und Foren der Begegnung
    • Anregung und Förderung von transnationalen Projekten und Arbeitsgruppen, z. B. für Forschungsvorhaben, Ausstellungswesen und filmische Dokumentation
    • Erstellung von Dokumentationen, Übersetzungen und Informationsmaterialien für Wissenschaft, Schule und andere Bildungseinrichtungen
    • Schaffung eines gemeinsamen Internetportals.
  3. Die Europäische Stiftung soll auf der einen Seite ein Sekretariat, auf der anderen Seite ein Gremium (Kuratorium) von herausragenden Persönlichkeiten der verschiedenen europäischen Länder, die von den Staatsoberhäuptern benannt werden, umfassen.
  4. Dauerhaft finanziert werden sollte die Europäische Stiftung nicht durch ein einzelnes Land, sondern durch eine Mischfinanzierung nationaler sowie europäischer oder anderer internationaler Organisationen (EU, Europarat, UN, UNHCR). Anzustreben ist auch die Einwerbung von Sponsorenmitteln. Eine zeitlich begrenzte Anlauffinanzierung deutscherseits durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien und weitere Förderer wäre wünschenswert.
  5. Der Initiativkreis fasst ein mehrstufiges Vorgehen ins Auge:
    1. Er bereitet verschiedene Netzwerke vor. Als konkrete Anlauf- und Kontaktstelle für ein wissenschaftlich ausgerichtetes "Europäisches Netzwerk: Zwangsmigrationen und Vertreibungen im 20. Jahrhundert" wird der Lehrstuhl Osteuropäische Geschichte (Prof. Dr. Karl Schlögel) der Europa- Universität Viadrina Frankfurt (Oder) fungieren. Erste Projekte des wissenschaftlichen Netzwerks werden eine internationale Konferenz zur Behandlung der Zwangsmigrationen in Schulbüchern sowie die Herausgabe einer Europäischen Enzyklopädie zu den Zwangsmigrationen im 20. Jahrhundert sein.
    2. Ein zweites Netzwerk der Orte des Geschehens und der Erinnerung an Zwangsmigrationen und Vertreibungen sowie der zivilgesellschaftlichen Initiativen ist von ebenso großer Bedeutung. Es wird zur Zeit vorbereitet.
    3. Zur Koordination dieser Netzwerke und zur Mitarbeit weiterer interessierter Persönlichkeiten fasst der Initiativkreis die Gründung einer International Society for Forced Migration History ins Auge.
    4. Diese sollte die Europäische Stiftung: Zwangsmigrationen und Vertreibungen im 20. Jahrhundert vorbereiten.

 

Unterzeichner der Bonner Erklärung sind:

Prof. Dr. Włodzimierz Borodziej, Universität Warschau

Prof. Dr. Marina Cattaruzza, Historisches Institut, Universität Bern

Éva Kovács, Ph. D., Centre for Central European Studies, Budapest

Prof. Dr. Jiří Pešek, Karls-Universität Prag

Prof. Dr. Jan Sokol, Karls-Universität Prag

Dr. Krzysztof Ruchniewicz, Direktor des Willy-Brandt-Zentrums für Deutschland- und Europaforschung, Breslau

Univ.-Doz. DDr. Oliver Rathkolb, Ludwig-Boltzmann-Institut für Geschichte und Gesellschaft, Wien

Dr. Thomas Serrier, Universität Paris VIII

Róza Thun, Robert-Schuman-Stiftung, Warschau

Dr. Heidemarie Uhl, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien

Dr. Krisztián Ungváry, Institut für die Erforschung der Ungarischen Revolution 1956, Budapest

Dr. Dieter Bingen, Köln/Darmstadt

Prof. Dr. Friedhelm Boll, Institut für Sozialgeschichte, Bonn

Prof. Dr. phil. Dr. h. c. Detlef Brandes, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Prof. Dr. Dieter Dowe, Leiter des Historischen Forschungszentrums der Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn

Prof. Dr. Bernd Faulenbach, Ruhr-Universität Bochum

Dr. Claudia Kraft, Deutsches Historisches Institut Warschau/Ruhr-Universität Bochum

Prof. Dr. Hans Lemberg, Philipps-Universität Marburg

Prof. Dr. Hans Mommsen, Feldafing

Dr. Dr. h. c. Gert von Pistohlkors, Akademischer Direktor a.D., Universität Göttingen

Prof. Dr. Karl Schlögel, Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)

Prof. Dr. Holm Sundhaussen, Osteuropa-Institut, Freie Universität Berlin

Prof. Dr. Stefan Troebst, Universität Leipzig

Prof. Dr. Philipp Ther, Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)

Prof. Dr. Matthias Weber, Wissenschaftlicher Direktor im Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, Oldenburg

Prof. Dr. Klaus Ziemer, Direktor des Deutschen Historischen Instituts Warschau

 

Kontakt: Prof. Dr. Friedhelm Boll, Historisches Forschungszentrum der Friedrich-Ebert-Stiftung, Tel: 0228-883 470 – Fax: 0228-883 497 – E-Mail: Friedhelm.Boll@fes.de

 

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(Text in polnischer Sprache / Tekst w języku polskim)