FDGB-Lexikon, Berlin 2009


Initiative für unabhängige Gewerkschaften (IfUG). Im Zuge der friedlichen Revolution gründeten am 20.10.1989 in Ost-Berlin 20 Angehörige verschiedener DDR-Oppositionsgruppen ein I.f.U.G. Einige der Teilnehmer arbeiteten in ihren Wohnbezirken in der im September gegründeten Oppositionsgruppe Neues Forum mit.
Bis zum 4.11.1989 formulierte man an einem Aufruf, der für die Gründung unabhängiger Gewerkschaften plädierte und sich an der poln. Solidarnosc orientierte. Kritik, Protest und Unmut artikulierten sich zu diesem Zeitpunkt bereits in ostdeutschen Betrieben, Initiativen zur Gründung unabhängiger Gewerkschaften gab es jedoch nur wenige. Den Aufruf trug der Schriftsteller Heiner Müller (*9.1.1929-†30.12.1995) auf der Demonstration vom 4.11.1989 auf dem Ost-Berliner Alexanderplatz vor.
Ab dem 15.11.1989 hatte man einen Versammlungsraum in Ost-Berlin; man traf sich zweimal in der Woche. Besucher kamen, manchmal mehr als 100, aus der ganzen DDR. In den Betrieben entstanden verschiedene vom FDGB unabhängige Initiativen. Am 20.11.1989 kam es zwischen den IfUG-Initiatoren und Besuchern zum Konflikt. Viele Besucher wollten eine rasche Gründung, um den sich ankündigenden Scheinreformen des FDGB zuvorzukommen, die Initiatoren einen langsamen Aufbau basisdemokrat. Strukturen. Die Besucher setzten sich durch: die Gruppe nannte sich ab sofort Initiative Unabhängige Gewerkschaften (IUG), benannte Ansprechpartner für die DDR-Bezirke und begann Programm und Satzung auszuarbeiten.
Am 3.2.1990 fand die turbulente Gründungskonferenz statt, auf der die Mehrheit der Teilnehmer die Gründung eines Gründungsausschusses durchsetzten. Auf der Konferenz wurde die Ablehnung von Betriebsräten, der umfassende Mitbestimmungsanspruch und die basisdemokrat. Organisationsstrukturen, die von den IUG-Initiatoren in Programm und Satzung verankert worden waren, diskutiert. Der Gründungsausschuss tagte am 24.2.1990 in Dresden und gab noch die Gründung einer Unabhängigen Gewerkschaftsbewegung (UGB) bekannt. Mit dem Aufbau westdeutscher Gewerkschaftsstrukturen zerfiel die Gruppe; sie arbeitete noch ein Zeitlang als Initiative Kritische Gewerkschaftsarbeit weiter.
M.J.