FDGB-Lexikon, Berlin 2009


1. Mai. Der 1. Mai war ein in der Verfassung der DDR seit 1949 geschützter gesetzlicher Feiertag, an dem Arbeitsruhe herrschen sollte. Anders als in der Bundesrepublik Deutschland wurde er nicht als „Tag der Arbeit“, sondern als „internationaler Kampftag der Arbeiterklasse“ begangen. Diese bewusste Abkehr vom traditionellen Verständnis des 1. Mai sollte die Missbilligung des wenig kämpfer. Verhaltens der früheren polit. Richtungsgewerkschaften angesichts der nationalsozialist. Machtergreifung von 1933 zum Ausdruck bringen: Um des bloßen organisator. Überlebens willen hatten sie sich dazu bereit gefunden, den 1. Mai 1933 zusammen mit den Nationalsozialisten als „Feiertag der nationalen Arbeit“ zu begehen - um nur einen Tag später doch zerschlagen zu werden. Auf diese traumat. Niederlage nahm der Gründungsaufruf des FDGB von Juni 1945 explizit Bezug, um sein eigenes kämpfer. Selbstverständnis davon abzugrenzen.
Die SED-Führung nutzte den Festtag vor allem für die ideolog. Propaganda. In allen Städten und größeren Gemeinden fanden am 1. Mai organisierte Aufmärsche und Kundgebungen statt; die Teilnahme daran zählte für jeden DDR-Bürger zur moral. Pflicht. Es war Aufgabe des FDGB und seiner Gliederungen, durch umfassende Vorbereitungsmaßnahmen bis in die Betriebe und sonstige Einrichtungen hinein für eine rege Teilnahme zu sorgen, was ihm auch regelmäßig gelang, zuletzt am 1. Mai 1989, auch wenn in der an diesem Tag zur Schau gestellten Fassade der Begeisterung für die Errungenschaften des Sozialismus bei vielen an den Tribünen der Funktionäre vorbeiziehenden Demonstranten bereits deutliche Risse zu erkennen waren.
Am Sitz des SED-ZK und der DDR-Regierung, in Ost-Berlin, wurde die Maifeier stets besonders aufwändig inszeniert; eine Militärparade der NVA und der Kampfgruppen der Arbeiterklasse zählte bis 1976 zu ihren offiz. Höhepunkten, gerade weil die DDR damit den entmilitarisierten Status der unter alliierter Oberhoheit stehenden Stadt verletzte. In den Bezirkshauptstädten traten zumeist Mitglieder des SED-PB als Hauptredner der öffentlichen Kundgebungen auf. Sie verkündeten die zentral festgelegten „Mailosungen“ und versuchten, mit der Bekanntgabe geplanter Verbesserungen in der Konsumgüterversorgung die Bevölkerung von den Vorzügen der SED-Politik zu überzeugen. In den Betrieben waren meist schon zuvor aus Anlass des 1. Mai Ehrentitel, Auszeichnungen und Preise verliehen worden.
F.S.