Betriebsgewerkschaft Reform. Am 17.10.1989 nutzte Ralf Börger, Ingenieur des Geräte- und Reglerwerkes in Teltow (bei Potsdam), Gewerkschaftswahlen in seiner Abteilung, um aus dem FDGB auszutreten und die Gründung einer B.R. vorzuschlagen. Einen fertig formulierten Gründungsaufruf, der vor allem polit. Forderungen enthielt, hatte er gleich mitgebracht. Die innerbetrieblichen Mitarbeiter des MfS sammelten sofort alle Exemplare des Papiers ein. Trotzdem gelangten Exemplare aus dem Betrieb hinaus.
Am 22.10.89 traf sich der Gründer auf Vermittlung der Sozialdemokrat. Partei (SDP), der er angehörte, mit einem Reporter der BBC. Der schrieb eine Meldung und seit diesem Zeitpunkt verbreitete sich die Gründung der Gewerkschaft durch alle westlichen Medien (und dadurch auch in der DDR). Der FDGB begann die Gründung sofort zu dementieren.
Um die Initiative zu zerschlagen, wurde der Initiator am 25.10.1989 auf eine fingierte Dienstreise geschickt. Die Initiative wurde jedoch von einem Ingenieursehepaar des Betriebes, Peter Röhrig und Regina Röhrig, aufgegriffen und fortgeführt. Sie gründeten am 31.10.1989 die Initiative zur Bildung der unabhängigen Gewerkschaft Reform, hatten jedoch mit dem dazu verbreiteten Aufruf und der initiierten Unterschriftensammlung fast gar keinen Erfolg.
Als Reaktion auf den mangelnden Widerhall gründete die Gruppe nach der Öffnung der Mauer am 23.11.1989 einen provisor. Betriebsrat und forderte die Betriebs-Abteilungen auf Delegierte zu entsenden. Bis Mitte Dezember waren ca. 1 200 Unterschriften zusammengekommen, 50 Aktivisten unterstützten das Vorhaben.
Nachdem sich der provisor. Betriebsrat nach Beratungen mit Betriebsräten aus West-Berlin auf eine Rolle als Betriebsrat im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes der Bundesrepublik hin orientierte, verließen Ralf Börger und das Ehepaar Röhrig die Initiative. Ihr Ziel, die SED-Betriebselite zu entmachten, war durch diese Festlegung nicht mehr erreichbar.
Eine erste Betriebsratswahl fand kurz nach den ersten freien Wahlen am 28.3.1990 als Ergebnis der friedlichen Revolution statt. Bereits im März des Jahres begannen Verhandlungen des Betriebes mit der Siemens AG, die später einige Betriebsteile kaufte. Heute existiert keiner dieser Betriebsteile mehr.
M.J.