Arbeitslosigkeit. A. wird allg. als soziales Phänomen gedeutet, das entsteht, wenn die Zahl der Arbeitsuchenden die der auf dem Arbeitsmarkt angebotenen Arbeitsplätze übersteigt. Nach den Ursachen unterscheidet man konjunkturelle (zyklische), strukturelle und Fluktuations- (friktionelle) sowie saisonale A.
In der DDR galt A. als eine auf den wirtsch. und polit. Verhältnissen des Kapitalismus beruhende Erscheinung sozialer Unsicherheit. Sie wurde als Form der relativen Überbevölkerung und als Folge der Kapitalakkumulation interpretiert. Im Gegensatz dazu präsentierte sich die DDR als Vollbeschäftigungsgesellschaft. Sozialist. Produktionsverhältnisse und gesellschaftliches Eigentum an Produktionsmitteln sollten das Recht auf Arbeit gewährleisten. Dieser Grundsatz war in den Verfassungen der DDR von 1949, 1968 und in der novellierten Fassung von 1974 enthalten. In der Systemkonkurrenz stellten SED und FDGB das Recht auf Arbeit in der DDR der A. in der BRD gegenüber.
Jeder Arbeitswillige konnte demnach in der DDR einen Arbeitsplatz finden oder eine ihm vermittelte Beschäftigung annehmen. Zuständig waren die Ämter für Arbeit und Löhne. Nach dem DDR-Arbeitsrecht waren Beschäftigte nur schwer kündbar. Ein Recht auf einen bestimmten Arbeitsplatz bestand jedoch nicht, so dass zwischen dem Berufswunsch und der möglichen Tätigkeit oft eine Differenz auftrat. Das Recht auf Arbeit war mit einer Pflicht zur Arbeit verbunden. Letztere setzte man dann durch, wenn sozial auffällige Personen zur Arbeitsaufnahme veranlasst werden sollten. Aus polit. Gründen wurde das Recht auf Arbeit in einer Reihe von Fällen (z.B. nach Ausreiseanträgen) faktisch außer Kraft gesetzt. Eine offene A. bestand in der DDR seit etwa Mitte der 50er Jahre nicht mehr. Die Statistik der registrierten Arbeitsuchenden endet 1960:
1950
1951
1952
1953
1954
1955
1956
1957
1958
1959
1960
325 400
243 351
107 162
90 876
54 277
43 634
40 763
22 203
16 198
10 433
7 107
(Angaben im Jahresdurchschnitt, 1950/1951 ohne
Ostberlin.)
Wenngleich die Beschäftigung in der DDR nach Arbeitskräfteplänen erfolgte und es in der zentralisierten Planwirtschaft keine konjunkturelle A. gab, ist aber von der Existenz einer relativ geringen struktur- und fluktuationsbedingten A. auszugehen.
P.H.