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Ethnisierung der Politik in Bosnien-Herzegowina / Friedrich-Ebert-Stiftung, Abteilung Industrieländer. - Electronic ed.. - Bonn, 1996. - 5 Bl. : graph. Darst. = 32 Kb, Text . - (Politikinformation Osteuropa ; 59)
Electronic ed.: Bonn: EDV-Stelle der FES, 1997

© Friedrich-Ebert-Stiftung


INHALT


Die Hauptakteure der politischen Entwicklung in Bosnien-Herzegowina waren 1990-91 drei ethnische Parteien: die moslemische Partei der Demokratischen Aktion (SDA), die Serbische Demokratische Partei (SDS) und die Kroatische Demokratische Gemeinschaft (HDZ). Alle diese Parteien entstanden in Kroatien, wo die Demokratisierung am Ende des Jahres 1989 sowie im Frühjahr 1990 viel schneller als jene in Bosnien-Herzegowina fortgeschritten war. SDS und HDZ formierten sich in der Tat als bosnische Fraktionen der in Kroatien entstandenen Parteien: SDS bildete sich nach dem Vorbild der Partei der kroatischen Serben und HDZ als bosnische Fraktion der damals stärksten kroatischen Oppositions- und späteren Regierungspartei von Tudjman.

Die ersten freien Parlamentswahlen im November 1990 wurden von den Beobachtern als ethnische "Volkszählung" bezeichnet, weil die Stimmenanteile großer ethnischer Parteien in klarer Relation zu den Anteilen der sog. Titularnationen - Moslems bzw. Bosniaken, Serben und Kroaten - standen. In der Verhältniswahl zur ersten Parlamentskammer, dem Bürgerhaus, erreichten die drei Parteien zusammen 67.7% der Stimmen und 75.5% der Sitze. Andere Parlamentsparteien zersplitterten sich auch sehr schnell entlang den ethnischen Linien, sodaß im Parlament faktisch ein Dreiblocksystem gebildet wurde.

Sitzverteilung im Parlament nach den Wahlen 1990




Zwischen den ethnischen Blöcken bestanden unüberbrückbare politische Unterschiede im Hinblick auf die künftige staatliche Position Bosnien-Herzegowinas. In dieser Phase wurden ganz klar die politischen Positionen der Moslems und der Kroaten einerseits und der Serben andererseits polarisiert. Nach der Verselbstständigung Sloweniens und Kroatiens wollten die Moslems und die Kroaten auch Bosnien-Herzegowina als unabhängigen Staat sehen. Die Serben verlangten dagegen, daß diese Republik ein Teil des neuen jugoslawischen Staates, den Serbien und Montenegro bildeten, werde. Im anderen Fall drohten sie mit Krieg und Sezession "serbischer Teile" der Republik.

Die Moslems und die Kroaten antworteten darauf mit dem "konstitutionellen" Referendum am 29. Februar und 1. März 1992, in dem sich die Mehrheit der Bevölkerung (64%) für einen unabhängigen Staat aussprach. Das Referendum bezeichnete einen Wendepunkt in der politischen Entwicklung. Obwohl Bosnien-Herzegowina auf der Grundlage des Referendumsergebnisses von der internationalen Gemeinschaft anerkannt wurde, akzeptierten die Serben diese politische Tatsache nicht. Sie entschieden sich für die Sezession der "serbischen Teile" der Republik mit allen militärischen und politischen Mitteln.

Diese Ausgabe der Politikinformation Osteuropa stützt sich auf ein Papier von Mirjana Kasapovic, Zagreb


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | März 1998

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