FES HOME MAIL SEARCH HELP NEW
[DIGITALE BIBLIOTHEK DER FES]
TITELINFO


Einwanderungskonzept für die Bundesrepublik Deutschland : Fakten, Argumente, Vorschläge / Ursula Mehrländer ; Günther Schultze. - [Electronic ed.]. - Bonn, 1992. - 62 S. = 153 Kb, Text . - (Gesprächskreis Arbeit und Soziales ; 7). - ISBN 3-86077-050-0
Electronic ed.: Bonn: FES-Library, 1998. - Online ed. contains link to image file

© Friedrich-Ebert-Stiftung


INHALT






Vorbemerkung

Mit dieser Broschüre wollen wir einen Beitrag zur aktuellen Diskussion um die Ausländer- und Asylpolitik leisten. Allein aus den Zahlen über die Zuwanderungsprozesse von Vertriebenen und Flüchtlingen nach dem Zweiten Weltkrieg, von ausländischen Arbeitnehmern und ihren Familienangehörigen seit den 60er Jahren, von Asylbewerbern, von Übersiedlern aus der ehemaligen DDR und von Aussiedlern aus Ost- und Südosteuropa wird ersichtlich, daß Deutschland sich zu einem "Einwanderungsland neuen Typs" entwickelt hat. Die kritische Prüfung der Ausländer- und Asylpolitik ergibt jedoch, daß die Politiker eine adäquate Antwort auf diese Einwanderungsprozesse bisher schuldig geblieben sind. In der Vergangenheit dominierten in der Ausländer- und Asylpolitik kurzfristige Perspektiven und ad-hoc Entscheidungen, die weder für die zugewanderten Menschen eine verläßliche Lebensplanung erlaubten, noch für die Einheimischen eine klare Konzeption erkennen ließen. Das Defizit der bisherigen Politik in diesem Bereich spiegelt sich in der öffentlichen Auseinandersetzung wider: Die verschiedenen Zuwanderergruppen werden isoliert voneinander betrachtet. Auch die politischen Lösungsvorschläge beziehen sich nur auf einzelne Aspekte der Gesamtproblematik. Folge dieser Ausländer- und Asylpolitik ist, daß Integrationsprozesse der Zugewanderten behindert werden, daß die notwendige Akzeptanz der deutschen Bevölkerung für diese Zuwanderungsprozesse nicht vergrößert wird und daß es rechtsextremen Gruppen und Parteien dadurch erleichtert wird, Ausländer als Sündenböcke hinzustellen und ausländerfeindliche Parolen zu verbreiten.

Aus diesen Gründen halten wir es jetzt für dringend erforderlich, eine ganzheitliche Konzeption für die zukünftige Gestaltung von Zuwanderungsprozessen in unserer Gesellschaft zu entwerfen. Dieses Konzept muß sich auf alle Gruppen der Zuwandernden beziehen und eine Verzahnung mit der Asylpolitik vorsehen. Nach unserer Vorstellung sollten eine Höchstgrenze für die Zuwanderung festgelegt und Kriterien erarbeitet werden, welche Zuwanderergruppen Priorität genießen. Betont werden soll, daß die Wissenschaft zwar Hinweise zur Ableitung solcher Höchstgrenzen und Kriterien geben kann, daß aber hier letztlich politische Entscheidungen gefordert sind. Wichtig ist u.E. daß nicht nur arbeitsmarktpolitische, sondern v.a. humane Überlegungen bei zukünftigen Zuwanderungen eine Rolle spielen sollten. Gefordert ist die Erarbeitung eines umfassenden Zuwanderungskonzeptes, das von den politischen Parteien, den relevanten gesellschaftlichen Gruppen und der Mehrheit der Bevölkerung mitgetragen wird. Dem zufolge sind auch neue institutionelle Rahmenbedingungen zu schaffen. Daß nationale Alleingänge in der Frage einer Zuwanderungspolitik angesichts des Datums für die Vollendung des Binnenmarktes der EG nicht fruchtbar sein können, versteht sich von selbst. Eine europäische Harmonisierung der Asyl-, aber auch der Einwanderungspolitiken sollte angestrebt werden. Das ganzheitliche Zuwanderungskonzept der Bundesrepublik Deutschland muß sowohl der gestiegenen Verantwortung des vereinigten Deutschlands in der internationalen Staatengemeinschaft Rechnung tragen, als auch innergesellschaftliche Entwicklungen berücksichtigen.

Wir hoffen, daß unsere Ausführungen zu einer Versachlichung der Auseinandersetzungen um die Ausländer- und Asylpolitik beitragen und Anregungen für die dringend notwendige Diskussion über eine ganzheitliche Einwanderungskonzeption der Bundesrepublik Deutschland geben.

Ursula Mehrländer
Günther Schultze

Bonn, im Mai 1992


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | November 1998

Next Page