FDGB-Lexikon, Berlin 2009


Ostbüro des DGB. Ostbüros von Parteien oder anderen Organisationen hatten die Aufgabe, in der Hochzeit des Kalten Krieges nach Ostdeutschland hineinzuwirken und dort Informationen zu sammeln.
Das Ostbüro des DGB wurde 1951 in Berlin gegründet und stand lange unter der Leitung von Gerhard Haas (Lebensdaten konnten nicht ermittelt werden). Der DGB folgte damit in der geteilten Stadt der Tätigkeit von SPD und CDU, die als Parteien durch ihre Ostbüros Einfluss in den Ostsektor und die SBZ/DDR gewinnen wollten. Das im Prinzip nur in Berlin und Düsseldorf aktive Ostbüro des DGB war aus dem Versuch hervorgegangen, mit der Unabhängigen Gewerkschaftsopposition (UGO) aus dem FDGB heraus einen demokrat. Gewerkschaftsbund für Berlin aufzubauen. Das DGB-Ostbüro befasste sich fast ausschließlich mit der Unterstützung von Gewerkschaftlern im Ostteil von Berlin. Analog hierzu befand sich beim BuV des FDGB ein „Büro für deutsche Gewerkschaftseinheit“ zur Koordinierung der Westarbeit, ostdeutsche Einzelgewerkschaften unterhielten entsprechende Einrichtungen.
Das DGB-Ostbüro arbeitete Zeit seiner Existenz logist. eng mit dem SPD-Ostbüro zusammen, in seinem Auftrag legte das SPD-Ostbüro Schriften auf und schmuggelte sie in die DDR. Wurde dies in den ersten Jahren meist kostenfrei erledigt, beteiligte sich der DGB später an den Kosten. So 1961 an zwei sogenannten Ballonaktionen, die die Gewerkschaften etwa 80 000 DM kosteten und schon vor ihrem Beginn durch einen Spitzel beim DGB an die Staatssicherheit verraten wurden.
Neben der Unterstützung von Gewerkschaftlern in Ost-Berlin und der DDR und der Informationsbeschaffung aus den Reihen des FDGB versah das Ostbüro des DGB auch quasi-staatliche Aufgaben in der Flüchtlingsbetreuung. Nachweisbar ist dies im Berliner Flüchtlingslager in Marienfelde. Diese Tätigkeit stieß teilweise auf Widerstand der anderen Parteien, die FDP versuchte dem DGB-Ostbüro - wenngleich vergeblich - den Zugang zu sperren. CDU und SPD hatten einen regen Informationsaustausch mit dem DGB-Ostbüro, nicht jedoch die Ostbüros von FDP, DP und FVP. Daneben kontaktierte der DGB, wie auch die Parteien, regelmäßig die Verfassungsschutzbehörden der Länder, hier vor allem die Düsseldorfer Behörde, deren Aufbau der DGB mitgestaltet hatte.
Wie das SPD-Ostbüro auch wurde das DGB-Ostbüro ab Mitte der 50er Jahre systemat. vom Staatssicherheitsdienst der DDR unterwandert. Es kann als gesichert gelten, dass gerade die massiven Schläge gegen das SPD-Büro aufgrund der Vernetzung beider Organisationen auch den DGB trafen. Die Staatssicherheit erklärte und verklärte die Erfolge im Kampf gegen die Ostbüros später vor allem mit dem Wirken des Agentenführers Paul Laufer (*1.1.1904-†11.6.1969) und der „Kundschafter“ Willi Gronau (*23.9.14) und seiner Freundin Karola.
Wahrscheinlich 1959 wurde das Ostbüro des DGB umbenannt in ein „Wiedervereinigungsbüro“ der DGB vollzog hiermit einen Schritt, den die FDP schon früher und die SPD anschließend tun sollte. Anfang der 60er Jahre, nach mehreren erfolgreichen Aktionen der Staatssicherheit, reorganisierte die SPD in Person ihres Ostbürochefs Stephan G. Thomas (*29.8.1910-†4.6.1987) das DGB-Ostbüro. Eine polit. Bedeutung hatte es jedoch weder vorher noch anschließend.
W.B.