FDGB-Lexikon, Berlin 2009


Jugendkollektiv. Das J. war eine häufig mit einer FDJ-Gruppe ident. Arbeitsgruppe von Jugendlichen. Zumeist wurde unter J. die Organisationsform der Jugendbrigade verstanden. Diese war gewöhnlich ein selbständiges Arbeitskollektiv junger Beschäftigter in Betrieben (s.a. Betrieb als Sozialisationsinstanz), Kombinaten, Genossenschaften und anderen Institutionen, es gab J. aber auch als Projektgruppen an Universitäten, Hoch- und Fachschulen. Ein J. umfasste normalerweise etwa 10-15 Mitglieder im Alter bis zu 25 Jahren. In Einzelfällen konnte das zuständige Leitungs- und Betreuungspersonal auch älter sein. Der Einfluss der SED wurde durch deren Mitglieder im J. gesichert.
Die Bildung eines J. erfolgte meistens in Verbindung mit einer zu lösenden Arbeitsaufgabe im Bereich von Produktion, Forschung und Dienstleistungen. Für diese in der Regel klar definierten und zeitlich befristeten Leistungen, bei denen es sich nicht selten um betriebliche Schwerpunktaufgaben handelte, wählte man häufig die Organisationsform des Jugendobjekts. Hierüber trafen das J., die FDJ-Leitung, die BGL und die Betriebsleitung eine schriftliche Vereinbarung. Die Initiative ging dabei oft von der jeweiligen FDJ-Leitung aus, die damit bei den regelmäßigen Mobilisierungskampagnen des Jugendverbandes die gewünschte Aktivität demonstrierte. Die Jugendobjekte verbanden Produktions- und Qualifizierungsfunktionen eng mit einer erzieher. Absicht. In Produktionsbetrieben fand sich ein J. vielfach auch als Jugendschicht, Jugendmeisterbereich und auf Großgeräten als Jugendbesatzung zusammen. Über den unmittelbaren Arbeitsbereich hinaus erstreckte sich die Wirksamkeit des J. auch auf den Freizeitbereich.
Eine besondere Rolle spielten die Zentralen Jugendobjekte, die formal unter der Regie der FDJ standen und zu den größeren Investitionsvorhaben gehörten (z.B. in den 80er Jahren der Bau der Erdgasleitung „Freundschaft“ und die FDJ-Initiative Berlin).
Der Jugendkult der Honecker-Ära begünstigte die Organisationsformen des J. und des Jugendobjekts. Zwischen 1971 und den frühen 80er Jahren nahm die Zahl der Jugendbrigaden auf ca. 40 000 und ihrer Mitglieder auf rund 470 000 um mehr als das Doppelte zu. 1989 sollen über 1 Mio. FDJ-Mitglieder an 109 000 Jugendobjekten beteiligt gewesen sein. 1977 beging man erstmals den „Tag der Jugendbrigaden“. 1982 wurden 200 J. mit dem Titel „Hervorragendes Jugendkollektiv der DDR“ ausgezeichnet.
P.H.