FDGB-Lexikon, Berlin 2009


Eingabe. E. waren formlose Bittschriften, Beschwerden, Hinweise, kritische Einwände oder Vorschläge, die von jedem Bürger an staatliche Institutionen, den SED-Apparat oder auch einen verantwortlichen Funktionär bis hin zum Staats- und Parteichef gesandt werden konnten. Sie waren ein gewisser Ersatz für die in der DDR 1952 abgeschaffte Verwaltungsgerichtsbarkeit und fungierten so als Mittel der Konfliktbewältigung. Da der DDR-Bürger von diesem Mittel in sehr großem Umfang Gebrauch machte (zuletzt ca. 750.000 E. pro Jahr) und es kaum einen Bereich des gesellschaftlichen Lebens in der DDR gab, der nicht Gegenstand von Eingaben durch Bürger wurde, waren E. zugleich ein Informationsmittel für die staatliche Verwaltung und den Parteiapparat über gesellschaftliche Missstände und Probleme. Obwohl gemäß dem entsprechenden Gesetz keinem Bürger aus einer E. ein Nachteil entstehen durfte, waren E., die das Machtmonopol der Partei zu beeinträchtigen drohten, oder andere, aus Sicht der SED sicherheitsrelevante Bereiche betrafen, durchaus mit einem Risiko für den Verfasser der E. verbunden, nicht selten wurde der Staatssicherheitsdienst eingeschaltet. Da der FDGB seine Aufgabe als Interessenvertretung der Arbeitnehmer nur in sehr begrenztem Maße erfüllte und Streiks faktisch verboten waren, wurden E. auch häufig genutzt, um Arbeitskonflikte unterschiedlichster Art im Betrieb zu lösen.
S.K.