FDGB-Lexikon, Berlin 2009


Delegierungsvertrag. Lt. Arbeitsgesetzbuch (AGB) von 1977 vorgesehene Rechtsgrundlage für die zeitlich befristete, meist aus arbeitsorganisator. Gründen vorgenommene Versetzung eines Werktätigen in einen anderen als den arbeitsvertraglich vorgesehenen Betriebsbereich oder einen ganz anderen Betrieb. Der ursprünglich geschlossene Arbeitsvertrag bestand unbenommen vom D. fort.
Die Betriebsleitung hatte das Recht, eine zeitlich befristete Delegierung anzuordnen, etwa wenn es um die Überbrückung einer Notsituation in einem anderen Betriebsbereich oder um die Lösung einer „volkswirtschaftlichen Schwerpunktaufgabe“ ging. Ein entsprechender D. war mündlich oder - wenn die Delegierung länger als zwei Wochen dauern sollte - schriftlich zwischen Betriebsleitung und Werktätigem zu vereinbaren. Die BGL musste über den Abschluss von D. lediglich in Kenntnis gesetzt werden. In der Regel war sie jedoch bei der Aushandlung von D. stets mit eigenen Vertretern zugegen, um die betroffenen Werktätigen beraten zu können. In welchem Sinne sie dieses Beratungsrecht wahrnahm, war von Fall zu Fall unterschiedlich: das Spektrum reichte von der strengen Wahrung aller gesetzlich zugesicherten Rechte des Werktätigen bis hin zu seiner Beeinflussung mit polit.-ideolog. und moral. Argumenten, der eigenen Delegierung trotz zusätzlicher Belastungen (wie etwa weitere Anfahrwege und höhere Arbeitsanforderungen) im Interesse übergeordneter betrieblicher oder volkswirtschaftlicher Ziele zuzustimmen. Dem Werktätigen selbst stand kein formelles Widerspruchsrecht zu. War er mit seiner Delegierung absolut nicht einverstanden, blieb ihm letztlich nur die Möglichkeit, sein Arbeitsverhältnis ganz zu kündigen - eine Möglichkeit, von der allerdings nur wenige tatsächlich Gebrauch machten.
F.S.