FDGB-Lexikon, Berlin 2009


Betriebsrätegesetz. Der Alliierte Kontrollrat, der nach dem Ende des II. WK die oberste Regierungsgewalt im besetzten Deutschland übernommen hatte, erließ am 10.4.1946 ein für alle vier Besatzungszonen gültiges B. (als Kontrollratsgesetz Nr. 22), das bereits am 17.4.1946 in Kraft trat.
Damit erhielten die unmittelbar nach Kriegsende auch in zahlreichen Betrieben der SBZ nach dem Vorbild der Weimarer Republik spontan gebildeten Betriebsräte eine einheitliche gesetzliche Grundlage; zuvor konnten sie sich nur in Thüringen, das zunächst von den Amerikanern besetzt war, auf ein Landesgesetz stützen. Das B. des Alliierten Kontrollrats unterschied sich vom B. der Weimarer Republik von 1920 vor allem dadurch, dass es die Betriebsräte nicht mehr zur Unterstützung der Unternehmer bei der Erfüllung der Unternehmenszwecke verpflichtete. Die Aufgabe der Betriebsräte sollte nun klar und eindeutig in der „Wahrnehmung der beruflichen, wirtschaftlichen und sozialen Interessen der Arbeiter und Angestellten in den einzelnen Betrieben“ liegen. Weitere Unterschiede lagen darin, dass die Betriebsratswahlen nicht mehr getrennt nach Arbeitern und Angestellten, sondern einheitlich abgehalten werden sollten und dass die Betriebsräte ausdrücklich zur Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften aufgefordert wurden. Konkrete Mitbestimmungsrechte für die Betriebsräte wurden nicht benannt.
Das B. des Alliierten Kontrollrats sah die Betriebsräte und die Arbeitgeber als Partner, die in vielen innerbetrieblichen Angelegenheiten, vor allem bei der Gestaltung der Arbeits- und Lebensbedingungen, bei Einstellungen und Entlassungen sowie bei der Bearbeitung von Beschwerden aus der Belegschaft zusammen arbeiten sollten. Zur Regelung der Verhältnisse im Einzelnen sollten sie Betriebsordnungen vereinbaren und über ihre Anwendung wachen.
Da das B. des Alliierten Kontrollrats ein allgemeines Rahmengesetz war, gingen die in der betrieblichen Praxis der SBZ aufgestellten Betriebsordnungen, für die sich im allgemeinen Sprachgebrauch der schon vorher übliche Begriff der Betriebsvereinbarung durchsetzte, in ihren Einzelbestimmungen zu den Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechten der Betriebsräte oft weit darüber hinaus. Während das B. zum Beispiel nur vom Recht der Betriebsräte sprach, Vorschläge für die Verbesserung der Produktionsweise zu unterbreiten, hielten zahlreiche Betriebsvereinbarungen das Recht der Betriebsräte zur Kontrolle der Produktion und ihrer Verteilung fest. Die FDGB-Spitze selbst unterstützte solche großzügigen Interpretationen, um ihren anfänglich eher geringen Einfluss auf die Betriebsrätebewegung nicht zu verlieren, sondern ihn zu festigen.
F.S.