FES HOME MAIL SEARCH HELP NEW
[DIGITALE BIBLIOTHEK DER FES]
TITELINFO / UEBERSICHT



TEILDOKUMENT:


[Seite der Druckausg: 67]


Rheinland-Pfalz

Page Top

Beginn und Grundphilosophie des Reformprozesses

In Rheinland-Pfalz hat sich Ende der 80-er Jahre eine Kommission von Wissenschaftlern und Verwaltungspraktikern mit der Verwaltungsreform auf Länderebene befaßt. Die Kommission empfahl in ihrem Bericht vom September 1989, die Ministerialinstanz auf Zukunftsaufgaben auszurichten und von Vollzugsaufgaben zu entlasten. Zu einer solchen Neuorientierung der obersten Landesverwaltung kam es in der Folgezeit nicht. Aber die Landesregierung realisierte etliche Empfehlungen der Kommission, die sich insbesondere auf die Verwaltungsvereinfachung und die Privatisierung von Aufgaben bezogen. Nach dem Regierungswechsel vom Frühjahr 1991 setzte die neue SPD/FDP-Regierung unter Ministerpräsident Rudolf Scharping die Reformpolitik der Verwaltungsvereinfachung durch Aufgabendelegation und Straffung der Behördenorganisation fort.

Als Kurt Beck das Amt des Ministerpräsidenten übernahm, erweiterte er in seiner Regierungserklärung vom Oktober 1994 das Ziel der Verwaltungsreform in Rheinland-Pfalz und kündigte zusätzlich zur Straffung der Regierungsarbeit eine umfassende Verwaltungsmodernisierung an. Die Notwendigkeit der Reform begründete er in erster Linie mit den steigenden Personalkosten, verwies aber auch auf die Bedeutung einer investitionsfreundlichen Verwaltung als Standortfaktor und die Notwendigkeit, sich in Richtung „Bürgerfreundlichkeit" weiterzuentwickeln.

Folgende Modernisierungsfelder werden im Rahmen der rheinland-pfälzischen Verwaltungsreform bearbeitet:

  • Aufgabenkritik und Aufgabenumbau,

  • Rechtsvereinfachungen und Gesetzesfolgenabschätzungen,

  • Rationalisierung von Entscheidungsstrukturen (unter besonderer Berücksichtigung des politischen Controlling) und Verbesserung der internen Verfahren,

  • Einführung und Verbreitung neuer Steuerungsinstrumente,

  • Verbesserung des Personalmanagements.

Durch die Öffnung des Modernisierungsprozesses weg von punktuellen Ansätzen hin zu grundsätzlichen Fragestellungen will die rheinland-pfälzische Regierung zu einer umfassenden Reformbewegung kommen.

Page Top

Akteure und Arbeitsstrukturen

Zur Organisation des Reformprozesses setzte die Regierung im Dezember 1994 eine Verwaltungsmodernisierungskommission (VMK) ein, die von Prof. Dr. Carl Böhret fachwissenschaftlich und dem Chef der Staatskanzlei, organisatorisch geleitet wird. Der Kommission gehören sechs Staatssekretäre verschiedener Ressorts und Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung an. Ein Beirat mit Repräsentanten der kommunalen Spitzenverbände, der Gewerkschaften, der Arbeitgeber, der Kommunen, der Frauenorganisation und der im Landtag vertretenen Fraktionen unterstützt die Kommission bei ihrer Arbeit. Die VMK besitzt in der Staatskanzlei eine eigene Geschäftsstelle.

Über Modernisierungsbeauftragte hat die Kommission Verbindung zu den Ressorts, zur Landesvertretung sowie zu den Bezirksregierungen. Für verschiedene Reformvorhaben sind auf Vorschlag des VMK ressortübergreifende Arbeitsgruppen gebildet worden.

[Seite der Druckausg: 68]

Page Top

Strukturreformen

Ministerpräsident Beck ging bei der Straffung der Verwaltung mit gutem Beispiel voran: Bei der Regierungsübernahme verkleinerte er das Kabinett von elf auf acht Ressorts.

Kernstück der gegenwärtigen Verwaltungsumstrukturierungen in Rheinland-Pfalz ist die Umwandlung der Mittelinstanz. Die drei Regierungspräsidien sollen aufgelöst und durch folgende Einrichtungen ersetzt werden:

  • In zwei „Struktur- und Genehmigungszentren" sollen künftig die staatlichen Genehmigungsverfahren gebündelt werden. Durch die Integration der Ämter für Wasser- und Abfallwirtschaft sowie der Gewerbeaufsichtsämter wird in diesem Bereich auf eine Verwaltungsebene vollständig verzichtet.

  • Die Aufgaben staatlicher Aufsicht werden an ein landesweit zuständiges „Aufsichts- und Service-Center" übertragen.

  • Ein neu zu gründendes Landesuntersuchungsamt übernimmt die Aufgaben Lebensmittelüberwachung und Veterinärwesen, Gesundheit und Pharmazie, die bislang von den Bezirksregierungen und den verschiedenen Untersuchungsämtern wahrgenommen wurden.

  • Im Bereich Forsten werden Aufgaben der Bezirksregierungen und verschiedener forstlicher Einrichtungen in einer forstlichen Zentralstelle zusammengefaßt und bei einem der Struktur- und Genehmigungscenter angesiedelt.

Den Beschluß für diese umfassende Umstrukturierung faßte der Ministerrat am 21. April 1998. Seit 1996 hatte eine eigens für die Neuorganisation der Landesverwaltung eingesetzte Expertenkommission Vorschläge für das Vorhaben ausgearbeitet. Der Kommission gehörten Verwaltungsvertreter (darunter vier Staatssekretäre), Mitglieder des rheinland-pfälzischen Landtages, Vertreterinnen und Vertreter der Personalräte sowie externe Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft und von Unternehmensberatungen an. Die Einbindung der verschiedenen Gruppierungen bereits in der Vorbereitung hat dazu geführt, daß auch die Umsetzung von Seiten aller Beteiligten mitgetragen wird.

Im Rahmen der Neugliederung der Zuständigkeiten werden neben den Bezirksregierungen auch 25 Sonderbehörden aufgelöst. Die Zahl der Stellen soll in den nächsten 15 bis 20 Jahren um 750, rund ein Drittel der bisher Beschäftigten, verringert werden.

Im Gegensatz zu den regional ausgerichteten Bezirksregierungen mit parallelen Aufgabenfeldern ist die Bildung der Center auf funktionale Aufgabenteilung angelegt. Von den relativ größeren Aufgabenvolumina verspricht sich die Expertenkommission eine bessere Ausschöpfung von Rationalisierungsreserven. Der Koordinierungsaufwand, den die jeweiligen Ministerien bisher gegenüber den Bezirksregierungen zu betreiben hatten, wird verringert. Zudem wird unterstellt, daß die Verlagerung von Vollzugsaufgaben von der ministeriellen Ebene auf die nachgeordneten Bereiche erleichtert wird.

Der jetzige Beschluß ist ein Kompromiß zwischen den Koalitionspartnern. Die FDP hatte in den Koalitionsvereinbarungen von 1996 die ersatzlose Auflösung der Bezirksregierungen festschreiben lassen. Der Widerstand der SPD führte dazu, daß die Mittelinstanz neu strukturiert, aber nicht ersatzlos abgeschafft wird.

In den Ministerien für Inneres und Sport sowie für Arbeit, Gesundheit und Soziales sind Organisation und Struktur überprüft worden. Auf der Basis eines 1995 vorgelegten Gutachtens hat man verschiedene Bereiche des Innenministerium umstrukturiert. So wurden zum Beispiel mehrerer Abteilungen und Referate zusammengelegt. Ein Pilotprojekt stellt dabei die Umorganisation der Abteilung Sport in eine Stabsstelle Sport dar. Statt in Referaten mit Referenten und Sachbearbeitern werden die Aufgaben in Arbeitsbereichen erledigt, in denen die Verantwortung auf alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verteilt ist – unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zum höheren, gehobenen oder mittleren Dienst.

[Seite der Druckausg: 69]

Auch in der Justizverwaltung und im Rahmen des Projektes „Finanzamt 2000" sind traditionelle Arbeitsteilungen aufgelöst worden. Arbeitsgruppen (Service-Einheiten) beziehungsweise einzelne Bearbeiter erledigen die Fälle nun komplett.

Eine Reihe weiterer, zum Teil umfassender Verwaltungsneuorganisationen sind bereits abgeschlossen, darunter die Polizeireform, die Agrarverwaltungsreform und die Reform des öffentlichen Gesundheitsdienstes.

Das Liegenschaftsvermögen des Landes soll künftig nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten verwaltet und verwertet werden. Zum 1. Januar 1998 ist die Staatsbauverwaltung in den Landesbetrieb „Liegenschafts- und Baubetreuung" (LBB) überführt worden. Damit wurde bereits eine organisatorisch und rechtlich verselbständigte Einheit geschaffen, die jedoch nur als Übergangslösung gedacht ist: Zum Jahresanfang 1999 geht der Landesbetrieb in eine GmbH & Co. KG über. Ausschlaggebend für die Wahl der Rechtsform ist die Tatsache, daß sich hierdurch die Übertragung des Immobilienvermögens vom Land auf die LBB grunderwerbssteuerfrei realisieren läßt. Nicht übertragen werden die Straßen- und Forstgrundstücke, Konversionsareale, Hochschulliegenschaften sowie Stiftungen und Anstalten.

Für die Dienststellen fallen nach der Übereignung der Liegenschaften Mietbelastungen an, die zu einem kostenbewußteren Umgang mit den Immobilien anhalten sollen. Für einen Übergangszeitraum von acht Jahren sind die Ressortministerien verpflichtet, ihren Raum- und Flächenbedarf ausschließlich durch den Abschluß von Miet- und Pachtverträgen mit der LBB GmbH & Co. KG zu decken. Die Übergangsfrist wurde vor dem Hintergrund festgelegt, daß die LBB die gesamten knapp 1700 Beschäftigten der vormaligen Staatsbauverwaltung übernimmt. Nach Ablauf der Übergangszeit herrscht Abschlußfreiheit.

Die LBB GmbH & Co KG soll sich in drei Geschäftsfeldern betätigen: Der Bereich Vermögensmanagement umfaßt das Anbieten der Mietobjekte auf dem internen und externen Markt, die Verwaltung der Mietverhältnisse, das Sicherstellen der Vermietbarkeit und Werterhaltung und das Erstellen wirtschaftlicher Nutzungskonzepte für entwickelbare Projekte. Die Gebäudebewirtschaftung bleibt Aufgabe der Mieter, die allerdings mit der KG Verträge über die Ver- und Entsorgung, Reinigungs-, Pförtner- und Bewachungsdienste abschließen können. Der dritte Bereich umfaßt mit der Vergabe von Bauleistungen, den Architekten- und Ingenieurleistungen, der Umsetzung, Leitung und Überwachung von Bauvorhaben den angestammten Aufgabenbereich der bisherigen Staatsbauverwaltung.

Eine umfassende Aufgabenkritik gehört in Rheinland-Pfalz zur Grundphilosophie der Verwaltungsreform. Um die angestrebte Rückführung der öffentlichen Aufgaben auf einen Kernbestand zu forcieren, beschloß die Verwaltungsmodernisierungskommission die Einrichtung einer Arbeitsgruppe „Aufgabenumbau". Diese soll einen Ansatz für eine Aufgabenkritik erarbeiten, die über den rein administrativen Bereich hinausgeht und auch politische Fragen der Zweckkritik umfaßt. Auch die Neuorganisation der Landesverwaltung unter Auflösung der Bezirksregierungen wird aufgabenkritisch umgesetzt: Bei der Zuordnung von Aufgaben zu den neuen Behörden wird regelmäßig eine Aufgabenkritik vorgeschaltet. Im vorgesehenen Organisationsgesetz wird eine permanente Aufgabenkritik festgeschrieben werden. Aufgabenkritische Erkenntnisse der Arbeitsgruppe Aufgabenumbau werden zur Überprüfung der Verwaltungsvorschriften und Standards aufgegriffen.

Page Top

Vorschriften- und Verfahrensvereinfachungen

Die Deregulierung ist ein zentrales Anliegen der Verwaltungsreform in Rheinland-Pfalz. Bereits Anfang der 80er Jahre reduzierte das Land die Verwaltungsvorschriften erheblich: In zwei Jahren schrumpfte die Zahl damals von 6.000 auf 1.100.

[Seite der Druckausg: 70]

Im Zuge der jetzigen Reformen trat erstmalig 1997 eine Arbeitsgruppe „Verwaltungsvorschriften und Standards" zusammen. Sie überprüft zum einen, ob die in den Vorschriften enthaltenen Standards im bisherigen Umfang benötigt werden oder abgesenkt werden können, zum anderen aber auch die Verwaltungsvorschriften im ganzen auf ihre Notwendigkeit. Die Ressorts sind verpflichtet, alle Verwaltungsvorschriften der Arbeitsgruppe vorzulegen, die neu erlassen oder in ihrer Geltungsdauer verlängert werden. Sie müssen die Vorschriften nach einer Kriterienliste begründen sowie das Nutzen-Kosten-Verhältnis der Vorschrift darstellen.

Inzwischen sind alle Verwaltungsvorschriften in Rheinland-Pfalz mit einem „Verfallsdatum" ausgestattet. Nur eine Prüfung durch eine Arbeitsgruppe bei der Staatskanzlei kann das automatische Außerkrafttreten einer Verwaltungsvorschrift (spätestens zum 31.12.1999) verhindern. Diese Prüfung der Notwendigkeit von Verwaltungsvorschriften und der darin enthaltenen Standards kann in diesem Verfahren, das die „Beweislast" für die Berechtigung der Norm den Ministerien aufbürdet, wirkungsvoller als mit anderen Methoden vorgenommen werden. Als Synergieeffekt hoch willkommen ist die Chance, in den mündlichen Verhandlungen über die Verwaltungsvorschriften das Problembewußtsein der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schärfen und die Philosophie der Verwaltungsmodernisierung zu transportieren.

In Bezug auf Verwaltungsvorschriften, die kommunale Gebietskörperschaften betreffen, berät zudem ein Kommunaler Rat mit Vertretern der kommunalen Spitzenverbände (Landkreistag, Städtetag und Gemeinde- und Städtebund) die Landesregierung. Der im Dezember 1995 konstituierte Rat gibt der Regierung in allen Belangen Empfehlungen, die für die Gemeinden und Gemeindeverbände von Bedeutung sind.

Erstmals in Rheinland-Pfalz wurde beim Landeswaldgesetz ein Verfahren der prospektiven Gesetzesfolgenabschätzung (GFA) konkret durchgeführt. Hierbei werden bereits vor der Formulierung eines Referentenentwurfs programmatische Alternativen entwickelt, ihre konkreten Folgen für die Praxis abgeschätzt, dargestellt und die Ergebnisse bewertet. Die Vorschriften werden in Hinblick auf ihre Problemangemessenheit, auf die Wirksamkeit und auf die Übereinstimmung von geschätzten und tatsächlichen Kosten überprüft.

Für die geplanten Struktur- und Genehmigungszentren wurde mit dem Hauptpersonalrat eine neue ergebnisorientierte Organisationsstruktur entworfen, die unter anderem auf die Verkürzung der Genehmigungsverfahren abzielt. Zuvor hatte bereits ein Arbeitskreis „Verfahrensbeschleunigung" konkrete Empfehlungen zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren erarbeitet. Die rund 20 Vertreterinnen und Vertreter rheinland-pfälzischer Unternehmen und Organisationen in dem Arbeitskreis schlugen vor, das bereits erprobte und erfolgreiche Projektmanagement bei Genehmigungsverfahren durch den Einsatz privatwirtschaftlicher Qualitätssicherungsmethoden und durch Benchmarking zu festigen.

Eine Deregulierungskommission beim Umweltministerium hat darüber hinaus mögliche Vereinfachungen von Genehmigungsverfahrenen sowie den Abbau von Melde- und Überwachungspflichten vorgeschlagen, soweit Unternehmen sich am Öko-Audit beteiligen.

Page Top

Personalmanagement

1992 beschloß die Landesregierung ein Personalbewirtschaftungskonzept, das im Wege der üblichen Personalfluktuation für die Zeit bis zum Jahr 2001 jährliche Einsparungen von rund 500 Stellen pro Jahr vorsieht. Dieser Personalabbau entspricht bei rund 90.000 Landesbediensteten einem Satz von etwa 5 Prozent.

Seit in Rheinland-Pfalz die Personalkostenverantwortung dezentral bei den Ressorts liegt, ist die Entwicklung der Personalzahlen an die Festschreibung der Personalbudgets gekoppelt.

[Seite der Druckausg: 71]

Die Budgetfortschreibungen ab 1999 sollen zum einen zwecks Inflationsausgleich jährlich einen Aufschlag von 1,5 Prozent erfahren, zum anderen aber auch einen angenommenen Produktivitätsfortschritt von 1,5 bis 2 Prozent antizipieren. In der Summe ergibt sich eine annähernde Stagnation der Personalbudgets. Angesichts steigender Gehälter und Löhne müssen Stellen abgebaut werden, um die Budgets einzuhalten. Bisherige Rechnungen gehen von einer jährlichen Personalreduzierung von 1,5 Prozent aus. Seit 1998 umfaßt die Personalkostenbudgetierung auch die Versorgungslasten einschließlich Beihilfen.

Auf die steigenden Versorgungslasten reagierte Rheinland-Pfalz mit der Gründung eines Pensionsfonds. Ab 1. Oktober 1996 wird für neu eingestellte Beamtinnen und Beamte regelmäßig eine Kapitalrücklage in Höhe von etwa 25 Prozent der Aktivbezüge in den Fond eingezahlt. Die Beiträge werden in den Einzelplänen der Ressorts veranschlagt. Mit diesem „Mainzer Modell" sollen die Versorgungsleistungen transparenter gemacht und die Finanzierbarkeit gewährleistet werden.

Die Verbesserung des Personalmanagements, insbesondere die Stärkung der Personalmobilität, zielorientierte Führung, projektbezogene Fortbildung und die Rationalisierung des Dienstrechts gehören zum Reformprogramm. Im Rahmen der dienstlichen Fortbildung werden den Führungskräften aller Ebenen Fortbildungsveranstaltungen zur Verwaltungsmodernisierung an. Um die Qualifikationen für den Einsatz betriebswirtschaftlicher Steuerungsinstrumente zu schaffen, ist für die Beschäftigten der mittleren Führungsebene ein berufsintegrierter Studiengang „Verwaltungsbetriebswirtschaft" neu eingerichtet worden. In drei Ministerien und der Staatskanzlei sind Mitarbeiter-Vorgesetzten-Gespräche institutionalisiert.

Zur Unterstützung der dezentralen Personalverwaltung soll in Rheinland-Pfalz eine dienststellenbezogene Personaldatenbank aufgebaut werden. Ziel ist es, ein in anderen Bundesländern bereits bestehendes Personalverwaltungssystem zu übernehmen, um sich die zeit- und kostenaufwendige Programmierphase zu ersparen.

Page Top

Mitarbeiterbeteiligung

Die Landesregierung unterzeichnete gemeinsam mit den Gewerkschaften und dem Deutschen Beamtenbund „gemeinsame Erklärungen" zur Reform und Modernisierung der rheinland-pfälzischen Landesverwaltung. Ziel der Rahmenvereinbarung ist es, den Beschäftigten die Skepsis vor den anstehenden Veränderungen zu nehmen, ihnen Entwicklungschancen anzubieten und sie zu motivieren, sich aktiv am Reformprozeß zu beteiligen. Die Interessenvertretungen der Beschäftigten wirken an den einzelnen Pilotprojekten mit.

1994 hatte die Landesregierung einen Ideenwettbewerb zur Modernisierung der Verwaltung ausgeschrieben. Unter dem Motto „Frischer Wind in die Amtsstuben" wurden insgesamt 398 Vorschläge eingereicht, von denen jeder fünfte nach den Kriterien „Originalität, Umsetzbarkeit und Erfolgsaussichten" prämiert werden konnte. Die ersten vier Preise wurden im Bereich der EDV verliehen.

Auch in Rheinland-Pfalz wird versucht, eine Verwaltungsphilosophie als Leitbild zu formulieren. Der Entwurf eines Leitbildes liegt vor. Die Diskussion um die endgültige Fassung mit möglichst allen Beschäftigten ist zunächst zurückgestellt worden, da die Umstrukturierungen in Zusammenhang mit der Neugestaltung der Mittelinstanz zur Zeit erhebliche Kräfte binden.

Das Ministerium für Arbeit, Soziales und Gesundheit hat bereits ein ressortspezifisches Leitbild eingeführt. In Mitarbeiterversammlungen und Arbeitsgruppen wurden Vorschläge gesammelt und ausgewertet. Insgesamt beteiligten sich 70 Prozent der Beschäftigten. Nachdem die Leitsätze formuliert waren, fanden Schulungen für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter statt, in denen der Frage nachgegangen

[Seite der Druckausg: 72]

wurde, welche Veränderungen in der Behördenstruktur und im Arbeitsverhalten ein Ausfüllen des Leitbildes bedingt. In der Folge sollen jetzt neben anderen Neuerungen Vorgesetzten-Beurteilungen durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingeführt werden.

Page Top

Neue Steuerungsinstrumente

In der Koalitionsvereinbarung von 1996 einigten sich SPD und FDP, Budgetierung und Controlling zu einem durchgängigen Prinzip der Landesverwaltung zu machen.

Die Landesregierung testet zunächst zwei Jahre in Modellprojekten bei Hochschulen, Schulen, Polizei und Forstverwaltung, inwieweit durch die Budgetierung eine Steigerung der Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit erreicht werden kann. Als effektiv bewerteten die Ressorts in ersten Befragungen insbesondere die Übertragbarkeit der Mittel auf das nächste Haushaltsjahr und die Ausbringung von Koppelungsvermerken, mit denen erzielte Einnahmen bei der Organisationseinheit verbleiben. Im Bereich Forstverwaltung-Forstbetrieb wurden Budgetierung und Controlling flächendeckend mit erheblichen Effizienzeffekten eingeführt. Die Einführung eines Verwaltungscontrolling im Bereich der forstlichen Hoheitsverwaltung steht unmittelbar bevor. Dabei hat sich gezeigt, daß diese Instrumente durchaus mit Erfolg auch auf die „klassische Verwaltung" übertragen werden können.

Die Landesregierung hat darüber hinaus die Personalausgaben in die dezentrale Ressourcenverantwortung überstellt. Aus den ersten Quartalsberichten geht hervor, daß die Ressorts im Personalbereich die schon reduzierten Budgets noch unterschreiten konnten. Es wird überlegt, den Anreiz zum Unterschreiten des Budgets weiter zu verstärken, indem ein Bonus-/Malus-System installiert wird. Damit läßt sich die Übertragung von Ausgaberesten in politisch gewollte Bereiche fördern (Bonus). Die Übertragung in politisch nicht als förderungswürdig qualifizierte Bereiche wird mit einem Abschlag versehen (Malus).

Parallel zu den Budgetierungsprojekten wird in ausgewählten Verwaltungsbereichen auch die Kosten- und Leistungsrechnung erprobt.

Die Entwicklung eines Verwaltungscontrollings erfolgte bislang beim Ministerium für Umwelt und Forsten und beim Finanzministerium. Dafür sind an Produkten der Verwaltung orientierte Kennzahlensysteme erarbeitet worden.

Wohin die Entwicklung der neuen Steuerungsinstrumente letztlich führen soll, wird in Rheinland-Pfalz wie folgt beschrieben: Die Vision des künftigen Haushalts zeichnet sich durch die Unterteilung in einen Kern- und einen Betriebshaushalt aus. Der Kernhaushalt ist reduziert auf das unabdingbare Ausmaß, das notwendig ist, um ausschließlich strategische Funktionen zu leisten, wie das Erstellen des politischen Programms. Für die Durchführung der aus dem Programm abgeleiteten Aufgaben erhalten die Ressorts Jahresbudgets und schreiben als „Auftraggeber" die Durchführung der Aufgaben aus. Die bisherigen Verwaltungsapparate - dann kaufmännisch geführte Betriebshaushalte - und private Dritte bewerben sich um die Aufträge.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2001

Previous Page TOC Next Page