FDGB-Lexikon, Berlin 2009


Landwirtschaftliche Gewerkschaftsarbeit. Für den FDGB machte die l.G. nicht durchgängig einen Schwerpunkt seiner Tätigkeit aus, denn die meisten Erwerbstätigen in der Land- und Forstwirtschaft wurden anfangs als private Bauern, später als Mitglieder von Landwirtsch. Produktionsgenossenschaften (LPG) zu den unmittelbaren Eigentümern von Produktionsmitteln gezählt und wurden deshalb von einer Mitgliedschaft im FDGB prinzipiell ausgeschlossen.
Grundsätzlich beitreten konnten dem FDGB nur die unselbständig Beschäftigten in land- und forstwirtsch. Betrieben sowie bei ihren Kooperationseinrichtungen, also beispielsweise die Landarbeiter bei privaten Bauern und auf Volkseigenen Gütern oder in Forstverwaltungen, die Beschäftigten der Raiffeisengenossenschaften und der Maschinen-Ausleih-Stationen sowie diejenigen Beschäftigten der LPG, die keine Genossenschaftsanteile besaßen, außerdem die bei den Zwischengenossenschaftlichen und Kooperativen Einrichtungen (ZGE/KOE) beschäftigten Personen; sofern mehr als 20 Beschäftigte pro Betrieb dem FDGB angehörten, wurde eine Betriebsgewerkschaftsorganisationen (BGO) gebildet (ab 1977 bereits bei zehn FDGB-Mitgliedern pro Betrieb). Die Einzelmitglieder eines Dorfes, also alle Personen, die in ortsansässigen land- und forstwirtschaftlichen Betrieben beschäftigt waren, in denen es keine BGO gab, sowie außerdem Rentner, Hausfrauen, Hausangestellte und Heimarbeiter, wurden zur Dorfgewerkschaftsorganisationen (DGO) zusammengefasst, eine Sonderform der Ortsgewerkschaftsorganisationen (OGO); ab 1968 bekamen sie den Status regulärer OGO zugemessen. Einzelmitglieder wie Angehörige von BGO wurden in der Gew. Land und Forst zusammengefasst, der 1977 rund 560 000 Personen und 1982 rund 640 000 Personen angehörten. Verglichen mit den Mitgliedszahlen anderer Einzelgewerkschaften repräsentierten sie nur eine kleine Minderheit von 7% der gesamten FDGB-Mitgliedschaft.
Abhängig von der aktuellen SED-Agrarpolitik, hatte der FDGB gleichwohl phasenweise relativ großes Gewicht auf die l.G. zu legen, etwa als 1945/46 die Landarbeiter für die Bodenreform mobilisiert werden sollten, oder als in den Jahren 1948-52 u.a. mit Hilfe der staatlichen Maschinen-Traktoren-Stationen der „Klassenkampf“ gegen die „Großbauern“ forciert wurde, vor allem aber als es schließlich in den späten 50er Jahren darum ging, die Vollkollektivierung der Landwirtschaft durchzusetzen. Im Juni 1958 verabschiedete der FDGB-BuV eigens ein „Programm der Gewerkschaften zur Unterstützung der sozialist. Umgestaltung der Landwirtschaft in der DDR“. Die Leitungen und Vorstände des FDGB wie der Einzelgewerkschaften wurden darin verpflichtet, ihre Funktionäre und Mitglieder zu kampagneartig vorbereiteten Einsätzen auf das Land zu schicken, um die Bauern zum Beitritt zu einer LPG zu bewegen. Besonders empfohlen wurde das Abhalten „Roter Treffs“ in Dörfern und Genossenschaften zur besonders intensiven Überzeugungsarbeit unter den Bauern und das Abschließen von Patenschaftsverträgen zwischen Industriebetrieben und neu gegründeten LPG zu deren wirtsch. Unterstützung etwa durch Bereitstellung von Landmaschinen.
In der Selbstdarstellung des FDGB spielte die l.G. nach Abschluss der Kollektivierung kaum noch eine Bedeutung, auch wenn er von Zeit zu Zeit erneut für die agrarpolit. Kampagnen der SED eingespannt wurde, etwa für den Übergang zur industriellen Tierproduktion in den 70er Jahren.
F.S.