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TEILDOKUMENT:
[Seite der Druckausg.:21]
Der wachsende weltweite Markt für Öko-Produkte, an dem die EU einen Anteil von knapp 50 Prozent und Deutschland einen Anteil von knapp 13 Prozent hat, ist auch für Entwicklungsländer interessant. So importiert die EU Öko-Produkte aus mehr als 60 verschiedenen Entwicklungsländern. Wie wird sich die verstärkte Förderung des Öko-Landbaus in der EU auf die Importe von Öko-Produkten aus Entwicklungsländern auswirken? Insbesondere muß zwischen der Angebotsförderung und der Nachfrageförderung (inkl. Verbesserung der Vermarktungsstrukturen) unterschieden werden. Angebotsförderung im Inland, wie z. B. die Erhöhung der Flächenprämien in vielen Bundesländern, verschafft den inländischen Produzenten einen Wettbewerbsvorteil gegenüber ausländischen Produzenten, die diese Prämien nicht erhalten. Allerdings dürfte der Effekt der Verdrängung von Importen aus Entwicklungsländern relativ gering sein, da Entwicklungsländer überwiegend Öko-Produkte exportieren, die nicht mit EU-Produktion konkurrieren (Tee, Kaffee, tropische Früchte). Eine Förderung der Nachfrage nach Öko-Produkten, wie sie im Rahmen des Bundesprogramms Ökolandbau vorgesehen ist, wird sich auch positiv auf die Nachfrage nach Öko-Produkten aus Entwicklungsländern auswirken. Positiv zu bewerten ist in diesem Zusammenhang die Offenheit des neuen deutschen Ökosiegels für Produkte aus dem Ausland, die den Anforderungen der EU-Öko-Verordnung entsprechen. Bei einer Ausweitung des inländischen Marktanteils von Öko-Produkten wird es voraussichtlich, unabhängig von der Ursache des höheren Marktanteils, zu geringeren Marketingmargen vor allem aufgrund von größeren Einheiten und der Erschließung neuer Absatzkanäle im konventionellen Lebensmitteleinzelhandel kommen. Dieser Effekt, der über niedrigere Endverbraucherpreise zur Absatzsteigerung führt, kommt auch Produkten aus Drittländern zugute. Vor dem Hintergrund der oben beschriebenen Entwicklungen ist es wahrscheinlich, daß sich auch die Nachfrage nach Öko-Produkten aus Drittländern erhöht. Wie wirkt sich dies auf die Entwicklungsländer aus? Zum einen ist ein positiver Einkommenseffekt zu erwarten, da im ökologischen Landbau aufgrund des höheren Arbeitseinsatzes eine höhere Wertschöpfung erreicht wird. Außerdem entsprechen die vergleichsweise hohe Arbeitsintensität und geringe Kapitalintensität des Ökologischen Landbaus den komparativen Vorteilen vieler Entwicklungsländer, und die Anpassungskosten sind tendenziell geringer als in Industrieländern, da die Landwirtschaft häufig weniger vorleistungsintensiv ist. Weiterhin hat der Ökologische Landbau eine Reihe von lokalen positiven externen Effekten, die bei einem Export der Produkte von den Konsumenten der importierenden Ländern bezahlt werden: Positive Umwelteffekte und positive Effekte auf die Gesundheit von in der Landwirtschaft Tätigen, die in Entwicklungsländern häufig von einem unzureichenden Gesundheitsschutz bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln betroffen sind. Außerdem erfolgt die Umstellung auf ökologische Landwirtschaft meist innerhalb eines institutionellen Rahmens, der auch produktionstechnische Beratung bietet, so daß es unabhängig von dem Wechsel des Produktionssystems zu Verbesserungen der Produktionstechnik kommt. [Seite der Druckausg.:22] Eines der Hemmnisse für den Export von Öko-Produkten aus Entwicklungsländern in die EU ist die Zertifizierung von Drittlandsware. Die Zertifizierung von Drittlandsware muß einerseits sicherstellen, daß das Vertrauen in Öko-Produkte nicht dadurch gefährdet wird, daß die Einhaltung von Produktionsstandards ungenügend kontrolliert wird. Andererseits sollten unnötige Einschränkungen des Handels mit Öko-Produkten durch zu restriktive Regeln für die Zertifizierung von Drittlandsware vermieden werden. Die in der EG-Öko-Verordnung 2092/91, Art. 11 festgelegten EU-Regelungen für den Import von Öko-Produkten aus Drittländern sowie die Beschlüsse über ihre Umsetzung bieten eine Reihe von Möglichkeiten, diese Ziele zu erreichen. Allerdings gibt es bei der Umsetzung Verbesserungsmöglichkeiten:
Langfristig sollte eine weltweite Harmonisierung sowohl der Produktionsstandards wie auch der Kontrollstandards für den internationalen Handel mit Öko-Produkten angestrebt werden, da die gegenwärtigen national unterschiedlichen Regelungen zu erheblichen Transaktionskosten führen, wenn ein Exporteur in verschiedene Bestimmungsländer exportiert. So wäre es z. B. vorstellbar, die Äquivalenz nationaler Öko-Standards zu international verhandelten Basisrichtlinien, wie sie z. B. im Rahmen des Codex Alimentarius oder der IFOAM (International Federation of Organic Agriculture Movements) vorliegen, weltweit durch eine zuständige Stelle feststellen zu lassen. IFOAM hat diesen Weg als privatwirtschaftliche Organisation mit Gründung des IAP (IFOAM-Accreditation Programme) eingeschlagen. Allerdings wäre die Ansiedlung eines solchen Programms auch im Rahmen einer internationalen Organisation oder Behörde, etwa der FAO, denkbar. Außerdem wäre im Rahmen eines solchen Programms international einheitlich die Frage zu klären, welche Kontrollstellen für den internationalen Handel zertifizieren dürfen. Hier wären vor allem die Fragen zu klären i), ob es Möglichkeiten unterhalb der formalen Akkreditierung nach ISO 65 geben soll und ii) ob die Akkreditierung spezieller als nach ISO 65 auf die Zertifizierung des Öko-Landbaus ausgerichtet sein sollte, wie es etwa im Rahmen des IAP der Fall ist. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | April 2003 |