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[Seite der Druckausg: 51]


Mecklenburg-Vorpommern

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Beginn und Grundphilosophie des Reformprozesses

Nach 1990 gab es in Mecklenburg-Vorpommern mehr als 1000 hauptamtlich verwaltete Gemeinden sowie 31 Landkreise. Bis Mitte 1994 wurden im Zuge der Landkreisneuordnung die Kreise zu nunmehr 12 größeren und leistungsfähigeren Landkreisen zusammengeschlossen. Durch den Aufbau dieser Verwaltungsstruktur war es in der Folge auch möglich, in Umsetzung des Funktionalreformgesetzes vom 5. Mai 1994 zahlreiche Aufgaben auf kommunale Dienststellen zu übertragen.

Am 30. Mai 1995 beschloß die Landesregierung die Durchführung einer Verwaltungsreform. Sie setzte dabei auf einen pragmatischen, ergebnisorientierten Ansatz und verzichtete bewußt auf die vorherige Einholung externer Gutachten. Folgende Strukturprinzipien wurden als Grundlage des Reformprozesses festgelegt:

  • Organisation des Reformprozesses mit einer verbindlichen Festlegung der Verantwortung für diesen Prozeß;

  • umfassende Aufgabenkritik mit dem Ziel der Beschränkung auf die bei Anlegung eines strengen Maßstabes unverzichtbaren Aufgaben des Landes;

  • Ablösung der bisherigen verfahrensorientierten Steuerung durch eine ergebnis- und anreizorientierte Steuerung;

  • Delegation von Aufgaben, Kompetenz und Verantwortung sowie Verschlankung der Verwaltungsorganisation;

  • Abbau von Genehmigungs-, Zustimmungs- und Erlaubnisvorbehalten;

  • Aus- und Aufbau von Planungsinstrumenten für die Personalentwicklung als tragende Säule der Verwaltungsmodernisierung.

Mit dem Haushalt 1997 wurde ein besonderer Schwerpunkt auf die Kostensenkung gelegt. Frühzeitig sollen Strukturmaßnahmen getroffen werden, um bis zum Jahr 2000 eine Begrenzung der Neuverschuldung auf 600 Mio. DM zu erreichen, da anderenfalls die steigenden Zinslasten alle zukünftigen Gestaltungsmöglichkeiten des Landes beseitigen würden. Zur Umsetzung der notwendigen Einsparungen hat das Kabinett am 19. Juni 1996 eine Ministerarbeitsgruppe unter Vorsitz des Ministerpräsidenten mit der Erarbeitung von Vorschlägen für kostensenkende Strukturmaßnahmen beauftragt.

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Akteure und Arbeitsstrukturen

Zur Koordinierung der verschiedenen Interessen bei der Umsetzung der Verwaltungsreform wurde ein Lenkungsausschuß eingesetzt, der aus dem Chef der Staatskanzlei, den Staatssekretären aller Ressorts sowie der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten zusammengesetzt ist. Der Lenkungsausschuß ist unter anderem mit der Entscheidung von in den Arbeitsgruppen strittigen Punkten beauftragt.

Darüber hinaus bestehen zahlreiche interministerielle Arbeitsgruppen. Ihre große Zahl macht die Abgrenzung der jeweiligen Aufgabengebiete nicht unbedingt einfacher, zumal die Federführung je nach Aufgabe entweder bei der Staatskanzlei, dem Innen- oder dem Wirtschaftsministerium liegt. Dies fordert vom Lenkungsausschuß mitunter Präzisierungen.

  1. Arbeitsgruppe Funktionalreform unter Federführung des Innenministeriums. Neben je einem Vertreter der Ressorts sowie der Staatskanzlei als ständigen Mitgliedern werden die kommunalen Landesverbände zu den Sitzungen der Arbeitsgruppe eingeladen, in denen kommunalrelevante Themen erörtert werden.

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  2. Deregulierungskommission unter Federführung der Staatskanzlei, der ferner je ein Ressortvertreter sowie die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte angehören. Auch hier werden die kommunalen Landesverbände hinzugezogen, sofern Deregulierungsvorschläge kommunale Interessen betreffen.

  3. Untergruppe kostenintensive Standards im kommunalen Bereich unter Federführung des Innenministeriums. Die Arbeitsgruppe soll Vorschläge zum Abbau kostenintensiver Standards im kommunalen Bereich unterbreiten. Mitglieder sind je ein Vertreter der Ressorts, der Staatskanzlei sowie der kommunalen Landesverbände.

  4. Die Arbeitsgruppe Wettbewerb unter Federführung des Wirtschaftsministeriums hat die Aufgabe, Regeln für ein Wettbewerbssystem für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen im nicht-hoheitlichen Bereich auszuarbeiten. Ständige Mitglieder sind je ein Vertreter des Wirtschaftsministeriums, der Staatskanzlei und des Innenministeriums. Andere Ressortvertreter werden bei Bedarf hinzugezogen.

  5. Arbeitsgruppe Hochbauvorhaben unter Federführung der Staatskanzlei. Sie soll Vorschläge erarbeiten, wie Bauvorhaben des Landes zügiger und effektiver realisiert werden können.

  6. Koordinierungsstelle für Planungs- und Genehmigungsverfahren unter Federführung der Staatskanzlei. Die Koordinierungsstelle soll Investoren, die in Mecklenburg-Vorpommern ein hohes Investitionsvolumen umsetzen und/oder eine Vielzahl von Arbeitsplätzen schaffen möchten, bei der Durchführung von schwierigen Verwaltungsverfahren unterstützen.

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Strukturreformen

Mecklenburg-Vorpommern hat für die Umsetzung von Strukturreformen eine gesetzliche Regelung gewählt und am 25. September 1997 ein „Gesetz über kostensenkende Strukturmaßnahmen in Mecklenburg-Vorpommern" erlassen, das flächendeckende Sparauflagen macht. So sollen im Rahmen der kostensenkenden Strukturmaßnahmen alle Ministerien mit dem Ziel umstrukturiert werden, Abteilungen einzusparen und die Zahl der Referate durch Zusammenlegung zu verringern. Damit sind natürlich Stelleneinsparungen verbunden. Bislang ist es allerdings erst vereinzelt zum tatsächlichen Abbau von Abteilungen gekommen, so wurden zum Beispiel im Wirtschafts- und im Innenministerium je eine Abteilung aufgelöst.

Die Zahl der Amtsgerichte wurde von bisher 31 auf 19 reduziert, nunmehr existiert ein Amtsgericht je Landkreis und je kreisfreier Stadt. Damit wurde der Tatsache Rechnung getragen, daß Mecklenburg-Vorpommern vorher im bundesweiten Vergleich die kleinsten Amtsgerichte mit den niedrigsten Einwohnerzahlen pro Gericht aufwies. Auch die Zahl der Finanzämter wurde reduziert.

Als weitere Strukturmaßnahmen wurden verschiedene kleinere Ämter zu größeren Verwaltungseinheiten zusammengefaßt. So werden etwa Ämter aus dem Bereich Forsten und Naturschutz zu einem neuen Landesamt für Forsten und Naturschutz zusammengeschlossen. Auch auf kommunaler Ebene sind die kostensenkenden Strukturmaßnahmen mit zum Teil erheblichen Stellenstreichungen verbunden.

Die Arbeitsgruppe Funktionalreform erarbeitete folgende Leitlinien für die Durchführung der Funktionalreform:

  1. Es soll diejenige Verwaltungsebene den Vorzug erhalten, auf der die Aufgaben mit der größeren Effektivität und Wirtschaftlichkeit erfüllt werden können.

  2. Im Rahmen des Zweckmäßigen ist angestrebt, die Verwaltung möglichst orts- und bürgernah durchzuführen.

  3. Die Erfüllung der staatlichen Aufgaben auf unterer Ebene soll dem Prinzip der Einheit der Verwaltung (Bündelung von Zuständigkeiten) Rechnung tragen.

  4. Das Prinzip der Einräumigkeit der Verwaltung soll berücksichtigt werden: Die verschiedenen Verwaltungseinheiten sind möglichst innerhalb der bestehenden Regionalgrenzen in einheitlicher Weise zu gliedern.

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  5. Einzelentscheidungen sollen soweit wie möglich unterhalb der Ebene der Landesregierung bzw. durch kommunale Körperschaften getroffen werden.

Die Arbeitsgruppe führte Detailerörterungen mit den betroffenen Ressorts. Dabei wurden die verschiedenen Aufgaben der Ressorts daraufhin überprüft, inwieweit eine Übertragung auf die kommunale Ebene beziehungsweise eine Zusammenfassung von Ämtern möglich ist. Im Rahmen der kostensenkenden Strukturmaßnahmen ergeben sich einige Aufgabenverlagerungen von der Ministerialebene auf die kommunalen Ämter. Auch wurde auf Anregung der Arbeitsgruppe Funktionalreform z.B. zum 1. Januar 1994 das Landeshygieneinstitut in einen Landesbetrieb nach § 26 LHO umgewandelt.

Die Arbeitsgruppe Wettbewerb konzentriert sich auf die Analyse der Möglichkeiten, Verwaltungsausgliederungen und Privatisierungen von Aufgaben vorzunehmen. Sie war u.a. mit der zum 1. Januar 1998 erfolgten Umwandlung der Landesanstalt für Personendosimetrie und Strahlenschutzausbildung in einen Landesbetrieb befaßt.

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Vorschriften- und Verfahrensvereinfachungen

Die Deregulierungskommission verfolgt bei der Erarbeitung von Vorschlägen für eine Vereinfachung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Landes folgende Ziele: Die Reduzierung der Vielzahl von Detailregelungen in Gesetzen und Verordnungen, Zurückführung von nicht unbedingt erforderlichen gesetzlichen Standards und die Vereinfachung und Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren.

Zur Vorbereitung der Kommissionssitzungen werden jeweils Detailerörterungen zwischen den Vertretern der federführenden Staatskanzlei und den von einem Deregulierungsvorschlag jeweils betroffenen Ressorts geführt. Soll ein Vorschlag umgesetzt werden, so muß neben der Deregulierungskommission auch der Lenkungsausschuß zugestimmt haben. Die Umsetzung soll jeweils durch das federführende Ressort erfolgen. So wurde bisher zum Beispiel das Denkmalschutzgesetz verabschiedet und eine wesentliche Vereinfachung der Denkmalsverwaltung bewirkt. Ein weiteres Ergebnis ist das Gesetz zur Deregulierung des Bau-, Landesplanungs- und Umweltrechts.

Neben der Deregulierungskommission beschäftigt sich auch die Unterarbeitsgruppe „Kostenintensive Standards im kommunalen Bereich" mit Vorschriften- und Verfahrensvereinfachungen, hier insbesondere mit der Frage, in welchem Umfang kostenintensive Standards im kommunalen Bereich vereinfacht werden können und wie generell von solchen Standards abgewichen werden kann. Dabei wird zwischen Personal-, Sach- und Verfahrensstandards unterschieden. Nach einer Bestandsaufnahme auf Grundlage von Erfassungsbögen aus den Ressorts begannen 1996 die Detailerörterungen.

Seit Anfang 1997 sind die Ressorts verpflichtet, jedes Rechtsetzungsverfahren anhand von Prüffragen auf seine Notwendigkeit hin zu überprüfen. Die Einführung eines Normenprüfungsausschusses wird erwogen.

Speziell mit Deregulierungsmöglichkeiten im Bereich der staatlichen Hochbauverwaltung beschäftigt sich die Arbeitsgruppe Hochbauvorhaben. Aufbauend auf ein Gutachten über die staatliche Hochbauverwaltung entwickelte die Arbeitsgruppe verschiedene Vorschläge zur Vereinfachung von Bauverfahren und zur Effektivierung der Mittelbewirtschaftung und der Baubedarfsermittlung.

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Personalmanagement

Die zentralen Vorgaben zum Stellenabbau der im September 1998 abgewählten CDU/SPD-Regierung fanden sich in drei getrennten Konzepten, dem langfristigen Personalkonzept der Landesregierung, dem Lehrerpersonalkonzept und dem Beschluß der Landesregierung zur Ausbringung von kw-Vermerken. Insgesamt sollte die Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst Mecklenburg-Vorpommerns von derzeit ca. 54.000 auf 38.000 bis zum Jahr 2003 redu-

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ziert werden. Aufgrund der stark rückläufigen Schülerzahlen waren die meisten Stellenstreichungen im Lehrerbereich geplant.

Die neue SPD/PDS-Regierung will das mittel- und längerfristige Personalkonzept für die Landesverwaltung so fortschreiben, daß im Jahr 2002 eine Stellenzahl von unter 46.000 erreicht wird.

Der Plan, im Innenministerium ein Referat für besondere ressortübergreifende Aufgaben der Personalplanung einzurichten mit dem Ziel, die Effektivität und Effizienz des Personaleinsatzes in der Landesverwaltung zu erhöhen, bleibt auch unter der neuen Regierung bestehen.

Die Verbeamtung soll künftig auf rein hoheitliche Aufgaben begrenzt werden. Anstelle der automatischen Beförderung von stellvertretenden Abteilungsleitern in den Ministerien in die Besoldungsgruppe B 2 erfolgt inzwischen eine Beförderung erst nach einer Bewährungsfrist.

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Mitarbeiterbeteiligung

Erstmalig am 1. Februar 1996 veranstaltete die Landesregierung einen Workshop mit Vertretern der Gewerkschaften, der Arbeitsgemeinschaft der Hauptpersonalräte, der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Personalräte sowie der kommunalen Landesverbände. Neben der Information über die Arbeit in den Arbeitsgruppen wurde den Arbeitnehmervertretern Gelegenheit gegeben, eigene Vorschläge in die Reform einzubringen. Die Landesregierung ist daran interessiert, die Mitwirkung der Beschäftigten an der Verwaltungsreform zu institutionalisieren; Informationen, ob dies in den letzten drei Jahren erfolgte, liegen nicht vor.

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Neue Steuerungsinstrumente

Bei der Einführung neuer Steuerungselemente sind die Landkreise und kreisfreien Städte weiter als die Landesverwaltung, nachdem ihnen 1995 die Möglichkeit gegeben wurde, bei der obersten Rechtsaufsichtsbehörde Ausnahmen von einzelnen Vorschriften der Gemeindehaushaltsordnung zu beantragen.

In der Landesverwaltung gibt es bisher noch keine Behörde mit vollständiger Umsetzung der neuen Steuerungsinstrumente. An der Einführung der Kosten- und Leistungsrechnung wird in verschiedenen Behörden gearbeitet. So wird z.B. im Statistischen Landesamt die Kosten- und Leistungsrechnung auf der Grundlager von Produktdefinitionen bereits angewandt. Über den Einsatz weiterer Elemente des Neuen Steuerungsmodells (Controlling, Budgetierung und Personalentwicklung) wird „in Kürze" entschieden. Die Einführung einer Experimentierklausel in das Haushaltsrecht wird derzeit geprüft.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2001

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