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Brandenburg

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Beginn und Grundphilosophie des Reformprozesses

Wie die anderen vier neuen Bundesländer konzentrierte sich auch Brandenburg in den ersten Jahren nach der Einigung vor allem darauf, die Verwaltung nach Maßgabe des komplizierten Rechts- und Verwaltungsystems der Bundesrepublik überhaupt erst funktionsfähig zu machen. Als erste Modernisierungsmaßnahmen standen Gebietsreform, Gemeindereform, Amtsreformen und Kreisneugliederungen auf dem Programm. Der Verzicht auf Regierungsbezirke als Mittelbehörden wurde schon im Herbst 1990 festgelegt. Durch Neugliederungen sind aus den früheren kleinen und kleinsten Gemeinden heute 158 Ämter, 56 amtsfreie Gemeinden und vier kreisfreie Städte entstanden. Die Zahl der Landkreise wurde von 38 auf 14 reduziert.

Der nächste Schritt war ab 1993 die Funktionalreform mit dem Ziel, so viele Aufgaben wie möglich von der zentralen Landesverwaltung auf die kommunalen Gebietskörperschaften zu übertragen. Eine neue Dimension gewann die brandenburgische Verwaltungsreform mit dem Beschluß der Landesregierung vom April 1997, eine flächendeckende Strukturuntersuchung der obersten Landesbehörden sowie der nachgeordneten Behörden und Einrichtungen einzuleiten.

Im „Ersten Gesetz zur Funktionalreform in Brandenburg" vom 30. Juni 1994 wurde als Grundsatz verbindlich festgelegt: „Verwaltungsaufgaben sind möglichst orts- und bürgernah zu erfüllen. Dabei ist eine größtmögliche Bündelung vor Ort anzustreben und der Grundsatz der Einräumigkeit der Verwaltung zu beachten." (Artikel 1, § 1):

Für die zweite Legislaturperiode hatte sich die Landesregierung nach der Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung eine Verwaltungsreform im engeren Sinn vorgenommen. Ministerpräsident Stolpe formulierte in seiner Regierungserklärung vom November 1994 als Leitgedanken der Reform: „Selbstverwaltung und Selbstverantwortung, Nutzung moderner Technologie und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Dazu gehört die Delegation von Verantwortung auf selbstbewußte, gut ausgebildete Mitarbeiter. Aufgaben und Qualität staatlichen Handelns müssen sich definieren, messen und vergleichen lassen."

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Akteure und Arbeitsstrukturen

Für die Organisation der flächendeckenden Organisationsuntersuchungen wurde die „Kommission zur Überprüfung und Optimierung der Verwaltungsstruktur der brandenburgischen Landesverwaltung", kurz Verwaltungsstrukturkommission, eingesetzt. Sie hatte im August 1997 ihre konstituierende Sitzung. Mitglieder sind leitende Mitarbeiter der Ressorts. In Brandenburg wurde ein landesverwaltungs-externer Vorstand für die Kommission gewählt, ein Wissenschaftler und zwei Verwaltungspraktiker leiten die Arbeit.

Zu den Aufgaben zählt die Schwerpunktsetzung, die Steuerung und Koordinierung der Tätigkeiten der Arbeitsguppen in den Ressorts sowie die Erarbeitung von Vorschlägen für die praktische Umsetzung. Auch über das Hinzuziehen externen Sachverstandes entscheidet die Kommission.

Mehrere Projektgruppen widmen sich zudem den größeren Themen der Modernisierung. So bestehen Gruppen zu den Themen Projektmanagement, Flexibilisierung des Haushaltsrechts,

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Aufgabenverlagerung und Informations- und Kommunikationstechnik.

Die Ressorts sind für die in ihrem Verantwortungsbereich durchgeführten Pilotprojekte selbst zuständig. Ein zentrales Lenkungsorgan zur Steuerung des Reformprozesses - etwa in der Staatskanzlei - existiert in Brandenburg nicht.

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Strukturreformen

Die Übertragung von Verwaltungsaufgaben auf die Landkreise und kreisfreien Städte wurde in Brandenburg im Funktionalreform-Gesetz vom Juni 1994 festgeschrieben. Als spätester Termin für die Aufgabenverlagerung war dort den Landesbehörden der 1. Januar 1997 vorgegeben worden. Zu den übertragenen Aufgaben gehören unter anderem Tätigkeiten im Bereich der staatlichen Kataster- und Vermessungsverwaltung, bei der Wasserwirtschaft und dem Gewässerschutz sowie bei der Bauaufsicht. Das zweite Funktionalreformgesetz regelt unter anderem die Aufgabenverteilung zwischen den überörtlichen Trägern der Sozialhilfe neu. Das dritte Funktionalreformgesetz betrifft Aufgabenverlagerungen, beispielsweise im Bereich Umwelt- und Naturschutz sowie in der Abfallwirtschaft. 944 Landesbedienstete sind im Rahmen dieser Aufgabenübertragung auf die Landkreise und kreisfreien Städte übergeleitet worden.

Zu den durchgeführten Maßnahmen gehört auch die Verlagerung von Vollzugs- und Förderaufgaben aus den oberen Landesbehörden in nachgeordnete Bereiche oder zu Stellen außerhalb der Landesverwaltung.

Bislang ist es in Brandenburg im Zuge der Verwaltungsmodernisierung nur vereinzelt zu Privatisierungen gekommen - unter anderem bei den Reinigungs-, Fahr- und Transportdienstleistungen für die Behörden. Für eine Privatisierung der Bau- und Liegenschaftsverwaltung nach dem rheinland-pfälzischen Vorbild wird in Brandenburg ein Konzept erarbeitet.

Im ersten Funktionalreformgesetz wird der zweistufige Aufbau der Landesverwaltung gesetzlich fixiert (Artikel 2, §2) und eine Konzentration der Verwaltung angestrebt: „Die beim Land verbleibenden Verwaltungsaufgaben sollen in möglichst wenigen Behörden zusammengefaßt werden." Die ursprünglich 21 Landesoberbehörden sind auf 17, die 169 unteren Landesbehörden auf 101 Behörden reduziert worden.

Derzeit entwickeln sich die Optimierungsverfahren bei den obersten Landesbehörden sowie den nachgeordneten Behörden und Einrichtungen zum Reformschwerpunkt. Die grundlegenden Arbeiten sollen in den Ministerien und in der Staatskanzlei erfolgen. Dazu sind in den Ressorts Arbeitsgruppen eingerichtet worden. Mitglieder der Arbeitsgruppen sind in der Regel Vertreter der Querschnittsreferate wie Organisation, Personal, Haushalt und Controlling. Den Personalvertretungen, Gleichstellungsbeauftragten und Schwerbehindertenvertretungen ist eine Beteiligung angeboten worden.

Die Verwaltungsstrukturkommission will in Kürze zu einer Bewertung der geplanten Maßnahmen kommen. Nur im Einzelfall ist die Vergabe eines Untersuchungsauftrages nach außen vorgesehen, ansonsten sollen die Untersuchungen durch eigenes Personal erfolgen. Weitere Organisationsuntersuchungen sind in den vergangenen Jahren für ausgewählte Bereiche der Landesverwaltung durchgeführt worden - etwa zur Überprüfung einer sachgerechten Personalausstattung. Gegenwärtig sind die Aufgabenzuschnitte zwischen und in den Ressorts Gegenstand von Untersuchungen.

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Personalmanagement

Als mittelfristige Personalobergrenze hat die brandenburgische Regierung die Zahl von 61.500 Stellen festgelegt. Um diese Zielzahl bis zum Jahr 2000 zu erreichen, sind in den Ressorts in unterschiedlichem Ausmaß konkrete Maßnahmen geplant oder realisiert worden. Diese reichen von der Befristung von Arbeits-

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verträgen bis zum 31. Dezember1999 über Umstrukturierungsmaßnahmen und Ablaufveränderungen bis zur ersatzlosen Streichung von Aufgaben zum Zweck der Stellenreduzierung. Nach Einschätzung der Verwaltungsstrukturkommission läßt sich die angepeilte Personalobergrenze fristgerecht erreichen. Dazu beitragen sollen auch Vorruhestandsregelungen und ein Modell zur Altersteilzeit, an dem zur Zeit gearbeitet wird.

Um zukünftig Personalstrukturentscheidungen auf gesicherterer Datenbasis treffen zu können, wird in der brandenburgischen Verwaltung gemeinsam mit einem Software-Anbieter derzeit ein Personalinformationssystem entwickelt.

Die Grundlage dafür soll das Konzept für ein Personalmanagement bilden. Die vorbereitende Projektgruppe erwägt die gesamte Bandbreite an Instrumenten von Qualifizierungsmaßnahmen bis zu betriebsbedingten Kündigungen, zu denen es, nach den bisherigen Vorüberlegungen, als letzte Möglichkeit in zwei bis maximal vier Ressorts kommen könnte. Neben den klassischen Personalmanagementmethoden widmet sich die Projektgruppe beispielsweise auch der Frage, welche rechtlichen Änderungen notwendig sind, um neue, vom starren Hierarchieschema gelöste Formen der Zusammenarbeit zu erproben. Insbesondere die zeitlich befristete Bearbeitung abgegrenzter Problemstellungen in Projektteams soll künftig einfacher möglich sein.

Im Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik werden in einem Pilotprojekt erste Erfahrungen mit Teleheimarbeit gemacht.

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Mitarbeiterbeteiligung

Bei den Vorhaben zur Strukturreform in den Ministerien und nachgeordneten Behörden ist die Mitarbeiterbeteiligung zum Grundsatz erhoben worden. Neben den Personalvertretungen werden daher auch unmittelbar Vertreterinnen und Vertreter aus einzelnen Abteilungen an den Arbeitsgruppen beteiligt. Des weiteren ist vorgesehen, die Beschäftigten mittels Mitarbeiterversammlungen und schriftlicher Mitteilungen über die Vorhaben zu informieren.

Für eine Rahmenvereinbarung zwischen Landesregierung, Hauptpersonalrat und Interessenvertretungen der Beschäftigten wird bislang kein Bedarf gesehen.

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Neue Steuerungsinstrumente

Als erste Maßnahme zur Einführung neuer Steuerungsinstrumente regte die Landesregierung die Erprobung auf kommunaler Ebene an. 40 brandenburgische Kommunen zeigten Interesse, acht von ihnen wurden für Pilotvorhaben ausgewählt. Eine Experimentierklausel in der Kommunalverfassung öffnete den Weg zu Ausnahmen von den haushaltsrechtlichen Regelungen.

Inzwischen laufen auch in verschiedenen Behörden der Landesverwaltung Pilotprojekte zur Budgetierung, Kosten- und Leistungsrechnung und zu Controllingverfahren. Ab dem Haushaltsjahr 1999 soll es auch zur Budgetierung von Personalkosten kommen. Die notwendigen Flexibilisierungen des Haushaltsrechts werden vorbereitet.

Neben diesen Anfängen und Pilotprojekten zeichnet sich in Brandenburg eine Behörde durch eine umfassende Verwaltungsoptimierung aus: Das Landesvermessungsamt verknüpfte erfolgreich Ziele der Modernisierung und der Konsolidisierung. Basis der Reform ist eine Aufgabenkritik, die seit 1995 unter Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stattfand. In der Folge kam es sowohl zur Aufgabenvereinfachung, als auch zur Aufgabenstreichung. Die Arbeitsaufträge werden verstärkt von Arbeitsteams und in Form von Projekten geleistet. Auf der betriebswirtschaftlichen Seite unterstützt eine umfassende Kosten- und Leistungsrechnung die Steuerung der Behörde. Alle Leistungen der Behörde sind in Produktdefinitionen beschrieben.

Das Landesvermessungsamt erzielt jährlich eine Effektivitätsrendite von knapp 4 Prozent. Jetzt

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hofft die Behördenleitung, daß die Behörde ab 1999 ein Globalbudget erhält, um die Früchte der Reformanstrengungen zu einem höheren Anteil im eigenen Hause ernten zu können und die Modernisierung weiter voranzubringen.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2001

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