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TEILDOKUMENT:
Südafrikanische Direktinvestitionen - Vertiefung der regionalen Kooperation Südafrika müsse den afrikanischen Kontinent entdecken und sich als Teil dieses Kontinents, und nicht länger als Teil der "weißen Welt" begreifen, unterstreichen Politiker und Wissenschaftler immer wieder. Sie beklagen die einseitige Ausrichtung des Landes auf die westliche Welt und die Nichtbeachtung der Nachbarstaaten, wenn es um die wirtschaftliche und politische Kooperation und auch um die Verstärkung der regionalen Integrationsbemühungen geht. Südafrika ist als wichtigste Wirtschaftsmacht des afrikanischen Kontinents natürlich auch für die Region von zentraler Bedeutung. Schon in der Zeit des Apartheidsystems bestanden Wirtschaftsbeziehungen insbesondere zu den SACU-Ländern (Lesotho, Botswana, Swaziland und Namibia). Vom gesamten Handelsvolumen der SADC-Region (15 Mitgliedsländer) gehen aber nur ca. 5% in den intraregionalen Handel. Allerdings werden sich die Aussichten für eine stärkere Handelsintegration durch zahlreiche Handelsprotokolle bessern. Möglicherweise profitiert aber gerade Südafrika - und nicht die armen Nachbarstaaten - von einer weiteren Liberalisierung des regionalen Handels. Denn noch immer sind die Exporte der SADC-Länder von Rohstoffen und landwirtschaftlichen Erzeugnissen geprägt, die eine intensivere Handelsintegration erschweren. Dagegen hat Südafrika ein größeres industrielles Potential, das auch für den Export genutzt wird. Da das Handelsdefizit der SADC-Länder mit Südafrika in den letzten Jahren gewachsen ist, müßte südafrikanisches Kapital in die Nachbarländer fließen, um einen langfristigen Ausgleich zu erreichen. In den letzten Jahren haben südafrikanische Unternehmen verstärkt in Afrika investiert, vor allem im südlichen Afrika. Dies wurde durch die Erleichterungen beim Kapitalverkehr von 1995 und April 1997 möglich. Seitdem ist es südafrikanischen Unternehmen gestattet, bis zu 30 Mio. bzw. 50 Mio. Rand in SADC-Länder zu investieren. Die Motive sind vielschichtig: Wichtig sind einerseits die Rohstoffquellen (Gold, Diamanten u.a.) und Märkte auf dem afrikanischen Kontinent, die den südafrikanischen Unternehmen bis vor einigen Jahren noch verschlossen waren. Außerdem sind es Diversifizierungsstrategien, economies of scale, niedrige Löhne und mehr Flexibilitäten auf den Märkten, die das Engagement begründen. Viele südafrikanische Unternehmen haben schon lange auf diese Möglichkeiten gewartet und sehen jetzt Erfolgschancen, oder, mit den Worten eines Unternehmers, "We want to succeed where Cecil Rhodes failed". Schwerpunkte des südafrikanischen Engagements liegen im Bergbau, im Dienstleistungsbereich und im verarbeitenden Gewerbe - dort allerdings gibt es noch einen gewissen Nachholbedarf. Hinzu kommt die grenzüberschreitende Kooperation der privaten Unternehmen auf bilateraler und multilateraler Ebene (z.B. SADC), in der die Projekte des Maputo-Korridors und des Beira-Korridors besonders hervorzuheben sind. Das Investitionsverhalten südafrikanischer Unternehmen ist vor dem Hintergrund regionaler Ungleichgewichte besonders wichtig. Verstärkter Handelsaustausch und Direktinvestitionen helfen, das Wohlstandsgefälle zu reduzieren. Ein großes Problem entwickelt sich durch die steigende Zuwanderung von Arbeitskräften aus den Nachbarländern. Schon immer hat Südafrika ausländische Arbeitskräfte in den Minen beschäftigt. Die Geldtransfers der Kontraktarbeiter aus Mozambique, Lesotho und Botswana bilden eine wichtige Einkommensquelle für die Menschen in den Entsendeländern. So hängen z. B. in Lesotho ca. 70% der Haushalte von einem in Südafrika arbeitenden Familienmitglied ab. Zu den legal Beschäftigten kommt eine hohe Zahl von arbeitsuchenden "illegalen Ausländern" - man schätzt sie auf 2-3 Millionen - in letzter Zeit vor allem aus Nigeria, Kongo, Ruanda und Burundi. Während früher viele Immigranten auf den Farmen der Weißen gearbeitet haben, erhöhen heute meist städtische Arbeitskräfte das Heer der Unterbeschäftigten im informellen Sektor. Zunehmend entwickeln sich politische und soziale Spannungen sowie Fremdenfeindlichkeit. Durch die Zuwanderung von gut ausgebildeten Arbeitskräften (brain drain), die in Südafrika eine besser bezahlte Arbeit als in ihren Heimatländern finden können, wird das Problem noch größer. Südafrika übt eine starke Anziehungskraft aus, die innerhalb des Landes und auch in der Region zu Spannungen führt. Eine Abschwächung dieser Ungleichgewichte in der SADC-Region stellt eine komplizierte Aufgabe dar: Eine reine Handelsliberalisierung kann nicht die Lösung sein, sie wird möglicherweise sogar die Divergenzen verstärken. Ausgleichsmaßnahmen, zu denen auch die südafrikanischen Investitionen zählen, sind erforderlich. Vor allem muß aber über einzelne Projekte und Programme eine Vertiefung der regionalen Integration erreicht werden. Dazu gehören u.a. der weitere Ausbau der Infrastruktur, die Stärkung der Effizienz der regionalen Institutionen, die Konzeption und institutionelle Förderung regionaler Entwicklungsprogramme und eine Reihe von Zugeständnissen, die den Handel und die Migration von Arbeitskräften betreffen. In den Nachbarstaaten wird die wirtschaftliche Dominanz Südafrikas mit großer Aufmerksamkeit und Skepsis verfolgt, so daß es in bilateralen Handelsgesprächen schon zu heftigen wirtschaftspolitischen Auseinandersetzungen kam. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September |