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TEILDOKUMENT:
Die Logik der Standortdebatte: Positionen und Argumente Kosten und Leistungsvorsprünge Der Standortdebatte liegen zwei unterschiedliche Konzepte von der Wettbewerbsfähigkeit eines Landes als Wirtschaftsstandort zugrunde. Konzept l stellt den Kostenvergleich in den Vordergrund. Es stuft einen Standort dann als wettbewerbsfähig ein, wenn sich die an ihm produzierten Güter und Dienstleistungen auf international umkämpften Märkten verkaufen lassen. Dazu müssen die Produkte billig genug sein, und dazu wiederum müssen die Produktionskosten an dem Standort (Löhne, Steuern, Umweltauflagen, Grundstücke u.a.) niedrig genug sein. Konzept II stellt die wirtschaftliche Leistungskraft in den Vordergrund. Es stuft einen Standort dann als wettbewerbsfähig ein, wenn er für seine Arbeitskräfte und im weiteren Sinne seine Bevölkerung einen hohen materiellen und immateriellen (Umweltqualität, Freizeit) Lebensstandard sichert. Dazu müssen sich die heimischen Produkte teuer auf den international umkämpften Märkten verkaufen lassen (aufgrund von Qualitäts- und Innovationsvorsprüngen) bzw. die Produktivität am Standort muß besonders hoch sein. Zwischen Kosten und innovatorischer/produktiver Leistungskraft besteht ein elementarer Zusammenhang:
Position 1:
Die Kosten am Standort Deutschland sind dem Leistungsvorsprung davongeeilt, so daß deutsche Produkte zunehmend unverkäuflich werden, die Produktion hierzulande zunehmend unrentabler wird. Diese Position stützt sich auf die Beobachtung, daß viel mehr deutsche Investitionen ins Ausland fließen als ausländische nach Deutschland und daß Ausländer anderswo viel mehr als bei uns investieren. Hinzu kommt, daß die Qualität des Standorts Deutschland in internationalen Wirtschaftskreisen heute schlechter eingeschätzt wird als früher. Die Ursachen werden gesehen
Position 2: Der deutsche Leistungsvorsprung ist geschrumpft; denn Länder mit niedrigeren Produktionskosten haben leistungsmäßig aufgeholt. Nur noch ein Teil der Produktion kann sich den Luxus" des teuren deutschen Standorts leisten. Viele Bereiche hingegen können nur am Markt bestehen, wenn sie an billigere Standorte abwandern.
Deutschland ist in bezug auf wirtschaftliche Leistungskraft hinter der Weltspitze zurückgefallen. Dies ist vor allem auf Management-Versagen" zurückzuführen. Deutsche Produkte können in wichtigen Hochtechnologie-Bereichen nicht mithalten. Die Produktivität in deutschen Betrieben ist vielfach niedriger als anderswo. Deutsche Firmen sind in rasch wachsenden Weltregionen kaum vertreten. Die deutsche Stärke liegt zu häufig in relativ stagnierenden Märkten. Die Gründe:
Als Folge werden die deutschen Unternehmen zunehmend auf Märkte gedrängt, die der Konkurrenz von Billiganbietern ausgesetzt sind. Um wieder stärker an den Leistungsprämien" mitzuverdienen, die auf dem Weltmarkt weiterhin zu realisieren sind, müssen die deutschen Unternehmen
Position 4: Deutschland ist leistungsmäßig zurückgefallen. Das liegt in erster Linie an Standortdefiziten und nicht an Management-Versagen. Managementversagen ist nur ein Faktor. Die deutsche Innovationsschwäche erklärt sich zum großen Teil auch aus dem Umfeld, das der Standort D den Unternehmen bietet. Defizite bestehen hinsichtlich:
Position 5: Wirtschaftliche Leistungsstärke kann den Standort D nicht vor zunehmendem Kostendruck schützen; denn die eigentlichen Leistungsträger, die Unternehmen, sind immer weniger an bestimmte Standorte gebunden. Unternehmen suchen sich zunehmend die Produktionsstandorte heraus, die beides aufweisen: (a) hochwertige Standortfaktoren, wie Infrastruktur, qualifizierte Arbeitskräfte, soziale Stabilität; (b) niedrige Kosten, Innovativität, Produktivität etc. sind immer weniger als Kategorien anzusehen, auf die der Standort D hohe Löhne, Steuern, Umweltauflagen usw. stützen kann.
Position 6: Leistungsstärke und Kosten stimmen am Standort D weiterhin überein. Die Debatte ist eine Überreaktion auf die schwere Konjunkturkrise und die Probleme mit der deutschen Einigung. Die Indikatoren, aus denen eine Standortgefährdung abgelesen wird, sind nicht stichhaltig. Dies zeigt sich darin, daß Deutschland nach wie vor eines der Länder mit dem höchsten Prokopf-Einkommen und der erfolgreichsten Exportindustrie auf der Welt ist. Die Standortdebatte dient nicht zuletzt auch dazu. Umverteilungsforderungen - Lohnmäßigung, Reduzierung der sozialen Lasten, Reduzierung der Steuerbelastung - in stärkerem Tonfall vorzutragen.
dagegen: Die deutsche Exportstärke darf nicht über die zugrundeliegende Standortschwäche hinwegtäuschen; denn die Folgen einer verschlechterten Wettbewerbsposition stellen sich erst mit einer beträchtlichen Verzögerung ein. Worin auch immer die Gefährdung des Standort D verortet wird, der Hinweis auf positive Makro-Indikatoren entkräftet das jeweilige Argument nicht. Also: Die Politik hat in der Tat Anlaß, sich um den Standort D zu kümmern.
Position 7:
Es ist im Ansatz verkehrt, weil ökonomisch sinnlos, sich um die Wettbewerbsfähigkeit eines ganzen Landes Gedanken zu machen. Dies ist eine Kategorie, die nur für Einzelunternehmen Sinn hat.
Die Prosperität einer Nation hängt nicht davon ab, ob ihre Standortbedingungen besser sind als die anderer Nationen oder gar davon, ob die anderen schlechter sind als die eigenen. Worauf es ankommt, ist, daß die nationalen Standortfaktoren leistungsstark sind (eine Funktion von Investition, Innovation, Organisation und Motivation); daß die Preise den internationalen Marktrealitäten entsprechen. Darüber hinaus profitiert jedes Land auch von der Leistungskraft seiner Marktpartner (Konkurrenten").
© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juli 1999 |