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TEILDOKUMENT:
Zentrale Elemente des NAFTA-Abkommens Eines der wichtigsten Verhandlungsergebnisse stellt der asymmetrische Zollabbau während der Übergangsperiode dar, mit dem den unterschiedlichen Entwicklungsniveaus zwischen den Vereinigten Staaten und Kanada einerseits und Mexiko andererseits Rechnung getragen wird. Während 84 Prozent der mexikanischen Ausfuhren in die USA mit Inkrafttreten des Vertrags am 1. Januar 1994 von Zöllen befreit worden sind, wurden nur 43 Prozent der US-Exporte nach Mexiko mit sofortiger Wirkung zollfrei. Für den Handel zwischen Mexiko und Kanada lauten die entsprechenden Zahlen 79 Prozent und 41 Prozent. Innerhalb der ersten fünf Jahre wird der Anteil der zollbefreiten mexikanischen Ausfuhren sowohl in die Vereinigten Staaten als auch nach Kanada um 8 Prozent erhöht, während der Anteil der zollfreien US- bzw. kanadischen Exporte nach Mexiko um 18 Prozent bzw. 19 Prozent steigen wird. Nach zehn Jahren Laufzeit werden schließlich 99 Prozent des gesamten Handels zwischen den USA und Kanada einerseits und Mexiko andererseits von Zollabgaben befreit sein. Die Tarife für die verbleibenden Zollpositionen, bei denen es sich um besonders sensible Produkte wie Mais, Milchpulver und Bohnen handelt, werden über einen Zeitraum von 15 Jahren beseitigt. Ein heikler Punkt in den NAFTA-Verhandlungen war der Schutz nordamerikanischer Autohersteller vor Importen aus Drittländern. Die Vereinigten Staaten hegten die Befürchtung, ausländische Automobilproduzenten könnten Mexiko als "Hintertür" in den US-Markt benutzen und auf diese Weise die US-Zölle umgehen, indem sie z. B. die Endmontage nach Mexiko verlagerten. Daher müssen nun Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeug-Teile einen bestimmten regionalen Fertigungsanteil (regional content) aufweisen, um in den Genuß der Zollsenkungen zu kommen. Dieser liegt für Pkw, leichte Lkw sowie deren Teile, Motoren und Getriebe in den ersten vier Jahren der Laufzeit des Abkommens bei 50 Prozent der Fabrikationskosten (netto, d. h. nach Abzug der Kosten für Royalties, Verkaufswerbung, Verpackung und Transport), in den darauffolgenden vier Jahren bei 56 Prozent und ab dem neunten Jahr bei 62,5 Prozent. Für alle anderen Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeugteile beläuft sich der Anteil auf 60 Prozent. (Die US-Einfuhrzölle auf Kfz wurden mit Inkrafttreten des Vertrags aufgehoben und bei leichten Lkw von 25 Prozent auf 10 Prozent gesenkt. Gleichermaßen restriktive Ursprungsregeln wurden auch für den Textilsektor vereinbart. Um in den Genuß der innerhalb der Freihandelszone gewährten Handelspräferenzen zu kommen, müssen Textil- und Bekleidungsprodukte eine "dreimalige Transformationsprüfung" durchlaufen. Vor allem müssen bei der Herstellung in Nordamerika gesponnenes Garn oder Stoffe aus nordamerikanischen Fasern verwendet worden sein. Zugleich wurden mit Inkrafttreten des Abkommens die US-Einfuhrquoten für mexikanische Textil- und Bekleidungserzeugnisse aufgehoben, welche diese Ursprungsbestimmungen erfüllen (90 Prozent der damaligen mexikanischen Textilexporte in die USA), sowie der US-Höchstzollsatz für Textileinfuhren aus Mexiko auf 20 Prozent begrenzt (vor Inkrafttreten von NAFTA zum Teil 60 Prozent). Ursprungsregeln stellen sicherlich eine effektive Alternative zu einem gemeinsamen Außenzoll dar; ebenso wie letzterer bergen sie jedoch zugleich Gefahren für die globale Wettbewerbsfähigkeit in der Freihandelsregion ansässiger Produzenten, die sich gezwungen sehen könnten, ihre Rohmaterialien und Zwischenprodukte von regionalen, weniger effizienten Lieferanten zu höheren Preisen zu beziehen. Diese Gefahr stellt sich insbesondere im Falle von NAFTA, dessen Ursprungsregeln in mehreren Bereichen, u. a. dem oben behandelten Textil- und Automobilsektor, strenger ausfallen als die entsprechenden Bestimmungen des 1989 in Kraft getretenen Freihandelsabkommens zwischen den USA und Kanada. Eine sowohl für Drittländer als auch - mit Blick auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit - für die NAFTA-Mitgliedstaaten vorteilhaftere Regelung wurde im Computersektor gefunden: Um als US-Produkt zu gelten, muß das circuit board in Nordamerika hergestellt worden sein und das Produkt durch Weiterverarbeitung eine andere Zollklassifikation erreicht haben. Gleichzeitig werden Mexikos Außenzölle in diesem Bereich (zwischen 10 Prozent und 20 Prozent) über einen Zeitraum von zehn Jahren auf das Niveau der nördlichen Nachbarn (3,7-3,9 Prozent) gesenkt. Im Landwirtschaftssektor räumt der Vertrag Mexiko ausdrücklich das Recht auf Stützungsmaßnahmen ein, vor allem zur Entwicklung von Infrastruktur, Dienstleistungen und Marktinformation, von Gesundheits- und Pflanzenschutzprogrammen und zur Forschung und Entwicklung spezifischer Produkte. Außerdem wurde Mexiko die Einführung eines direkten Subventionssystems zur Ablösung der Handelsprotektion erlaubt. Bezogen auf den Gesamtwert des US-mexikanischen Handels mit landwirtschaftlichen Produkten wurden 57 Prozent der Erzeugnisse mit Inkrafttreten des Vertrags von Zollabgaben befreit. Innerhalb von zehn Jahren soll dieser Prozentsatz auf 94 Prozent gesteigert werden, und nach 15 Jahren soll der gesamte landwirtschaftliche Handel zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko zollfrei sein. Im Dienstleistungsbereich gelten die Meistbegünstigungsklausel sowie grundsätzlich Inländerbehandlung. Allerdings unterliegt das mexikanische Bankwesen auf absehbare Zeit staatlicher Regulierung. So wird die Obergrenze für den Marktanteil US- und kanadischer Banken bis zum Januar 1999 stufenweise von 8 Prozent bei Inkrafttreten des NAFTA-Abkommens auf 15 Prozent erhöht. Im Januar 2000 soll diese Beschränkung zwar beseitigt worden sein, doch bis zum Jahre 2004 besitzt Mexiko ein Interventionsrecht, falls der Marktanteil US- und kanadischer Banken 25 Prozent überschreitet. Während die Obergrenze für den Marktanteil einer einzelnen US- oder kanadischen Bank bis zum Januar 2000 bei 1,5 Prozent und danach bei 4 Prozent liegt, werden die für das Versicherungswesen bzw. die Maklerbranche geltenden Obergrenzen in Höhe von 1,5 Prozent bzw. 4 Prozent im Januar 2000 aufgehoben. Auch bei Investitionen, die von Unternehmen der NAFTA-Partnerländer getätigt werden, gilt das Prinzip der Meistbegünstigung. Nach erfolgter Investition genießt der ausländische Investor grundsätzlich Inländerbehandlung. Ausgenommen hiervon sind die Luftverkehrsgesellschaften und der Hörfunk(!) in den USA, die kanadische Kulturbranche sowie der mexikanische Erdölsektor. Im Bereich der petrochemischen Industrie war die mexikanische Regierung in den NAFTA-Verhandlungen allerdings zu bedeutenden Zugeständnissen gezwungen. Zum besseren Schutz geistigen Eigentums wurde die Verwendung irreführender Herkunftsbezeichnungen unterbunden. Ferner genießen jetzt Computerprogramme den gleichen Schutz wie Schriftwerke. Zudem sichert das NAFTA-Vertragswerk den Besitzern der Urheberrechte von Computerprogrammen und Tonaufnahmen das Recht zu, den Verleih ihrer Produkte zu verbieten. Für Tonaufnahmen und Filme beträgt der urheberrechtliche Mindestschutz 50 Jahre. Schließlich ging auch eine Schutzklausel in den Vertragstext ein, die in den Vereinigten Staaten seit 1951 gesetzlich verbindlich ist. Falls die Importe eines Produktes aufgrund von NAFTA derart ansteigen, daß sie eine wesentliche Ursache bzw. Bedrohung einer schwerwiegenden Schädigung darstellen, die ein einheimischer Industriezweig erleidet bzw. erleiden könnte, kann das betroffene Land während der Übergangsperiode (jedoch nur ein mal und für maximal drei Jahre) die Zollreduktion für dieses Produkt unterbrechen bzw. die vor dem Abkommen gültigen Zölle wieder anwenden. Gleichzeitig muß das Land, das auf diese Schutzklausel zurückgreift, den Handelspartner für die entstandenen Verluste durch Handelskonzessionen in Höhe dieser Verluste entschädigen. Die Erhebung von Antidumping- und Ausgleichszöllen auf Importe der jeweiligen Vertragspartner ist möglich, wird jedoch auf Wunsch der betroffenen Vertragspartei von einer unabhängigen binationalen Kommission daraufhin überprüft, ob das zu Strafmaßnahmen entschlossene Land seine Antidumping- und Ausgleichszoll-Gesetze korrekt angewendet hat. Die Entscheidung der Kommission ist bindend. Für weitere Beitritte und eine NAFTA-Erweiterung wurden weder Kriterien noch Verfahren noch geographische Beschränkungen festgelegt. Theoretisch steht jedem Land bzw. jeder Ländergruppe der Beitritt offen. Die einzigen Bedingungen hierfür sind die Zustimmung der Mitgliedstaaten, die Erfüllung der von diesen festgelegten Fristen und Bedingungen sowie der Abschluß der jeweiligen nationalen Genehmigungsverfahren. Die beiden auf Drängen der Clinton-Administration ausgehandelten Parallelabkommen über Kooperation im Umwelt- bzw. im Arbeitsbereich sehen jeweils die Gründung einer trilateralen Kommission vor, die sich u. a. aus einem Ministerrat und einem Sekretariat zusammensetzt. Während das jeweilige Sekretariat seinen Ministerrat in technischer Hinsicht unterstützt, obliegt es dem Umweltministerrat, die effektive Anwendung der jeweiligen nationalen Umweltgesetze und -verordnungen zu überwachen und den Informationsaustausch über die Kriterien sicherzustellen, die bei neuen Umweltnormen in den Vertragsstaaten angelegt werden. Der Arbeitsministerrat hat ein umfassendes Mandat zur Zusammenarbeit in Arbeitsfragen, einschließlich Berufssicherheit, Kinderarbeit, Sozialleistungen für Arbeiter, Mindestlöhne, Gewerkschaftsgesetzgebung und der Lösung von Streitfällen. Für Streitfälle zwischen zwei Vertragsparteien sehen die Parallelabkommen einen dreistufigen Mechanismus zur Konfliktlösung vor. Im schlimmsten Fall kann ein auf Ersuchen einer Konfliktpartei vom Ministerrat eingesetztes Schiedsgericht, dessen Einsetzung zwei Drittel des Ministerrats zustimmen müssen und dem fünf unabhängige, unparteiische Fachleute angehören, eine Geldbuße bis zu einer Höhe von 20 Millionen US-Dollar bzw. Handelssanktionen in gleicher Höhe verhängen. Bei Auseinandersetzungen über die Einhaltung von Arbeitsvorschriften seitens eines Mitgliedstaates sind die Verhängung von Geldbußen bzw. Handelssanktionen nur in den Bereichen Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, Mindestlöhne und Kinderarbeit möglich. Kontroversen über das Recht von Arbeitsorganisationen, zu streiken, kollektiv zu verhandeln und sich ungehindert zusammenzuschließen und zu organisieren, können ausschließlich mittels Konsultationen auf Ministerebene ausgetragen werden. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juli 1999 |