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Welchen Nutzen verspricht man sich von der EWU - welche Befürchtungen verbindet man mit ihr?



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Der erwartete Nutzen

  • Keine Wechselkurs Schwankungen im EWU-Raum mehr => mehr Planungssicherheit für die Investoren, weniger Aufwand für Kurssicherung, weniger Anreiz für Währungsspekulation => mehr Investitionen, mehr Wachstum, mehr Beschäftigung.
  • Keine ungerechtfertigten Wechselkursschwankungen im EWU-Raum mehr => weniger Notwendigkeit, die Geldpolitik zur Verteidigung von Währungsparitäten einzusetzen => größerer Spielraum für eine Geldpolitik, die sich am europäischen Wachstumspotential orientiert => niedrigeres Zinsniveau => mehr Investitionen, mehr Wachstum, mehr Beschäftigung.
  • Keine spekulativ verzerrten Wechselkursschwankungen im EWU-Raum mehr => keine Fehlsignale für Investition und Strukturanpassung mehr, keine Inflationierung durch „ungerechtfertigte" Abwertung mehr
    => weniger Anlaß für Stabilisierungsrezessionen.
  • Keine Abwertungskonkurrenz im EWU-Raum mehr => weniger Veranlassung zur Errichtung neuer Handelsbarrieren => Absicherung der Handelsfreiheit im EWU-Raum
  • Befreiung der D-Mark aus ihrer de-facto-Rolle als Reservewährung => kein spezifischer Aufwertungsdruck auf die DM mehr => höhere preisliche Wettbewerbsfähigkeit deutscher Produkte, zumindest gegenüber den Produkten anderer EWU-Länder.
  • Keine Kosten durch Währungsumtausch und Kurssicherung mehr => ungehinderterer Handel innerhalb der EWU => billigere Güter und Dienstleistungen, höheres Realeinkommen für die Einwohner des EWU-Raums.
  • Umrechnung entfällt => mehr Markttransparenz => mehr Wettbewerb => mehr Preis Stabilität, mehr Wohlstand.
  • Beitrittsbedingungen zur EWU setzen Länder unter politischen Druck, ihre Staatshaushalte zu sanieren und Voraussetzungen für Preisstabilität zu schaffen => EWU-weit wird die Geldpolitik davon befreit, inflationäre Tendenzen bekämpfen zu müssen; mehr Ersparnisse für produktive Investition verfügbar; neuer Spielraum für antizyklische Finanzpolitik, für sinnvolle Staatsausgaben (statt Zinszahlungen), für Steuersenkungen
    => mehr Investitionen, mehr Wirtschaftswachstum, mehr Beschäftigung, mehr konjunkturelle Stabilität, höheres Nettoeinkommen für die Mehrheit der Bevölkerung.
  • Die „Unterwerfung" unter eine unabhängige europäische Zentralbank ist für einige Länder der politisch sicherste Weg zu einer verläßlichen stabilitätsorientierten Geldpolitik.
  • Keine Bindung an eine Ankerwährung mehr, deren Hüterin (Bundesbank) sich an den Problemen nur eines Landes ausrichtet => Abbau politischer Ressentiments gegen die Dominanz der Bundesbank => Stärkung des Zusammenhalts der Europäischen Union.
  • Die gemeinsame europäische Währung macht die Mitgliedsländer stärker voneinander abhängig; außerdem hat sie hohen politischen Symbolwert => Stärkung des politischen Zusammenhalts in der EU (=>» Sicherung des Friedens, gegen Renationalisierung), Stärkung der EU als globaler Akteur.


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Der befürchtete Schaden

  • Keine Wechselkursanpassung mehr möglich => bei länderspezifischen Krisen (z.B. Preisverfall in einem national wichtigen Wirtschaftszweig) hohe Arbeitslosigkeit im betreffenden Land =>

    => verstärkte Migration in andere EWU-Länder und Druck auf deren Arbeitsmarkt (=> gesellschaftliche Destabilisierung);

    => verstärkte Forderungen nach Ausgleichszahlungen aus der „Unionskasse", d.h. nach Finanztransfers aus den übrigen Ländern („Deutschland als Zahlmeister der EWU");

    => Druck auf die Europäische Zentralbank (EZB), die Geldpolitik zu lockern (=> mehr EWU-weite Inflation).

    Fazit: Nur Länder mit ähnlichen, möglichst diversifizierten Wirtschaftsstrukturen in die EWU!

  • Keine Wechselkursanpassung mehr möglich => bei ungleicher inflationärer Dynamik (z.B. aufgrund unterschiedlicher Lohndisziplin, evtl. verbunden mit unterschiedlicher Produktivitätsentwicklung) =>

    => sinkende Wettbewerbsfähigkeit im Inflationsland (=> steigende Arbeitslosigkeit, Migrationsdruck, Forderung nach Ausgleichszahlungen etc.);

    => Druck auf die EZB, die Geldpolitik zu lockern (=> mehr EWU-weite Inflation);

    => bzw. restriktive Geldpolitik der EZB zur Sicherung der Preisstabilität (=> weniger Wirtschaftswachstum in der gesamten EWU).

    Fazit: Nur Länder mit gleicher „Stabilitätskultur" in die EWU!

  • Keine Wechselkursanpassung mehr möglich => bevorstehende Strukturanpassungszwänge aufgrund wirtschaftlicher Globalisierung (u.a. osteuropäische Billigkonkurrenz) führen zu hohen Diskrepanzen in der Arbeitslosigkeit innerhalb der EWU =>Migration; Forderungen nach Ausgleichszahlungen etc. (siehe oben).

    Fazit: Nur Länder mit ähnlicher Wirtschaftsstruktur (und somit ähnlicher Anfälligkeit gegenüber Billigkonkurrenz) in die EWU!

  • Keine Wechselkursanpassung mehr möglich => unumgängliche Sozialstaatreformen können, wenn dezentral durchgeführt, die Lohnstückkostenrelationen drastisch verändern (z.B. bei Bürgergeld-Lösung) => Zwang zu abgestimmten Reformen => politische Blockade der Reformen.

    Fazit: EWU bleiben lassen!

  • Keine Wechselkursanpassung mehr möglich => auf nationaler Ebene vermindern sozialpolitische Maßnahmen zugunsten der Arbeitnehmer unmittelbar die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Produkte => Sozialpolitik droht der Standortkonkurrenz zum Opfer zu fallen.

    Fazit: Sozial- und Steuerpolitik EWU-weit koordinieren oder durch kostensenkende Maßnahmen jeweils explizit in ihrer Wirkung auf die Wettbewerbsfähigkeit neutralisieren!

  • Alle Vorteile der Wechselkursanpassung werden preisgegeben, um Vorteile zu erlangen, die man auch billiger erlangen kann.

    Fazit: Statt EWU solide Fiskal- und Lohnpolitik, beides Bedingungen, die für die EWU ohnehin erfüllt sein müssen.

  • Übermäßige Staatsdefizite in einigen Mitgliedsländern treiben - bei stabilitätsorientierter Geldpolitik der Europäischen Zentralbank - die Zinsen für die gesamte EWU in die Höhe => weniger Investitionen => geringeres Wirtschaftswachstum.

    Fazit: Den Mitgliedsländern die Überschreitung der Verschuldungsgrenzen durch effektive Sanktionen erschweren!

  • Die EWU vereint Länder mit unterschiedlichen „Stabilitätskulturen" => die einzelnen Direktoren der Europäischen Zentralbank messen der Preisstabilität im Konfliktfall unterschiedliche Bedeutung bei; außerdem: stärkerer Inflationsdruck von selten der Lohnpolitik; außerdem entfällt der jetzige Stabilitätswettbewerb der Zentralbanken (DM als Meßlatte) => die Europäische Zentralbank treibt eine weniger rigorose Stabilitätspolitik als z.B. die Bundesbank => geringere Preisstabilität in der EWU als ohne EWU.

    Fazit: Wenn man das nicht will, nur EWU mit Ländern hoher, hinreichend lange bewiesener „Stabilitätskultur"!

  • Die Finanzmärkte mißtrauen der Stabilität der neuen EWU-Währung => anfänglich Kapitalflucht aus der EWU => entweder höhere Zinsen (=>• weniger Wirtschaftswachstum) oder Abwertungstendenzen (=> höhere Inflation); evtl. weltweite Währungsturbulenzen (=>weniger Wirtschaftswachstum).

    Fazit: EWU nur mit Ländern, denen die Finanzmärkte nicht mißtrauen, und nur mit strikten Garantien gegen stabilitätsgefährdende Finanzpolitik! Für Länder, die eine unnötig restriktive Geldpolitik in der EWU erwarten: der EWU fernbleiben!

  • Die Finanzmärkte wenden sich gegen die Währungen der zweifelhaften Beitrittskandidaten bzw. der zunächst nicht zur EWU zugelassenen Länder;

    => höhere Zinsen dort (=> geringeres Wirtschaftswachstum dort, Verschärfung des Staatsdefizits dort => Schwächung des politischen Zusammenhalts der EU);

    => Währungsturbulenzen (=> EWU-weit weniger Wirtschaftswachstum);

    => Aufwertung der EWU-Währung (=> EWU-Länder verlieren an Wettbewerbsfähigkeit) .

    Fazit: EWU mit allen wichtigen EU-Ländern und rasche Entscheidung über Umrechnungsparitäten! Wenn nicht möglich, hart nachdenken, ob EWU dennoch lohnt!

  • Die gemeinsame europäische Währung wird in die Rolle einer Weltreservewährung gedrängt => verminderte preisliche Wettbewerbsfähigkeit der EWU-Länder gegenüber dem Rest der Welt => Entwicklung von Ressentiments gegen die EU.

    Fazit: Für alle EU-Länder außer Deutschland: Der EWU fernbleiben, wenn der Reservewährungs-Effekt nicht durch die erwarteten Vorteile aufgewogen wird!

  • Eine EWU nach den Maastrichter Kriterien unterwirft die Mitgliedsländer einer finanzpolitischen Disziplin, die manche nicht wollen => Ressentiments gegen Europa, insbesondere gegen Deutschland, das als „Zuchtmeister" der Währungsunion gesehen wird.

    Fazit: EWU nur unter Ländern mit geordneten Staatsfinanzen!

  • Die gemeinsame europäische Währung macht Entlohnungsunterschiede innerhalb der EWU transparent =>
  • verstärkte Migration von Arbeitskräften in die Hochlohnländer der Union (=> Druck auf deren Arbeitsmärkte);
  • Trend zur Lohnangleichung (=> höhere Stückkostenunterschiede => mehr Arbeitslosigkeit in Ländern mit relativ niedriger Produktivität).

    Fazit: Wenn man das nicht will, nur EWU unter Hochlohnländern!

  • EWU bedeutet eine einheitliche Geldpolitik für Länder mit u.U. ganz unterschiedlichen Problemlagen und monetären Strukturen => zu lasche Geldpolitik für die einen Länder, zu strikte für die anderen.

    Fazit: Wenn diese Gefahr als gravierend angesehen wird, EWU bleiben lassen!

  • Der Versuch, das Zustandekommen der EWU gemäß den in Maastricht vereinbarten Bedingungen zu erzwingen, vertieft die Rezession in Europa => politisch nicht durchhaltbar => erneute Währungsturbulenzen, politische Diskreditierung des EWU-Projektes => Rückschlag für den ganzen europäischen Einigungsprozeß.

    Fazit: Den EWU-Zeitplan so schnell wie möglich strecken!


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juli 1999

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