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TEILDOKUMENT:
Welche Konsequenzen hätte ein Nichtzustandekommen der EWU? A. Die ökonomische Dimension Position A1: Ohne EWU müßte Europa auf wirtschaftliche Vorteile verzichten. Die wahrscheinliche Alternative zur EWU wäre eine Weiterführung des Europäischen Währungssystems (EWS) mit all seinen eingebauten Instabilitäten und Risiken. Währungsfluktuationen und gelegentliche Krisen würden als investitionshemmender Unsicherheitsfaktor bestehenbleiben. Einige Länder würden weiter mit Zinsaufschlägen das mangelnde Vertrauen der Finanzmärkte in ihre Währungen kompensieren. Der Binnenmarkt bliebe unvollendet.
Position A 2:
Bei Nichtzustandekommen der EWU würde sich die ökonomische Lage für Europa verschlechtern. Der politische Wille zur Verteidigung der Währungsstabilität würde nachlassen. Der Aufwertungsdruck auf die DM würde zunehmen. Einige Länder der Europäischen Union (EU) würden versuchen, mit aggressiver Abwertung Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Andere Länder würden sich mit neuen Handelsbarrieren zu schützen versuchen - das faktische Ende des Gemeinsamen Marktes.
Position A3:
Das Nichtzustandekommen der EWU brächte Europa keine nennenswerten wirtschaftlichen Nachteile, aber auch keine Vorteile. Das Währungsgefüge zwischen den Kernländern der EU ist ohnehin stabil. Die EWU fügt dem nichts hinzu. Wenn andere Länder eine stabilitätsorientierte Politik betreiben, wie es die Maastrichter Beitrittsbedingungen für die EWU erfordern, werden sich ihre Währungen ebenfalls ohne EWU stabilisieren. Die DM wird für alle die Ankerwährung sein. Wirtschaftlich instabile Länder passen sowieso nicht in die EWU. Außerdem: Die Fortschritte auf dem Weg zur elektronischen Dauerverfügung über Konten, und zwar von überall aus, könnten bald sowieso dazu führen, daß sich eine Währung mehr und mehr als faktisches Zahlungsmittel durchsetzt.
Position A4:
Ohne EWU bleiben Europa gravierende wirtschaftliche Nachteile erspart, nämlich,
B. Die politische Dimension Position B 1: Ein Scheitern der EWU-Pläne bedeutete einen schweren Rückschlag für den europäischen Einigungsprozeß. Die EWU wurde nicht zuletzt als ein Mittel konzipiert, die wirtschaftspolitische Übermacht Deutschlands (zumal des vereinigten Deutschland) in Europa zu neutralisieren. Sie soll einer befürchteten Eskalation von deutscher Hegemonie und dem Entstehen von Gegenallianzen vorbeugen. Das Scheitern des EWU-Pro-jektes würde mittelfristig derartige Prozesse fördern. Bereits kurzfristig würde es Ansätze zu Europaskepsis verstärken und Desintegrationstendenzen Auftrieb geben. U.a. würde es zu Rückschritten in der schon erreichten Marktintegration führen (neue Handelshemmnisse).
Position B 2:
Ein Nichtzustandekommen der EWU bliebe ohne nennenswerte politische Folgen. Nachdem der Gemeinsame Markt etabliert ist, hinge eine Vertiefung der europäischen Integration von der weiteren Vergemeinschaftung politischer Willensbildung ab. Im übrigen hat die Erweiterung der EU politische Priorität. Für beides ist die EWU belanglos.
Position B 3:
Da die Maastrichter Beitrittsbedingungen nur wenige Länder zur EWU zulassen, würde ihr Nichtzustandekommen politischen Schaden abwenden.
C. Die Gesamtsicht Position C1: Ein Nichtzustandekommen der EWU würde sowohl wirtschaftliche als auch politische Nachteile bringen.
Position C2: Ein Nichtzustandekommen der EWU wäre ökonomisch von Nachteil. Demgegenüber wiegen politische Bedenken gering.
Position C3: Ein Nichtzustandekommen der EWU wäre politisch von Nachteil. Demgegenüber wiegen ökonomische Bedenken gering.
Position C4: Eine EWU nach dem Maastrichter Modell würde so großen politischen Schaden anrichten, daß demgegenüber die ökonomischen Vorteile gering wiegen.
Position C5: Die EWU wäre mit so gravierenden ökonomischen Gefahren verbunden, daß demgegenüber der politische Schaden eines Nichtzustandekommens gering wiegt
Position C6: Ein Nichtzustandekommen der EWU würde Europa sowohl wirtschaftliche als auch politische Nachteile ersparen.
Position C7: Ein Nichtzustandekommen der EWU hätte weder auf wirtschaftlichem noch auf politischem Gebiet nennenswerte Konsequenzen.
© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juli 1999 |