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TEILDOKUMENT:




III. Modernisierung des Staates als zentrale politische Aufgabe



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1. Modernisierung des Staates als Daueraufgabe

Die Modernisierung des Staates gleicht einer unendlichen Geschichte, denn der Staat setzt immer neue Ringe an und entwickelt sich zu einer immer komplexeren Großorganisation. Vier Ebenen (Gemeinden, Länder, Bund und EG) teilen sich inzwischen verschiedene Abgaben und Einnahmen. Auf der Angebotsseite werden immer mehr komplexere Güter und Leistungen für die Bürger bereitgestellt. Fast alle Kritiken gehen in ihren Ursachen auf die wachsende Komplexität einer Großorganisation mit zersplitterten Verantwortungen und Zurechnungen zurück. Daraus ergeben sich in der Umkehrung Modernisierungsfelder.

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2. Bessere Zurechnung und Verantwortungsteilung

Die zentrale Aufgabe des Staates besteht darin, Kollektivgüter bereitzustellen, d.h. Güter, die nicht teilbar sind, die allen Bürgern als Systeme oder Leistungen zur Verfügung stehen und die nicht von einzelnen individuell nachgefragt bzw. erworben werden können. Aus der Unmöglichkeit der Zurechnung im Einzelfall folgt der Zwang zu einer kollektiven Finanzierung über Steuern. Dies gilt für Verteidigungsleistungen genauso wie für die innere Sicherheit. Allerdings stellen staatliche Organisationen auch immer mehr Leistungen bereit, die im Prinzip von Einzelpersonen oder Unternehmen gesondert in Anspruch genommen werden oder die bestimmten Gruppen überdurchschnittlich zugute kommen. Hier sind Zurechnungen im Einzelfall zwar nicht im Sinne einer exakten Preiszahlung aber doch im Sinne einer erhöhten Transparenz möglich.

Mangelnde Zurechnung von Kosten und Nutzen und verwischte Verantwortungen stellen eine zentrale Ursache für Verschwendungen und Fehllokationen im Staatssektor dar. Diese zunehmende Komplexität wird oft als Strukturelement staatlichen Handels bezeichnet, die einfach hinzunehmen ist. Ständig begegnet man jedoch der politischen Neigung, die Komplexität des Staates in einem Ausmaß zu erhöhen, was technisch nicht notwendig erscheint. Die These von der Unvermeidbarkeit der ständig zunehmenden Komplexität des staatlichen Sektors muß als ein grundlegender Irrtum angegangen werden. Wir beobachten seit Jahren, wie private Unternehmensorganisationen vereinfacht und transparenter gemacht werden. Lean-Management, Profit-Center, Abbau von Hierarchien, ein näheres Zusammenführen von Management, Forschung und Produktion, Dezentralisierung, Hineintragen von Wettbewerb in die großen Organisationen, das sind Kurzformeln für einen Strukturwandel in großen privaten Organisationen, der überall beobachtbar ist. Gemessen daran baut der Staatssektor sich unverändert komplexe hierarchische Großorganisationen auf, die von niemandem - schon gar nicht von Politikern - gesteuert werden können, die für diese Aufgabe nicht ausgebildet wurden und deren Energien zu einem fast unerträglichen Teil durch die Aufgabe, Konsens zu stiften, absorbiert werden. Für das technokratisch saubere Systemmanagement bleibt selten ausreichend Zeit. Dabei stellt man mit Erschrecken fest, daß die Berufspolitiker als Profiteure eines komplexen Staatsapparates ein hohes Eigeninteresse an der Komplexitätssteigerung haben. Je mehr Verschachtelungen und Verflechtungen entstehen, um so mehr werden Entscheidungen in Zwischengremien der Politik und Verwaltung verlagert. Die Kontrollmöglichkeit durch die Öffentlichkeit wird reduziert, weil jeweils mehrere Ebenen oder Fachbereiche betroffen sind. Dabei muß man nicht unterstellen, daß die Politik bewußt in Richtung auf Erhöhung der Komplexität und Abbau direkter Kontrolle hinarbeitet. Der Alltag schafft genügend Zwänge und Anlässe, um solche, die eigene Macht steigende Komplexität, weiter zu erhöhen. Der Verkehrsminister des Landes A verhandelt mit dem Verkehrsminister des Landes B. Dabei müssen die Landesverkehrsminister und diverse andere Fachverwaltungen mit einbezogen werden. Als Ergebnis entsteht ein komplexes System von Gremien und Organisationen, die an einer Entscheidung mitarbeiten. Jeder Versuch der externen Einflußnahme und Kontrolle stößt auf die Schwierigkeit, daß niemand das Gesamtnetz verändern und kontrollieren kann und Einflüsse auf Teilaspekte am Widerstand der vereinigten Organisations- und Fachchauvinisten scheitern.

Besonders schwer kontrollierbar werden die Verflechtungen der vier Ebenen zwischen Bund, Ländern, Gemeinden und EG. Die EG verhandelt immer häufiger direkt mit Ländern und Kommunalverwaltungen im Rahmen von Struktur- und Technologieprogrammen. Pilotprojekte werden gestartet. Fachverwaltungen und Fachpolitiker von Bund, Ländern, Gemeinden und EG bilden dabei gemeinsame Interessenachsen. Die Parlamentarier der einzelnen Ebenen stehen diesen komplexen Steuerungs- und Organisationsstrukturen fast ohnmächtig gegenüber. Opposition auf der einen Ebene wirkt dann angesichts der großen Gesamtprojekte destruktiv und kleinkariert. Um sich gegen politische Widerstände im jeweiligen Einzugsbereich zu wappnen, werden bewußt große komplexe Geleitzüge und Entscheidungspakete zusammengestellt, aus denen einzelne Elemente nicht mehr herausgebrochen werden können.

Wie dargestellt, wird dies am deutlichsten am Beispiel der EG. Hier wurde eine neue staatliche Ebene geschaffen, deren Finanzierung überwiegend aus indirekten Abgaben, die von den einzelnen Bürgern nicht nachvollzogen werden können, finanziert wird. Gleichzeitig besteht nur eine indirekte politische Kontrolle. Schließlich kommt hinzu, daß die Medienpräsenz bei den EG-Behörden in Brüssel weit schwächer entwickelt ist als in den nationalen Hauptstädten.

Die Entscheidungen fallen überwiegend in internationalen direkt nicht kontrollierbaren Gremien, mit der Folge, daß nationale Entscheidungskompetenzen reduziert und die Stimmzettel der Bürger national entwertet werden, ohne daß dafür ein Ausgleich bei den Europawahlen entsteht. Fast kein EG-Bürger kann heute genau nachvollziehen, welche Steuern und Abgaben zugunsten welcher EG-Aufgaben entstehen und wie die EG-Mittel im Detail verwendet werden. Am deutlichsten wird dies am Beispiel der Agrarpolitik. Hier wird zugunsten einer kleinen Minderheit ein riesiger staatlicher Aufwand getrieben. Die Mittel werden z.T. dadurch beschafft, daß Agrarimporte in die EG durch Abgaben verteuert werden. Dies erhöht das Preisniveau für Lebensmittel innerhalb der EG, was vor allem Haushalte mit niedrigem Einkommen überdurchschnittlich belastet. Gleichzeitig werden Umsatzsteueranteile für die Finanzierung der Agrarmarktordnungen verwendet. Preissteigerungen und Finanzierungen durch Mehrwertsteuererhöhungen wirken systematisch regressiv. Die sonst verteilungspolitisch ziemlich sensiblen Parteien haben sich hier längst eine Hornhaut zugelegt. Es kommt in vielen Fällen zu einer Umverteilung zulasten relativ armer Haushalte, während die begünstigten Bauern, was Einkommen und Vermögen angeht, im Vergleich dazu sehr wohlhabend sind. Die Preiserhöhungen rufen gleichzeitig eine umweltbelastende Überproduktion hervor. Solche absurden und unfairen Ergebnisse sind Folge indirekter politischer Entscheidungen und indirekter Finanzierungen. Die politischen Entscheidungen kommen in internationalen Gremien zustande, die niemandem direkt verantwortlich sind. Jedes einzelne Mitglied versucht bei seinen eigenen nationalen Wählern Zustimmung zu gewinnen und betätigt sich deshalb als aggressiver Interessenvertreter. Kompromisse kommen nur nach langem Tauziehen zustande. Die einzelnen Wähler haben nicht die Chance, sich dagegen zu wehren. Vielfach spüren sie die Folgen der politischen Entscheidungen überhaupt nicht, da sie in den Haushalten mehrerer politischer staatlicher Ebenen versteckt sind. Eine Kritik gegenüber den eigenen nationalen Politikern wird regelmäßig mit dem Argument abgeschmettert, daß internationale Kompromisse unvermeidbar seien. Man stelle sich z.B. vor, daß die EG-Agrarpolitik nicht aus indirekten Steuern und Abschöpfungsbeträgen sondern aus einem Zuschlag zur Einkommenssteuer finanziert würde. Die Politiker hätten dann regelmäßig vor ihre Wähler hintreten müssen, um direkte Steuererhöhungen durchzusetzen. Ohne Zweifel gäbe es eine EG-Agrarpolitik in der heutigen Form nicht, weil sich dafür keine Mehrheiten finden ließen. Die wuchernden Politiken zugunsten von Minderheiten ohne Zustimmung durch Mehrheiten sind nur möglich, weil in einem komplexen Staatsaufbau spezielle Interessen hohen Einfluß gewinnen und die Mehrheit nicht in der Lage ist, ihre Ablehnung zum Ausdruck zu bringen. Bei den jeweiligen Wahlen stehen nur gesamte Menüs zur Auswahl nicht jedoch einzelne Politiken. Hier ist zwar ein Strukturelement jeder Wahlentscheidung beschrieben. Allerdings sind durch die Komplexitätssteigerungen der staatlichen Organisationen, durch die fehlenden Zurechnungen von Einnahmen und Ausgaben und durch die Verantwortungsmischungen immer häufiger Situationen entstanden, in denen über lange Fristen große Politikfelder "mehrheitslos" weiterbetrieben werden. Eine Gremienherrschaft von Berufspolitikern und politischen Beamten steuert Prozesse, die für die Wähler nicht mehr kontrollierbar und durchschaubar sind.

Ähnlichen Phänomenen begegnet man aber auch in anderen Bereichen, insbesondere in der Kommunalpolitik. Dort werden Großprojekte zu einem erheblichen Teil aus Zweckzuweisungen der Länder finanziert. Auch auf der nationalen Ebene wuchern indirekte Finanzierungen zwischen verschiedenen Ebenen der Gebietskörperschaften. In vielen Bereichen teilen sich Bund, Länder und Gemeinden die Kosten von großen Investitionen. Solche "Mehrebenenfinanzierungen" waren gedacht, um neue politisch gewichtige Investitionsaufgaben rasch zu realisieren und zu finanzieren. Der Bund stellt deshalb Ländern und Gemeinden Finanzhilfen für den Wohnungsbau, die Stadterneuerung oder die Verkehrsinfrastruktur bereit. Aus den Mischfinanzierungen folgt, daß die jeweilige Ebene nur ein Bruchteil der Gesamtkosten trägt. Die politische Durchsetzung auf den einzelnen Ebenen wird erleichtert. Vor allem die Gemeinden können ihren Wählern bei geringen Belastungen hohe Investitionsergebnisse versprechen. Sie geraten aber auch unter den Druck andere Aufgaben, die sie selbst für sinnvoll erhalten, zurückzustellen. Das Ergebnis ist häufig eine Überinvestition in den Mischfinanzierungsbereichen. Nüchternes Kosten-/Nutzendenken wird vernachlässigt, weil die entscheidenden Gremien ihren Wählern die vollen Kosten nicht anlasten müssen.

Der Renner des Jahrzehnts wurde auf diese Weise die Stadterneuerung - das Lieblingskind der Mittelschichten, deren Wohngebiete aufgewertet und verschönert wurden. In der Zwischenzeit wissen wir, daß dabei eine riesige Überinvestition angeregt wurde, mit dem Ergebnis, daß die Zahl einfacher preiswerter Wohnungen drastisch reduziert wurde. Die Wohnungsverknappung für Haushalte mit niedrigem Einkommen ist auch Folge der staatlich subventionierten Überinvestition in die vorhandenen Wohnungsbestände. Haushalte mit hohem Einkommen brauchen heute anders als in den 60er und frühen 70er Jahren, wenn sie attraktiven Wohnraum suchen, nicht mehr die hohen Kosten des Neubaus zu tragen. Sie breiten sich in den attraktiver gewordenen Beständen aus. Die Benachteiligten dieser Strategie sind Haushalte mit niedrigem Einkommen, die auf einfache Wohnungen angewiesen sind, weil der Staat nicht über hinreichende Subventionen verfügt, um allen Bürgern einen gleichen sehr hohen Wohnstandard zu garantieren.

Auf der kommunalpolitischen Ebene hat die Mischfinanzierung zur Folge, daß viele lokale Politiker häufig nur noch daran gemessen werden, ob es ihnen gelingt, aus den Landeshauptstädten mit wertvollen Jagdtrophäen heimzukehren. Statt sich an den Willen und den Wünschen ihrer Wähler zu orientieren, werden sie in Abhängigkeit von Töpfchenverwaltern der Landeshauptstädte gehalten. Für die Länder wiederum gilt, daß ihre Finanzsituation zu einem erheblichen Teil in Bonn entschieden wird.

Modernisierung des Staates bedeutet deshalb vor diesem Hintergrund Reduktion der Komplexität, Trennung von Verantwortungen, Zusammenführen von Einnahme- und Ausgabeverantwortung, wenn möglich auf einer Ebene, und Reduzierung der Mischverwaltungen und Mischfinanzierungen. Um den ständigen Prozeß der Entwertung der Stimmzettel durch Gremienherrschaft und fehlende Zurechnungen zu bremsen, müßte eine grundlegende Umkehr in der Struktur der Finanzierung und Verantwortungsteilung des Staatssektors eingeleitet werden.

Dies hätte zur Folge, daß die einzelnen Wähler jeweils deutlicher spüren, welche Kosten durch bestimmte Maßnahmen entstehen. Die Politiker auf den einzelnen Ebenen müßten besser abwägen, welche Nutzen verschiedene Maßnahmen hervorrufen. Ausgaben würden stärker nach den unmittelbar spürbaren Bedürfnissen und Präferenzen der Wähler gesteuert. Die Verselbständigung von bestimmten Programmen und der wuchernde Programmchauvinismus der Fachpolitiker verschiedener Ebenen, die gemeinsam ihre Politikbereiche ausweiten wollen, würde eingedämmt. Die Kontrolle wäre direkter und wirksamer und die autonome Macht der Politik bliebe geringer. Ein Ergebnis solcher Veränderungen wäre die drastische Aufwertung der Stimmzettel. Wählen gehen würde sich mehr lohnen als heute, wo Stimmabgabe immer seltener Zustimmung zu einer Partei bedeutet. Wahlen zwingen immer mehr zur Wahl zwischen kleineren Übeln. Die Wähler entwickeln sich zu Verlustminimierern und nicht zu Gewinnmaximierern.

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3. Steuerung durch Preise statt durch Gebote und Verbote

Was hier abstrakt als bessere Zurechnung der Kosten verschiedener Maßnahmen angesprochen ist und im Ergebnis ein besseres Zusammenführen von Einnahme- und Ausgabeverantwortung auf den einzelnen Ebenen voraussetzt, spielt in anderen Bereichen und Zusammenhängen eine ähnliche Rolle. In der Umweltpolitik ist es längst ein Gemeinplatz geworden, daß man dem Verursacherprinzip besser Geltung verschaffen müsse. Auch hier geht es darum, daß einzelnen Gruppen, Haushalten und Unternehmen die Folgen von Produktion oder Konsum möglichst direkt zugerechnet werden sollen. Die Abwälzung von Umweltbelastungen auf die Allgemeinheit soll unterbunden werden. Was in der Öffentlichkeit meist als ökologischer Umbau der Volkswirtschaft bezeichnet wird, wird sich im Kern als eine Ökonomisierung der Ökologie erweisen. [Beispiele: - Einführung von Umweltpfändern, um die Rückführung von Batterien, Autowracks u. a. umweltbelastenden Gegenständen zu erleichtern bzw. dafür Anreize zu schaffen. - Vermarktung von Emissionsrechten. - Vermarktung von Genehmigungslizenzen aller Art.]

Der Gedanke der Zurechnung bzw. das Verursacherprinzip muß in alle Bereiche des öffentlichen Sektors hineingetragen werden. Wo immer möglich sind die indirekten Finanzierungen aufzuheben; dafür sollten verstärkt Quasipreise und direkte Abgaben als Finanzierungsinstrumente eingesetzt werden können.

Welche Revolution ein solches Konzept für den öffentlichen Sektor bedeutet, kann hier nur an einigen wenigen Beispielen erläutert werden:

Straßenpreise
Vor allem in den Kernbereichen der Agglomerationen werden Straßenkapazitäten absolut knapp. Eine Kapazitätsausweitung scheitert am Flächenmangel. Zwar kann ein verbessertes Verkehrsmanagement aus einem gegebenen Straßensystem noch ein Mehr an Fahrleistungen "herausholen"; dies bedeutet jedoch nur eine Verschiebung der Grenzen. Im Prinzip wächst die Knappheit innenstädtischer Straßenkapazitäten auf Dauer weiter. Es wächst aber auch die Knappheit von Fernstraßen zumindest in bestimmten Belastungszeiten. Bisher werden wiederkehrende Staus als Steuerungsinstrumente gegenüber der Verknappung von Straßenkapazitäten eingesetzt. Dabei haben Staus aus der Sicht vieler Bürger den Vorteil, daß alle Teilnehmer gleich behandelt werden. Tatsächlich erleben wir jedoch eine ständige Verknappung der Zeit. Zeit ist unterschiedlich wertvoll und wird unterschiedlich produktiv genutzt. Das Lieferfahrzeug, das dringlichst Güter von A nach B bringen muß, benötigt die Straßen mehr als die Hausfrau, die ein Paar Strümpfe kaufen möchte. Eine Lösung ist prinzipiell dadurch möglich, daß über elektronische Steuerung und Registrierung nutzungsabhängige Preise erhoben werden. Dagegen wird eingewandt, daß damit neue soziale Probleme geschaffen würden. Dem ist entgegenzuhalten, daß natürlich meritorische Straßennutzungen, etwa der Transport von Kindern zur Schule oder andere wichtige Fahrten, die während der Stoßzeiten zu absolvieren sind, preisfrei abgewickelt werden können. Die entsprechenden Fahrzeuge oder Fahrten würden von der Belastung ausgenommen.

Für die übrigen Bereiche bliebe ein Element der Ungleichheit bestehen. Die Gleichheit im Stau würde aufgehoben. Man muß allerdings davon ausgehen, daß sich auch neue Verhaltensweisen bilden. So können sich Mitfahrgemeinschaften bilden, mit der Folge, daß bei voll besetzten Autos die Straßennutzungsgebühren auf mehrere Personen verteilt werden. Man kann die Zahl der Fahrten in die Innenstadt zum Einkaufen reduzieren und dann jeweils größere Umsätze auf einmal realisieren. Die Hinweise zeigen, daß Vermeidungs- und Anpassungsverhalten möglich ist, das auch dazu führt, daß die ungleichen Wirkungen z. T. wieder ausgeglichen werden. Das Ergebnis wäre in jedem Fall eine bessere Nutzung der Straßenkapazitäten, wären weniger Staus und weniger Umweltbelastungen. Schließlich liegt auf der Hand, daß Straßenpreise nicht isoliert eingesetzt werden können. Sie müssen verbunden sein mit einem verbesserten Öffentlichen Personennahverkehr. Vorrangspuren für Busse und Sammeltaxis gehören genauso dazu, wie eine Parkraumbewirtschaftung mit Preisen, die über den Tag gestaffelt werden.

Eine Grundsteuer als Quasipreis für die Bodennutzung
In den letzten Jahren hat sich im Gefolge der steigenden Nachfrage nach Bauland und Siedlungsflächen gezeigt, daß die Bereitschaft zu einer nachfragegerechten Ausweitung von Siedlungsflächen gesunken ist. Dies führt zu unerträglichen Umverteilungen und Knappheiten. Die Knappheit an Baurechten verteuert Bauland und damit neu gebaute Wohnungen. Als Folge davon erzielen die Eigentümer von Bestandswohnungen zusätzliche Mietsteigerungen, die ihnen leistungslose Einkommenserhöhungen und Vermögensgewinne verschaffen.

Als Steuerungsinstrument könnte in dieser Situation eine Grundsteuer wirken, die auf der Grundlage zeitnah bemessener Verkehrswerte erhoben und deutlich erhöht wird. Bei untergenutzten gewerblichen Grundstücken würde der Anreiz zu einer intensiveren Nutzung oder zum Verkauf steigen. Das Baulandangebot würde im privaten und gewerblichen Sektor zunehmen. Der Staat würde in jedem Fall an der Verknappung der Mietwohnungen partizipieren. Die aus einer Wohnungsverknappung resultierenden Mehreinnahmen würden nicht mehr voll den Eigentümern als windfall profits zufallen. Sie könnten zur Finanzierung von Neubauten und zur Erschließung von Bauland genutzt werden. Daraus ergäbe sich eine Verringerung der künftigen Mietsteigerung. Eine Grundsteuererhöhung dieser Verwendung läge deshalb im Interesse der Mieter. Dort, wo absolute Knappheiten entstehen, würde der Staat immerhin an diesen absoluten Knappheiten partizipieren. Das Ausmaß der Umverteilungen zugunsten der Alteigentümer würde reduziert.

Die beiden Beispiele machen deutlich, welche Veränderungen eine Zurechnung von Kosten und Nutzen bei öffentlichen Gütern oder bei Grundstücken zur Folge haben kann. Angesichts der Revolution der Datenverarbeitung, der Sensortechnik und der Informationsübertragungen werden in Zukunft Finanzierungsinstrumente möglich, die jeweils eine bessere Zurechnung von Kosten und Nutzen auch im öffentlichen Sektor herbeiführen. Wir stehen hier erst am Anfang einer Entwicklung, die langfristig dazu beitragen können, verbesserte Grundlagen für wirtschaftliches Handeln und Verhalten im öffentlichen Sektor zu schaffen.

Es liegt auf der Hand, daß gegen solche Zurechnungstechniken in öffentlichen Budgets uralte Gegenargumente bestehen. Das Nonaffektationsprinzip ist ein geheiligtes Prinzip der Finanzwissenschaft. Tatsächlich zeigt sich, daß Schädigungspotentiale durch die Politik und durch den öffentlichen Sektor ständig zunehmen. Der öffentliche Sektor erzeugt immer größere und komplexere, z. T. ungewollte Umverteilungen. Nicht mehr die Umverteilung zwischen Arbeitnehmern und Unternehmern steht im Vordergrund, sondern Verteilungen zwischen unterschiedlichen Gruppen aufgrund von Subventionen, Zugangsbeschränkungen zu Märkten oder von realen Vorteilen als Folge von Nutzungen öffentlicher Infrastruktur, denen keine adäquaten Abgaben gegenüberstehen. Umverteilungen dieser Art beruhen im Grundsatz zunächst immer darauf, daß zuwenig Transparenz und zuwenig direkte Zurechnung bestehen. Unternehmen und Haushalte wälzen Umweltbelastungen auf die Allgemeinheit ab. Knappe Baurechte erzeugen Vermögensgewinne bei den Eigentümern von Bauland und bebauten Grundstücken. Die öffentliche Infrastruktur wird ganz unterschiedlich in Anspruch genommen, ohne daß die Unterschiede in irgendwelchen Finanzierungsbeiträgen zum Ausdruck kommen. Dies gilt insbesondere für den Verkehrssektor. Die komplexen Mischfinanzierungen und Subventionssysteme führen zu vielen kaum nachvollziehbaren, weithin nicht gewollten Belastungen und Entlastungen. Dies gilt in der Regionalpolitik genauso wie in der Wohnungsbauförderung. Als Mittel (nicht als Allheilmittel) gegen solche ungewollten Umverteilungen können bessere Zurechnungen, gestützt auf mehr Transparenz und Quasipreise, als Finanzierungsinstrumente eingesetzt werden. Sie erzeugen im Ergebnis eine Komplexitätsreduktion. Eine Erhöhung der Zurechnung von Einnahmen und Ausgaben, genauere Abgrenzungen von Verantwortung und Zweckbindung bestimmter Steuereinnahmen erhöhen im Ergebnis die Verteilungsgerechtigkeit und Effizienz des staatlichen Sektors.

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4. Modernisierung des Staates durch gezielte Effizienzsteigerung in den öffentlichen Verwaltungen



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4.1. Das Problem

Staatliche Organisationen hinken in ihrer Effizienz hinter den meisten privaten Organisationen her. Folgende Gründe dürften dafür ausschlaggebend sein:

• Staatliche Leistungen werden nach wie vor in großen hierarchischen Organisationen erzeugt.

• Die Entscheidungskompetenz der einzelnen Organisationsleiter ist niedrig. Detaillierte Regelungen verhindern oder erschweren effiziente Organisationsformen und vermindern den Anreiz zu effizienteren Produktionsformen.

• Es fehlt an Wettbewerb, der leistungssteigernd wirkt. Private Organisationen sind grundsätzlich nicht besser als öffentliche. Sie werden nur durch Wettbewerb und das Hinzukommen neuer Anbieter ständig zu Leistungssteigerungen gezwungen.

• Es fehlen ausreichende Anreize zur Einsparung von Kosten und Erhöhung der Leistungen.

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4.2. Leistungssteigerung durch Privatisierung

Ein Schlagwort, das in den letzten Jahren Strukturveränderungen in den Organisationen des privaten Sektors charakterisierte, lautet: "Senkung der Fertigungstiefe". Dahinter steht die Erfahrung, daß große hierarchische Organisationen bei gleichzeitig hoher innerer Komplexität keine maximale Effizienz garantieren. Verringerung der Fertigungstiefe durch Auslagerung der Produktion von Komponenten oder Diensten entwickelte sich vor diesem Hintergrund zu einer wirksamen Strategie gegen die Komplexitätsexplosion und die Reibungsverluste in Großorganisationen. Ganz im Gegensatz zu dieser im Privatsektor erfolgreichen Strategie wurde das Thema im öffentlichen Sektor unter der Überschrift "Privatisierung" ideologisiert. Statt den Gesichtspunkt der Effizienz- und Qualitätssteigerung in den Vordergrund zu stellen, wurde Privatisierung von konservativer Seite als ein Instrument zur Verringerung des Staatseinflusses dargestellt. Dadurch ließ sich die SPD in eine sehr verquere Abwehrsituation drängen. Opposition gegen Privatisierung wurde vielfach als Verteidigung von politischen Einflußmöglichkeiten interpretiert.

Diese Diskussionslage ist unbefriedigend. Privatisierungen als Instrument der Leistungs- und Qualitätssteigerung können aus der Kontroverse über den Umfang und die Intensität des Staatseinflusses völlig herausgehalten werden. Wie bei privaten Großunternehmen auch wird die Senkung der Fertigungstiefe eine Frage der Zweckmäßigkeit, die aus der Aufgabe heraus, d.h. insbesondere aus den Anforderungen der Kunden heraus entschieden werden sollte. Das bedeutet in der Praxis, daß ständig und systematisch geprüft werden muß, ob Leistungen, die der öffentliche Sektor in eigener Regie erfüllt, nicht besser in Form von Auslagerungen auf Private übertragen werden können, die dann im Auftrag des Bundes oder der Länder tätig werden. Damit würde vor allem mehr Wettbewerb entstehen.

Beispiele:

- Es ist nicht einzusehen, warum ein Schwimmbad von kommunalen Bediensteten betrieben wird. Genauso ist nicht einzusehen, warum irgendein Bus von einem öffentlichen Angestellten gefahren werden muß. Beide Leistungen können im Wege von Submissionen von privaten Anbietern übernommen werden. Dabei lassen sich durch vertragliche Auflagen alle sozialen Ziele sicherstellen. Dort, wo Auflagen gemacht werden, die im Ergebnis für den privaten Anbieter zu Verlusten führen, muß es zur Bereitstellung einer Subvention kommen. Der Staat soll sich auf seine Kernaufgaben, d. h. die Steuerung der Leistungen, konzentrieren. Die Produktion der Leistungen soll, wo immer möglich, im Wettbewerbsverfahren organisiert werden, wie das bei der Produktion von Straßen und Gebäuden seit je her üblich ist (Bereiche für solche Privatisierungen: Buslinien, Schwimmbäder, das Leeren von Parkuhren, Pflege von Grünanlagen, die Übernahme von Gehaltsabrechnungen, Gebäudereinigung, die Organisation und das Management von Krankenhäusern, Schulen, Universitäten. . . ).

- Privatisierungen sind auch in sehr speziellen Fachbereichen wie der amtlichen Statistiken möglich und notwendig. Hier hat sich z. T. hinter dem als Abwehrinstrument mißbrauchten Datenschutz ein skandalös ineffizientes Monopolsystem der Datenverwaltung entwickelt. Die Auswertung von Daten braucht oft Jahre. Die Analysen sind schematisch und phantasielos. Private Institute erhalten mit Datenschutzargumenten keinen oder nur begrenzten Zugang zum Rohmaterial. Tatsächlich könnte bei vielen Erhebungen die Aufbereitung und Auswertung von Daten durch Ausschreibungen im Wettbewerb erfolgen. Man kann jede Zählung anonymisieren. Ein Großteil der Auswertungen ist auf der Basis völlig anonymisierter Daten möglich. Der gegenwärtige Zustand ist völlig unhaltbar. Die Steuerzahler werden mit riesigem Aufwand belastet. Die Informationsergebnisse sind unbefriedigend. Sie kommen zu spät. Ein großer Teil der Informationen wird den Nachfragern niemals bereitgestellt. Abhilfe wäre einfach. Durch entsprechende Ausschreibungsverfahren können bei geringeren Kosten bessere Auswertungsergebnisse erzielt werden. Es gibt keinen Grund, warum die Innenminister sich bisher vor dieser Aufgabe drücken.

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4.3. Explizite Qualitätsstandards

Hoheitliche Leistungen können nicht im Wettbewerb erzeugt werden, sie müssen im Staatssektor verbleiben (Baugenehmigungen, Gewerbeaufsicht . . .). Allerdings sollten Politiker sich stärker darauf konzentrieren, hier Leistungsstandards vorzugeben.

Ohne eine systematische ständige Rückkopplung zu den Kunden, die überall eingerichtet werden könnte, fehlen allerdings die wesentlichsten Informationen, die für eine Qualitätssteigerung erforderlich sind. Ein besonderes Problem stellen die für die Adressaten oft nicht kalkulierbaren Fristen dar. Unkalkulierbare Fristen erzeugen Risiken und Kosten, ob Baugenehmigungen oder Entscheidungen der Gewerbeaufsicht. Die Ämter kalkulieren ganz offensichtlich die Zeitkosten nicht, die bei den Privaten entstehen. Hier sind allein durch politische Vorgaben Lösungen möglich. Im Einzelfall ist jeweils zu prüfen, warum Fristen nicht eingehalten werden können. Abhilfemaßnahmen müssen dann systematisch gesucht werden. Ein großer Fortschritt wäre schon dadurch erreicht, daß den Adressaten die Bearbeitungsfristen bekannt sind. Kalkulierbarkeit ist in jedem Fall ein Vorteil, auch wenn die Fristen im Einzelfall unbefriedigend lang bleiben.

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4.4. Vorgabe von Produktivitätssteigerungen

Der öfffentliche Sektor wird ab Mitte der 90er Jahre unter einen extremen Rationalisierungsdruck geraten, weil aufgrund einer rasch anschwellenden Pensionierungswelle der Einstellungsbedarf steigt. Gleichzeitig nehmen die Personalkosten für die Pensionäre überdurchschnittlich zu und beschränken den Personalaufwand für die aktiv Bediensteten. Diese Verknappung fällt zusammen mit erhöhten Chancen zur Rationalisierung. Durch die Informations- und Kommunikationstechnologien werden in den kommenden Jahren in zahlreichen Bürobereichen ständig Produktivitätssteigerungen möglich. In allen Informations-/Verarbeitungsbereichen mit konstanten Aufgaben des Staates sollten in Analogie zum privaten Sektor Produktivitäts- und Leistungssteigerungsvorgaben gemacht werden, die von den Organisationsleitern erwirtschaftet werden müssen. Dort, wo Aufgaben konstant bleiben, bedeutet dies einen ständigen Personalabbau. Allerdings müßten die Organisationsleiter dann auch entsprechende Freiheiten bei der Gestaltung der Ausgaben und der Organisationen erhalten. Techniken dieser Art werden seit längerem in Schweden erprobt. Die Erfolge sind bisher noch nicht klar zu beurteilen. In jedem Fall ist es bemerkenswert, mit welchem politischen Gewicht die Produktivitätssteigerung in den Informationsverarbeitungsbereichen der öffentlichen Verwaltungen dort vorangetrieben wird.

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4.5. Stärkung des Leistungsanreizes in großen Organisationen. Zurückdrängen des Programm- und Organisationschauvinismus durch stärkere exogene Kontrolle.

Öffentliche Organisationen sind durch eine hohe personelle Stabilität gekennzeichnet. Junge Mitarbeiter werden in einer Phase eingestellt, wo sie über geringe Berufserfahrung verfügen. Sie werden dann durch die Organisation geprägten Erziehungsprozessen unterworfen. Dabei spielen Organisationschauvinismus und interne Fachideologien bzw. Leistungsstandards eine erhebliche Rolle. Diese Praxis stärkt Scheuklappendenken und führt dazu, daß die Bedeutung der jeweils eigenen Organisation überschätzt wird. Hiergegen müßte systematisch angegangen werden.

Beispiel:

- Beförderung nur nach Rotation durch andere Organisationseinheiten.

- Stärkerer Austausch zwischen öffentlichen und privaten Sektor.

- Zeitliche Befristung von Programmen und Maßnahmen mit expliziten Überprüfungen.

Maßnahmen gegen den Organisationschauvinismus werden in den kommenden Jahren besonders dringlich, weil aufgrund der Altersschichtung und der veränderten Ansprüche an den öffentlichen Sektor ein erheblicher interner Strukturwandel notwendig wird. In fast allen öffentlichen Verwaltungen kommt es gegen Ende der 90er Jahre zu einer raschen Pensionierungswelle. Gleichzeitig verändern sich die Nachfragestrukturen aufgrund der raschen Verschiebungen der Anforderungen an den öffentlichen Sektor. Es ist gegenwärtig nicht abzusehen, wie dieser Strukturwandel bewältigt werden kann. So werden die Rationalisierungszwänge erheblich zunehmen, weil z. T. Personal in ausreichendem Umfang garnicht zur Verfügung steht, d. h., in den Schulen müssen Computerlernprogramme stärker Eingang finden usw. Leistungen müssen auch erheblich vereinfacht werden. Durch Produktivitätssteigerungen müssen Personaleinsparungen erwirtschaftet werden. Die Vorbereitungen auf diesen Strukturwandel sind bisher minimal. Es ist typisch, daß die meisten Verwaltungen nicht einmal Kenntnisse über den mittelfristigen Ersatzbedarf von Personal haben, d.h., die Planungen sind viel zu kurzfristig orientiert. Langfristiger Strukturwandel wird nicht systematisch vorbereitet.

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4.6 Systematische Berücksichtigung der durch den öffentlichen Sektor erzeugten privaten Kosten

Öffentliche Organisationen unterschätzen die Folgekosten, die sie durch Regulierungen im privaten Sektor erreichen. Das beginnt bei den Kosten der Steuererhebung und endet bei Informationsbedürfnissen des Staates. Unterschätzt werden die Kosten von Wartezeiten sowohl für private Haushalte wie für Unternehmen. Die dem öffentlichen Sektor auferlegten Kosten-/ Nutzenanalysen beziehen sich in der Regel nur auf die Kosten im öffentlichen Sektor, aber nicht auf die Folgekosten im privaten Sektor. Jedenfalls werden diese von den Verwaltungen systematisch unterschätzt. Als erster Ansatz könnten Regelungen eingeführt werden, die Verwaltungen ständig zwingen, die von ihnen erzeugten Kosten mitzuschätzen. Da das Thema zu vielgestaltig und da es noch nicht einmal in Ansätzen aufgearbeitet ist, fehlt es an Informationen und Beurteilungskriterien. Gerade am diesem Beispiel zeigt sich die oft falsche Orientierung der Politik. Gleichzeitig liegt auf der Hand, daß - wie in anderen Bereichen -auch einmalige Erfolge nicht ausreichen. Es kann nur darum gehen, systematische Berücksichtigungen dieser Faktoren in alle Entscheidungsprozesse einzubringen.

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5. Best-Practice - Eine Methode zur Leistungs- und Qualitätssteigerung

Man beobachtet im öffentlichen Sektor immer wieder aufgrund persönlicher Initiativen sehr ausgeprägte und hervorragende Modernisierungsleistungen. Im privaten Sektor erzwingt der Wettbewerb, daß Innovationen, die in Einzelunternehmen als Pionierleistung erbracht werden, sich auf andere Unternehmen übertragen. Dabei werden innovative Lösungen in der Regel von anderen imitiert. Gelingen solche Imitationen nicht, dann können die leistungsstarken Unternehmen ihre Marktanteile erhöhen. Im Extremfall werden leistungsschwächere Unternehmen vom Markt verdrängt.

Im öffentlichen Sektor kommt es nur sehr langsam zur Verbreitung von punktuellen Innovationen, weil der Wettbewerb fehlt. Monopolorganisationen können an gewohnten Verfahren festhalten, weil kein Zwang zur Modernisierung besteht. Als Ersatz für den fehlenden Wettbewerb kann versucht werden, durch Imitationen herausragender Lösungen eine rasche Verbreitung dieser Innovationen zu erreichen.
Im Prinzip können Imitationstechniken aktiv und passiv betrieben werden. Passive Imitationstechniken beruhen darauf, daß Gebietskörperschaften beim Auftauchen von Verwaltungsproblemen nach besseren Lösungen bei anderen Gebietskörperschaften suchen und sie imitieren. Es können sich aber auch mehrere Gebietskörperschaften verabreden und arbeitsteilig bestimmte Innovationen bewußt einführen. Dies würde z. B. auch ermöglichen, daß sich politische Spitzen jeweils auf einzelne Innovationen konzentrieren und sie vorantreiben. Durch die arbeitsteiligen Innovationen würden größere Felder abgedeckt. Die Erfahrungen der aktiven Innovateure könnten von den anderen Beteiligten jeweils verwertet werden. In den USA sind solche Verfahren als "Best-Practice-Techniken" bekannt. "Best Practice" bedeutet, daß jeweils versucht wird, die als optimal bekannten Lösungen ebenfalls einzuführen.

Bei der Suche nach unterschiedlichen Produktivitäts- und Qualitätsniveaus in verschiedenen öffentlichen Verwaltungen stößt man auf die überraschende Erfahrungen, daß sich tatsächlich ganz erhebliche Qualitäts- und Leistungsunterschiede ergeben. Daraus folgt in der Umkehrung, daß durch eine Best-Practice-Technik erhebliche Rationalisierungsgewinne möglich sind. Systematische Imitationen von besten Lösungen an anderer Stelle können zu einer beachtlichen Innovationsquelle im öffentlichen Sektor werden.


©Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juli 1998

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