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TEILDOKUMENT:




ANHANG

2 BEISPIELE VON INNOVATIONEN IM ÖFFENTLICHEN SEKTOR, DIE IN ANDEREN GEBIETSKÖRPERSCHAFTEN IMITIERT WERDEN KÖNNEN

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I. Das Projekt Sozialhilfeautomation (PROSA) in Hamburg



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1. Ausgangslage

Das Projekt Sozialhilfeautomation wurde in Hamburg seit dem Frühjahr 1988 von einer Projektgruppe vorbereitet. Seit Oktober 1991 ist das Verfahren in Bezirksamt Eimsbüttel modellhaft im Einsatz. Nach der kompletten Umsetzung werden von dieser Reorganisation der Sozialhilfe 1290 Arbeitsplätze an 33 verschiedenen Standorten betroffen sein.

Im Laufe der achtziger Jahre hat auch in Hamburg die Zahl der Sozialhilfeempfänger drastisch zugenommen. Die Zahl der Empfänger von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt hat sich seit 1982 fast verdoppelt. Vor dem Hintergrund der schlechter werdenden Finanzsituation war es in doppelter Hinsicht unbefriedigend, durch neue Planstellen den Arbeitszuwachs immer nur ansatzweise auffangen zu können. Das in den siebziger Jahren eingeführte Datenverarbeitungssystem geriet im Verlauf dieser Entwicklung schnell an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit. Mit dem eingesetzten System konnten zudem nur Anträge auf regelmäßige Unterstützung bearbeitet werden. Anträge auf einmalige Zahlungen mussten manuell erledigt werden. Eine weitere Datenaufbereitung war kaum möglich, so daß der zuständigen Fachbehörde keine verläßlichen aktuellen Informationen zu Umfang und Hintergrund der Sozialhilfezahlungen gegeben werden konnten.

Als Folge des Anstiegs des Arbeitsumfanges und der ausgeschöpften Arbeitskapazität kam es zu langen Bearbeitungsfristen und unzumutbar langen Wartezeiten für die hilfesuchenden Bürger. Gleichzeitig litt die Qualität der Beratung und Betreuung, da die Mitarbeiter zu zwei Dritteln mit anderen Arbeiten belastet waren (Zahlbarmachung, Bescheidschreibung, Geltendmachung von Erstattungsansprüchen).

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2. Zielsetzung

Die Zielsetzungen von PROSA sind unterschiedlicher Natur und werden in verschiedenen Projektphasen realisiert. Die erste Projektphase mit der Einrichtung des Modellamtes Eimsbüttel beschränkt sich auf die Installation eines ersten Teils des technischen Systems. Bei der Ausweitung auf die anderen Dienststellen sollen sowohl die weiteren technischen Elemente als auch die sonstigen Zielvorstellungen eingebracht werden.

Die technische Unterstützung in der Bearbeitung der Sozialhilfeanträge dient in erster Linie zur Beschleunigung und zur qualitativen Verbesserung des Verfahrens. Hiervon erhofft man sich ein höheres Maß an Zufriedenheit bei den Bürgern, weil die Zahlungen schneller bewilligt und ausgezahlt und die Wartezeiten im Amt verkürzt werden können. Die eingesparte Zeit soll dazu genutzt werden, die begleitende Beratung zu verbessern und auch so zu mehr Bürgerzufriedenheit beitragen.

Die Umstrukturierung im Rahmen von PROSA soll die Arbeitsplätze in der Sozialverwaltung qualitativ aufwerten, mit dem Ziel, eine ausgewogene Personalstruktur zu erreichen und den zwangsweise rekrutierten Mitarbeitern die Chance eines Wechsels zu bieten. Durch eine praxisbegeleitende Qualifizierung, durch Eingliederung neuer Aufgabenbereiche und durch eine Entzerrung des Publikumsverkehrs mittels veränderter Öffnungszeiten soll die Qualität der Leistungen und die Mitarbeiterzufriedenheit erhöht werden.

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3. Zur Charakterisierung des EDV-Systems

Als ein modernes Bildschirm-Dialogverfahren soll das Programm für jeden Mitarbeiter am Arbeitsplatz zugänglich sein. In jedem Arbeitszimmer wird zudem ein Tischdrucker installiert. Vorerst soll über die EDV-Anlage hauptsächlich die Hilfestellung außerhalb von Einrichtungen von der Berechnung über die Bescheiderteilung bis zur Zahlbarmachung abgewickelt werden. Dies gilt für laufende und einmalige Leistungen. Ferner soll es unterstützend bei der Heranziehung von Unterhaltspflichtigen eingesetzt werden.

In der weiteren Ausbaustufe werden alle Leistungen innerhalb von Einrichtungen sowie die zentrale Abrechnung mit verschiedenen Einrichtungen und kassenärztlichen Vereinigungen über die Anlage abgearbeitet. Zusätzlich zu weiteren Hilfestellungen, die hier jetzt nicht im Einzelnen aufgeführt werden, sollen über das Programm statistische Auswertungen angefertigt und fachliche Hilfe (Inhalt von Gesetzen, Verordnungen und fachlichen Weisungen) abgerufen werden.

Mit Hilfe von PROSA wird die gesamte in drei Schritte zu unterteilende Sachbearbeitung von einem Sachbearbeiter erledigt. Nach der Eingabe von Falldaten zu den Berechnungsfaktoren, die das Programm automatisch auf Plausibilität überprüft, erfolgt die Berechnung der Leistung. Damit wird die Berechnung weitgehend fehlerfrei. Durch die Eingabe eines Codewortes kann die Auszahlung vom Mitarbeiter verfügt werden. Die Leistung wird automatisch mit dem zugehörigen Haushaltstitel verknüpft. Vielfältige Unterschriften und Ausdrucke entfallen. In einer Stichprobe werden die Zahlungsanweisungen vom Abteilungsleiter zusätzlich freigegeben. Über das System können Zahlungswege, Zahlungsintervalle oder Zahlungstermine geändert werden. Eine Zahlungsverfügung umfaßt dabei immer den Ausdruck eines Bescheids über die Zahlung an den Empfänger.

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4. Begleitende Maßnahmen

Nach der Gewöhnung an das technische System werden in weiteren Projektphasen auch die begleitenden Maßnahmen schrittweise eingeführt und erprobt. Das umfaßt v. a. eine praxisbegleitende Qualifizierung der Mitarbeiter. Hierzu ist die Einrichtung von regelmäßigen Dienstbesprechungen vorgesehen, in denen die Lösung fallbezogener Probleme gemeinschaftlich diskutiert werden kann und ein Erfahrungsaustausch stattfindet, der es ermöglicht, Einzelfälle zu typisieren und für diese sachgerechte Lösungen zu erarbeiten. Neben der Begleitung der laufenden Arbeit sollen in den Besprechungen auch innovatorische Ansätze zu einer zielbezogeneren Sozialhilfe erarbeitet werden sowie neu auftretende Probleme diskutiert und an die Fachbehörde weitergeleitet werden. In welcher Art diese Besprechungen zu organisieren sind, wird in einer Erprobungsphase geklärt.

Bestandteil von PROSA soll auch sein, zu weit getriebene Spezialisierungen wieder aufzuheben, dadurch mehr zusammenhängende Bearbeitungsabläufe zu schaffen und verwandte Tätigkeitsbereiche zusammenzuführen. Angestrebt ist die Integration der Schwerbehindertenabteilung, des Sachgebietes für ältere Menschen und für Dauerleistungen. Die Rückführung dieser Bereiche geschieht unter Berücksichtigung der Arbeitsbedingungen, des Qualifizierungsbedarfs und der Qualität der Leistungen.

Erwartet wird, daß durch die veränderten Arbeitsabläufe mit geringerem Anteil für die Datenverarbeitung eine bürgerfreundlichere Gestaltung der Öffnungszeiten möglich wird. Ziel ist es, durch erweiterte Sprechzeiten und differenzierte Öffnungszeiten die Spitzen des Publikumsverkehrs zu entzerren.

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5. Auswirkungen

Die Rationalisierungen des Dialogverfahrens bewirken, daß die zuarbeitenden Arbeitsabläufe entfallen. In Hamburg sind davon über 200 Arbeitsstellen betroffen, die nach Gruppe VIII/VII BAT vergütet werden. Die Rationalisierungen werden sich voraussichtlich auch in den örtlichen Datenerfassungsstellen bemerkbar machen. Vor dem Einsatz des Verfahrens konnte die Stadt Hamburg mit Gewerkschaften und Personalvertretungen Einigkeit über die notwendigen Regelungen erzielen.

Die Einführung des Systems wird die Arbeitsabläufe der Mitarbeiter stark verändern. Es ermöglicht allerdings gleichzeitig über statistische Auswertungsverfahren die Veränderungen zu erfassen und darauf aufbauend die notwendigen Richtlinien für eine entsprechende neu gestaltete Personalbemessung zu entwickeln.

Die Arbeit mit PROSA schafft die Möglichkeit, für einzelne Teilaufgaben die dazugehörigen mittleren Bearbeitungszeiten zu ermitteln. Es ist beabsichtigt, dieser empirisch ermittelten Arbeitszeit normative Vorstellungen über eine den Teilzielen entsprechende und effiziente Zeitverwendung gegenüberzustellen. Überhöhte Zeitbudgets bei einzelnen Teilaufgaben können nach einer Fehleranalyse zur Weiterentwicklung des Systems und zur Verbesserung des organisatorischen Umfeldes führen. Aus der Gegenüberstellung normativer Vorstellungen und tatsächlicher Verhältnisse kann sich zudem eine fruchtbare Diskussion über die inhaltliche Gewichtung der Arbeitsziele ergeben.

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II. Das Baugenehmigungsverfahren im Verwaltungsablauf beim Amt für Bauordnung und Denkmalpflege der Stadt Kassel



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Vorbemerkung

Beim Amt für Bauordnung und Denkmalpflege der Stadt Kassel wird seit Ende der 70er Jahre der Verwaltungsablauf von Baugenehmigungsverfahren mit dem Ziel einer beschleunigten Abwicklung und erhöhten Transparenz des Verwaltungsablaufs modernisiert. Für diese Effizienzsteigerung innerhalb der öffentlichen Verwaltung sind die Einführung und Weiterentwicklung eines geeigneten Hardware- und Softwaresystems, organisatorische Umstrukturierungen im administrativen Bereich und eine Philosophie der "Bürgerfreundlichkeit" gleichermaßen wichtig.

Die nachfolgende Darstellung konzentriert sich auf den Verfahrensablauf und seine organisatorische Bewältigung. Auf detaillierte technische Informationen zur Hardware- und Software wird verzichtet. Auch auf spezifische EDV-Rationalisierungserfolge - wie die Ablösung von Endlossätzen von Vordrucken durch kostensenkenden Einzelblatteinzug [ Besteht beispielsweise ein komletter Formularsatz aus 10 Blättern, so mußte beim Gebrauch von Endlospapier immer der komplette Formularsatz ausgedruckt werden, auch wenn nur die Blätter 1 und 5 gebraucht wurden. Der Rest wurde weggeschmissen. Diese Verschwendung konnte durch die Einführung eines Einzelblatteinzugs, der nur die benötigten Formulare ansteuert, beseitigt werden.] - wird nicht gezielt eingegangen.

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1. Ausgangslage



1.1. Persönliche Betroffenheit als Motor der Strukturverbesserung

Die Effizienzsteigerungen beim Verfahrensablauf einer Baugenehmigung in Kassel sind in entscheidendem Maße auf die persönliche Initiative des verantwortlichen Mitarbeiters beim Amt für Bauordnung und Denkmalpflege -Herrn Wagner - zurückzuführen. Herr Wagner war in seinen ersten Berufsjahren als freier Architekt in Kassel tätig. In dieser Zeit hat er als Antragsteller immer wieder mit dem Amt für Bauordnung zu tun. Wie viele andere Antragsteller auch hat er "seine Negativerfahrungen mit der Verwaltung gemacht". Nach dem späteren beruflichen Wechsel von Herrn Wagner in die öffentliche Verwaltung - also von der Seite des Antragstellers auf die Seite des Antragbearbeiters - setzte er sich zum Ziel, den Ärger von Antragstellern über unvollständige Informationen durch die Verwaltung, scheinbar willkürliche Behandlung, langsame Verfahrensabläufe, mangelhafte Auskünfte über den Stand der Bearbeitung und dergleichen durch Verbesserungen des Verfahrensablaufs zu minimieren.

1.2. Zur Komplexität der Herausforderung

Ein "Verständnis für die Position der Antragsteller" stellte damit die Grundlage für eine bürgerfreundlichere Gestaltung des Verfahrensablaufs dar. Operationell waren die Einführung und Weiterentwicklung von Hardware- und Softwaresystemen sowie organisatorische Umstrukturierungen im administrativen Bereich gleichermaßen wichtig. Rückendeckung durch die Vorgesetzten war unumgänglich, um Verbesserungen tatsächlich realisieren zu können.

Schließlich wirken die Verbesserungen im Verfahrensablauf im Laufe der Zeit auch über das Ausgangsziel eines bürgerfreundlicheren Verfahrensablaufs bei der Bearbeitung von Bauanträgen hinaus. Die Verbesserungen machen Verwaltungsabläufe transparenter und erlauben damit, auf rationellere Arbeitseinsätze hinzuwirken.

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2. Wesentliche Aspekte der Effektivitätssteigerung



2.1. Zentralisierung und Standardisierung der Antragsannahme

Als erste wichtige organisatorische Maßnahme wurde Mitte der 70er Jahre beim Amt für Bauordnung und Denkmalpflege der Stadt Kassel eine zentrale Annahmestelle für Bauvoranfragen, -antrage, -nachträge usw. eingerichtet. Diese zentrale Annahmestelle ist im Rahmen der Öffungszeiten des Rathauses immer besetzt, so daß dort jederzeit persönlich Unterlagen abgegeben werden können. Auch der gesamte Postverkehr läuft über diese Stelle.

Die Bündelung der Kontakte zwischen Antragsteller und Antragbearbeiter an einer zentralen Schnittstelle garantiert eine gleichmäßige Behandlung der Antragsteller und ein einheitliches Niveau der Informationen. Vor der Einführung der zentralen Annahmestelle wurden die Anträge direkt in den Bezirken gestellt. Aufgrund dessen kam es zur unterschiedlichen Behandlung der Antragsteller. Manche Annahmestellen nahmen beispielsweise unvollständige Anträge an und schoben später Forderungen bezüglich fehlender oder falscher Unterlagen nach. Andere wiesen mangelhafte Unterlagen sofort zurück. Auf die Antragsteller, die häufig in verschiedenen Bezirken gleichzeitig aktiv waren, mußte ein solches Verhalten willkürlich wirken. Obwohl im Endeffekt für die Bearbeitung des Vorgangs immer alle notwendigen Unterlagen vollständig und fehlerlos vorliegen müssen, entstand der Eindruck, als käme man mit einzelnen Antragsstellen schneller und mit anderen langsamer zum Ziel.

Heute werden unvollständige oder fehlerhafte Anträge gar nicht angenommen. Direkt beim Eingang eines Antrags erfolgt eine Prüfung auf Vollständigkeit und offensichtliche Mängel. Unvollständige oder fehlerhafte Anträge werden nicht angenommen bzw. bei Posteingang direkt an den Antragsteller/Bauherrn (und nicht an den bearbeitenden Architekten) zurückgeschickt. [ Bei leichten Mängeln im Antrag - wie z. B. das Fehlen von Fotos der Nachbarbebauung bei einem Antrag Für Baulückenbebauung - kommt es allerdings nicht zu einer Zurückweisung] . Dadurch kann deutlich gemacht werden, daß für Verzögerungen aufgrund von unvollständigen oder fehlerhaften Anträgen nicht die Verwaltung, sondern der Antragsteller bzw. sein Architekt verantwortlich ist. Dieses Verfahren hat im Laufe der Zeit große Lerneffekte bei den Architekten erzeugt, da diese natürlich Schwierigkeiten mit dem Bauherrn bekommen, wenn sich das Bauantragsverfahren aufgrund von Architektenfehlern verzögert. In der Praxis ist es so, daß von der Rückweisung eines unvollständigen oder fehlerhaften Antrags bis zur Beseitigung des Mangels durchaus zwei Monate vergehen können. Würde man unvollständige Anträge annehmen und erst bei einer späteren Prüfung die Mängel offenlegen und die Beseitigung anfordern, so würden solche vom Antragsteller selbstverantworteten Verzögerungen der Verwaltung zugerechnet. Eine sofortige Prüfung der eingegangenen Anträge verhindert also das Schweben des Verfahrens in Warteschleifen. [ Von den im Jahre 1990 auf den Postweg eingegangenen Anträgen wurden rd. 500 nicht angenommen und wegen Unvollständigkeit oder gravierender Mängel zurückgeschickt. Nicht gezählt wurden die Fälle der persönlichen Abgabe von Anträgen, die mit Mängeln behaftet waren und deshalb nicht angenommen wurden.]

Auch wenn die Annahmeverweigerung auf den ersten Blick bürgerunfreundlich erscheint, so ist das Gegenteil der Fall. Das Verfahren insgesamt wird beschleunigt, weil die aufwendige nachträgliche Korrektur fehlerhafter und fehlender Angaben entfällt.

Von Seiten der Verwaltung hat man Verfahren entwickelt, die es sowohl dem Antragsteller erleichtern, einen vollständigen Antrag abzugeben, als auch dem Amt für Bauordnung bei der Überprüfung Anträge hilfreich sind. So werden bereits bei Bauvoranfragen Mappen mit Formularen für die spezifische Situation herausgegeben (d. h. es werden nur die Formulare ausgegeben, die der Antragsteller für seinen individuellen Antrag braucht). Ergänzend wird beim ersten Erscheinen darüber informiert, wie in Kassel ein Bauantrag gestellt wird und wie der übliche Verfahrensablauf ist.

Neben der ständigen Öffnung der zentralen Annahmestelle wurden in Kassel zwei Sprechtage eingerichtet (montags ganztägig und mittwochs vormittags), an denen das Amt für Bauordnung den Antragstellern für ausführliche Beratungen zur Verfügung steht.

2.2. Unterstützung des Verfahrens durch EDV

Das komplette Verfahren der Bauantragstellung - von dem ersten Kontakt eines Antragstellers bei der Behörde bis zur Erteilung einer Genehmigung - wird durch EDV begleitet. Hierzu wurde in Zusammenarbeit mit einer EDV-Firma und dem Amt für Bauordnung eine spezifische Software entwickelt. Im Hinblick auf die Hardware ist man nicht an die zentrale Datenverarbeitung der Stadtverwaltung angeschlossen, sondern man arbeitet "auf einer eigenen Insel".

Die Software wird kontinuierlich weiterentwikkelt und verbessert. Die zentralen Einsatzbereiche der EDV im Rahmen der Bearbeitung von Anträgen sind:

- Anlage eines Stammdatensatzes, der alle zentralen Informationen des Bauantrags (überwiegend in systematisch codierter Form) enthält.

- Zuordnung der persönlichen Bearbeiter des Antrags durch die Software nach bestimmten Kriterien des Antrags. (Angabe der Namen der Bearbeiter, ihrer Zimmernummer und Telefonnummer).

- Automatische Erstellung des Standard-Briefverkehrs nach der Antragsteilung (Mitteilungen an den Bauherren: andere Ämter u. dgl.)

- Abwicklung und Registrierung des ein- und ausgehenden Briefverkehrs. Eingehende Post läuft immer über die zentrale Abgabestelle. Ausgehende Post soll per Schreibanweisung über die Allgemeine Datenverarbeitung (ADV) erledigt werden, die mit Textbausteinen und freien Texten arbeitet.

- Genauer Nachvollzug des Aktenumlaufs im Amt für Bauordnung. D. h. Registrierung und Speicherung jeder Aktivität des Amts für Bauordnung bezogen auf den einzelnen Antrag und tägliche Registrierung und Speicherung des Durchlaufs von Akten durch das Amt.

- Registrierung der Bearbeitungsdauer durch andere Behörden (Registrierung von Posteingang und Postausgang). Die gezielte Anmahnung von Stellungnahmen wird möglich.

- Die Organisation aller Daten in einer komplexen Datenbank mit einfachen Zugriffsmöglichkeiten für die angeschlossenen Stellen.

2.3. Rationalisierungserfolge

Die Rationalisierungserfolge des Systems sind offensichtlich. Sie umfassen Beschleunigung und erhöhte Transparenz des Verfahrens, rasche Überblicke über aktuelle Entwicklungen und natürlich auch finanzielle Einsparungen.

- Die Verweilzeit eines Vorgangs im Amt für Bauordnung (vom Eingang bis zum Ausgang) beträgt nur max. 2 Tage. In der Regel verlassen eingegangene Vorgänge noch am selben Tag wieder das Amt. Die Gesamtzeit der Bauantragbearbeitung läßt sich damit aber nur begrenzt reduzieren, weil im Laufe des Antragverfahrens viele Stellen außerhalb des Amts für Bauordnung beteiligt sind, und das Amt für Bauordnung bestimmte weitere Verfahrensschritte erst in die Wege leiten kann, wenn die Rückmeldungen von den anderen Stellen vorliegen. Immerhin läßt sich aber jederzeit ein genauer Überblick über alle bisher erfolgten Arbeitsschritte sowie über den gegenwärtigen Stand des Verfahrens gewinnen.

- Die amtsinterne Registrierung des Aktenumlaufs wird systematisch ausgewertet. Hierdurch läßt sich die quantitative Belastung der einzelnen Mitarbeiter feststellen und gegebenenfalls gleichmäßiger verteilen. Desweiteren läßt sich auch die Leistung der einzelnen Mitarbeiter messen. In der Summe kann so die Effektivität des Amtes gesteigert werden.

- Die Registrierung aller Verfahrensschritte kann ebenfalls systematisch ausgewertet werden. Dabei läßt sich feststellen, welche Zeit einzelne Verfahrensschritte beanspruchen und bei welchen Stellen besonders lange Bearbeitungszeiten entstehen. Mit dieser Kenntnis kann gezielt Druck auf diese Stellen ausgeübt werden, wodurch auch dort möglicherweise Rationalisierungsbemühungen initiiert werden.

- Aggregierte Informationen über die bauliche Entwicklung in einzelnen Stadtteilen oder an bestimmten Straßenzügen können an andere Interessenten (z. B. Ämter für Stadtentwicklung oder Stadtplanung) weitergeben werden. Hierdurch lassen sich Informationsdefizite abbauen oder eigene zeit- und kostenaufwendige Erhebungen vermeiden.

- Innerhalb des Amtes kann auf viele Aktenbewegungen verzichtet werden, weil man Informationen über den Computer erhalten kann. Früher liefen praktisch alle Akten auch über den Tisch des Amtsleiters. Heute wird in bestimmten Abständen ein Ausdruck der aktuellen Anträge mit Basisinformationen gemacht. Dieser ist vom Amtsleiter viel schneller zu sichten als ein großer Aktenstapel. Nur noch die Akten ausgewählter Vorhaben werden jetzt vom Amtsleiter angefordert.

2.4. Vorteile für die Antragsteller

Für den Bürger ergeben sich folgende Vorteile:

- Die Zentralisierung und Standardisierung der Antragsannahme und des Schriftverkehrs macht es den Bürgern leichter sich auf einen "üblichen Verfahrensweg" einzustellen.

- Dem Antragsteller kann jederzeit ein exakter Überblick über den Stand des Verfahrens und die Ursachen einer möglichen Verzögerung gegeben werden.

- Im Durchschnitt werden die Verfahren beschleunigt, weil (a) die Rationalisierungserfolge im Amt für Bauordnung bereits gut greifen, und weil (b) die Offenlegung der Bearbeitungszeiten des Antrags durch andere Stellen langfristig auch Rationalisierungs- und Beschleunigungsbemühungen vorantreibt.

2.5. Datenschutz und Datensicherung

Die umfassende und detaillierte Informationssammlung und -aufbereitung macht den Datenschutz zu einer wichtigen Aufgabe. In Kassel tragen organisatorische, mechanische und softwarespezifische Lösungen zur Bewältigung der anstehenden Aufgabe bei.

Da das System als Insellösung installiert ist, sind unbefugte Zugriffe von außen erschwert. Bei den Stellen mit Außenkontakten sind die Bildschirme so installiert, daß sie von den Außenstehenden nicht eingesehen werden können. Papierausdrucke für den internen Gebrauch werden nach Abschluß der Arbeit mittels eines Aktenreißwolfs vernichtet. Dieses sind einfache technische Lösungen, die das "zufällige Aussickern von Daten in die Öffentlichkeit" verhindern. Ausdrucke bezüglich systematischer Auswertungen werden nur unter besonderen Bedingungen nach außen gegeben.

Für die verschiedenen Benutzer der Daten beim Amt für Bauordnung bzw. den anderen angeschlossenen Stellen (z. B. die Bezirke) gibt es unterschiedliche Zugangsbeschränkungen.

- Für alle angeschlossenen Stellen gibt es ein Leserecht, welches es erlaubt, nach bestimmten Kriterien systematisch auf den Datenpool zuzugreifen. Dieses Leserecht ist mit dem direkten Zugang zu den Akten vergleichbar.

- Für die Allgemeine Datenverarbeitung gibt es ein eingeschränktes Schreibrecht (Dateieingabe, Briefverkehr usw.).

- Uneingeschränkten Zugang zum System hat nur der Supervisor (d. h. Herr Wagner)

Neben der EDV werden die Akten auch weiterhin so geführt, daß die Arbeit der Behörde bei einem Systemausfall nicht vollständig zusammenbricht. Aufgrund des Dokumentencharakters vieler Schriftstücke ist ein "papierloses Büro" nicht möglich. Die Papierakten sind nach einem festgelegten Schema aufgebaut, so daß man in den Akten schnell bestimmte Dinge finden kann. Jede Akte hat auf dem Deckkarton einen Papieraufkleber mit Basisinformationen. Die Aktennummern werden in ein Grundkartenkataster eingetragen, um bei einem EDV-Ausfall auch einen räumlich-systematischen Zugang zu den Akten zu haben.

2.6. Zur Bedeutung der personellen Besetzung

Die personelle Besetzung von Schlüsselpositionen (Außenkontakte) im Amt für Bauordnung wird als sehr wichtig erachtet. In Kassel hat es sich bewährt, diese Stellen anstatt mit Verwaltungsfachleuten mit Architekten zu besetzen. Die Architekten sind in der Lage, nicht nur formale Prüfungen der Anträge zu machen. Vielmehr können sie auch aufgrund ihrer Erfahrung und Berufskenntnis inhaltliche Mängel rascher erkennen und auch Beratungen bezüglich der Realisierungschancen von Projekten geben. Häufig kann ein erfahrener Architekt schon bei der Präsentation eines Bauantrages auf Schwierigkeiten im Genehmigungsverfahren hinweisen, die durch die gewünschten Inhalte entstehen werden. Hinweise wie "mit einer zwei Meter kürzeren Garage klappt's problemlos" oder "mit den Dachgauben dieser Größe werden Sie Schwierigkeiten kriegen" werden von vielen Antragstellern dankbar aufgegriffen und führen zu einer Modifizierung des Antrags.

Bezüglich der Supervisor-Funktion der EDV sollten im Amt immer zwei Personen gleiche Zugangsmöglichkeiten und Sachkenntnis haben. Die Leistungsfähigkeit des Amtes sollte nicht von der Anwesenheit eines bestimmten Mitarbeiters mit "Herrschaftswissen" abhängen. Krankheit oder Urlaub eines Mitarbeiters mit Schlüsselfunktion darf nicht das Amt seiner Funktionsfähigkeit berauben.

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3. Verfahrensschritte im Amt für Bauordnung

Der Ablauf eines Bauantrags stellt sich aus der Sicht des Amtes für Bauordnung folgendermaßen dar:

(1) Voranfrage: Bei einer Voranfrage zum Bauantrag wird dem Antragsteller eine Mappe mit individuell zusammengestellten Formularen gegeben.

(2) Beratung: Es wird beraten, wie in Kassel ein Bauantrag gestellt wird (zwei feste Beratungstage je Woche). Der typische Verfahrensablauf in Kassel wird dargestellt.

(3) Antragsprüfung: Ein eingehender Bauantrag wird sofort auf Vollständigkeit und gravierende inhaltliche Mängel geprüft ("Erfahrene Leute haben einen Blick für typische Fehler"). Gegebenenfalls wird der Antrag nicht angenommen. Bezüglich der Chancen der Realisierung erfolgt eine Beratung.

(4) Antragsannahme und -weiterverarbeitung: Ein angenommener Antrag wird codiert

(5) Registratur I: Es wird eine Akte angelegt. Diese Akte wird mit anderen Akten "verbunden" (z. B. Voranträge, alte Akten usw).

(6) Allgemeine Datenverarbeitung: Eingabe der codierten Antragsinformationen in die EDV. Vergabe einer Aktennummer. Sofortige Erstellung der Standardanschreiben.

(7) Registratur II: Handeintragungen auf der Akte und in Karten werden vorgenommen, um bei einem Systemabsturz noch Zugriffsmöglichkeiten auf die Originalakten zu haben.

(8) Bearbeitung des Bauantrags in den Bezirken. Alle ausgehenden Schreiben werden zentral über die ADV abgewickelt. Kontakte zu anderen Behörden, die ebenfalls in das Genehmigungsverfahren involviert sind.

(9) Baubeginnanzeige

(10) Registrierung der Fertigstellung des Gebäudes

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4. Die Perspektive der Antragsteller - Von der Bauvoranfrage zur Baugenehmigung

Der Ablauf eines Bauantrags stellt sich aus der Sicht des Antragstellers folgendermaßen dar:

(1) Voranfrage: Information vom Amt über benötigte Unterlagen und den Verlauf des Verfahrens in Kassel.

(2) Antragstellung: Überprüfung des Antrags auf Vollständigkeit und inhaltliche Mängel.

(3) Antragsbestätigung läuft zwei bis drei Tage nach Antragsteilung beim Antragsteller ein.

(4) Jederzeitige Informationsmöglichkeit über den Stand des Verfahrens.

(5) Erteilung der Baugenehmigung.


©Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juli 1998

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