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TEILDOKUMENT:
I. EINE ANDERE STANDORT-DEUTSCHLAND-DEBATTE 1. Der gegenwärtige Reichtum - eine Leistung der Vergangenheit Die Bundesrepublik ist - gestützt auf eine hohe Produktivität in der Industrie und im Dienstleistungssektor- ein reiches Land. Die Exportwirtschaft erweist sich, trotz wiederkehrender Einbrüche, bisher als wettbewerbsfähig. Allerdings ist sie bei weitem zu schmalbrüstig. Vollbeschäftigung würde einige 100000 zusätzliche industrielle, international wettbewerbsfähige Arbeitsplätze voraussetzen. Die, gemessen am Beschädigungsbedarf, zu schwache industrielle Expansion kann auch auf den hohen Anteil von Produkten und Prozessen mittlerer Technologien zurückgeführt werden. Die Expansion in diesen Bereichen ist wahrscheinlich weniger stürmisch verlaufen als in den High-Tech-Sektoren. Die Zahl der internationalen Konkurrenten nimmt -wie das Beispiel der Automobilindustrie zeigt -ständig zu. Die extremen Anspannungen, die aus der Vereinigung entstanden, konnten nur um den Preis drastisch gestiegener Arbeitslosigkeit und sprunghaft erhöhter Staatsverschuldung bewältigt werden. In der Wirtschaftswunderphase nach dem Krieg wurden weit größere Schwierigkeiten besser bewältigt. Man kann sich im Wohlstandsland Deutschland nicht beruhigt und zufrieden zurücklehnen, denn der gegenwärtige Wohlstand beruht auf Leistungen der Vergangenheit. Die Gegenwart muß Produktivität und Innovationsfähigkeit ausbauen und erneuern. Die seit fast 20 Jahren zunehmenden Alarmsignale in Gestalt wachsender Arbeitslosigkeit sind ernst zu nehmen. Der Rezessionskater führte jedoch nur zu einer lamentierenden Standort-Deutschland-Debatte. Schon im nächsten Konjunkturaufschwung verfallt die Aufmerksamkeit. Jede ernsthafte Standort-Deutschland-Debatte muß sich vergegenwärtigen, daß wirtschaftliche Stärke nicht in Legislaturperioden, sondern in Jahrzehnten verspielt oder ausgehöhlt wird. Gerade weil die Erosion einer Position der Stärke sich aus vielen kleinen Ereignissen und Ursachen zusammensetzt, ist es so schwer, dagegen anzugehen. Strohfeueraufregungen in Rezessionsjahren sind nicht genug.
2. Die Babyboom-Generation - Eine Generation der Verlierer
Der wirtschaftliche Lebenszyklus der Babyboom-Generation kann als symbolisch gelten. Sie wurde in den 50er und 60er Jahren, mitten im Wirtschaftswunder, geboren, als die Meinung vorherrschte, man könne Wirtschaftswachstum mit Vollbeschäftigung durch Globalsteuerung auf Dauer sichern. Die Geißel der Arbeitslosigkeit schien überwunden. Das Wirtschaftswunder galt als Dauerzustand. Die Realität nach dem Ölpreisschock war deutlich anders und hat eine Generation desillusioniert. In einer Phase hoher Inflation und Arbeitslosigkeit als "double-headed monster" (J. Meade) zu Ende der 70er Jahre erlebten sie als Lehrlinge und Studenten Lehrstellenmangel und überfüllte Hochschulen. Später, zum Ende der 80er Jahre, als sie Familien gründen wollten, standen sie vor engen Wohnungsmärkten. In den 90er Jahren bleiben ihre Einkommenserwartungen und Aufstiegschancen mager. Wegen verzögerter Karrieren und überlanger Berufsausbildungen gründen sie Familien später und deutlich seltener als frühere Generationen. Rund ein Drittel dieser Generation bleibt kinderlos. Wohneigentum und Vermögen werden später im Leben (vielleicht auch wegen der hohen Erbschaftserwartungen) gebildet. In den ersten 30 Lebensjahren hat sich das wirtschaftliche Entwicklungstempo deutlich verlangsamt, und es wird immer schwieriger, Strukturwandel zu bewältigen. Sichtbarstes Zeichen ist der Rückgang der privaten Investitionsquoten, der ursächlich für die schwache Beschäftigungsentwicklung sein dürfte. Für den zweiten Lebensabschnitt sind die Aussichten wirklich trübe: - In der öffentlichen Debatte wird dieser Generation vorgegaukelt, sie sei eine reiche Generation von reichen Erben. Doch durch noch so viele Milliarden ererbten Vermögens wird die Volkswirtschaft um keine Mark reicher oder produktiver. Künftiger Wohlstand muß durch künftige Produktivitätssteigerungen, durch künftige Ersparnisse und Investitionen erwirtschaftet werden. Ererbtes Vermögen muß als Fundament künftigen Wohlstands erhalten und gemehrt werden. Nur einzelne können ihre Vermögen aufessen. Ganze Generationen werden einen solchen Versuch nur erfolgreich abschließen können, wenn die Sparfähigkeit der nächsten Generation hoch bleibt. Eine Generation, die eine demographische Schwindsucht hervorruft, kann nicht erwarten, ihren Kindern riesige Vermögen ohne Wertverlust zu vererben, um daraus im Alter einen hohen Lebensstandard zu finanzieren. Hoher Vermögensverzehr absorbiert hohe Ersparnisse und verringert die Investitionsmöglichkeiten. Das Gefühl, eine Generation reicher Erben zu sein, kann ärmer machen, wenn Spar- und Investitionsquote sinken und Innovations- und Leistungsfähigkeit nachlassen. Wer die volle Aufrechterhaltung aller Sozialleistungen zum Schaden der langfristigen Wachstumsfähigkeit mit aller Macht verteidigt, betreibt eine unsoziale, langfristige Sozialstaatsdemontage für die Generationen danach. Nach einer emnid-Umfrage wählen 37 % der 30- bis 40jährigen "grün". Man könnte ruhiger schlafen, wenn die Sorgen um die "graue Zukunft" der grünen Babyboom-Generation ernstgenommen würden. -Auch das Versprechen eines Rentenreichtums ("Die Renten sind sicher!") löst keine Probleme. Über den Wert dieses Versprechens entscheiden nicht die Politiker, die es abgeben, sondern die Babyboom-Generation selbst durch ihre eigene Leistungsfähigkeit und ihr Spar- und Investitionsverhalten. - Die Generation der Erben und des vermeintlichen Rentenreichtums wird tatsächlich in ihrem Leben von riesigen Vorbelastungen begleitet. Die Öffentlichkeit konzentriert sich gegenwärtig zu sehr auf das Problem der Staatsverschuldung. Tatsächlich zwingen der Subventionsbedarf für Ostdeutschland, die Lawine der Staatspensionen, deren Anteil am Bruttosozialprodukt in 30 Jahren wahrscheinlich von 10 % auf etwa 16 % ansteigen wird, die Rentenberge, die zwar nicht ganz so steil, aber dafür weit größer sind, und die steigenden Umweltkosten zu einer immer größeren Umverteilung künftigen Bruttosozialprodukts. Es ist völlig offen, wie diese dauerhafte Umverteilung von immer größeren Teilen der Arbeitsergebnisse wirtschaftlich verarbeitet wird und wie die Erwerbstätigen darauf reagieren werden. Das Beispiel Schwedens zeigt, daß selbst in einem Land mit sehr homogener Bevölkerung und hohem Konsens Belastungsgrenzen erreicht werden, so daß eine sozialdemokratische Regierung gezwungen wurde, z. B. Kindergeld und andere wesentliche Sozialleistungen zu kürzen. Traditionelle Leistungen des Wohlfahrtsstaates wurden von einer sozialdemokratischen Regierung wieder eingeschränkt. - Millionen von Bauern haben seit jeher gewußt, daß ihre Alterssicherung darauf beruhte, die Felder fruchtbar, die Gebäude in Ordnung zu halten und leistungsfähige Nachkommen großzuziehen. Kollektiv muß sich die Gesellschaft auch in Zukunft so verhalten. Tatsächlich leistet sie sich seit Ende des Babybooms eine wachsende Rationalitätslücke (Felderer). Sinkende Geburtenzahlen und damit längerfristig sinkende Investitionen in Humankapital bei wachsendem Anteil älterer Erwerbstätiger können Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit bedrohen. Künftige Erwerbstätige werden durch ständig steigende Abgaben bei wahrscheinlich sinkender Sparquote in einer Welt extremer internationaler Kapitalmobilität unter einen hohen Wettbewerbsdruck geraten. Statt Rentenreichtum droht eher dauerhafte Kapitalflucht. Anspruchskürzungen können Generationenkonflikte verschärfen. Der Ausbau des Wohlfahrtsstaats in der Vergangenheit war eine Frucht des Wirtschaftswunders. Der Erhalt des Sozialstaats wird genauso nur bei hohem Wirtschaftswachstum und bei hoher Wettbewerbsfähigkeit möglich sein. Im Zweifel bleibt in kritischen Konfliktsituationen Wettbewerbsfähigkeit wichtiger als eine volle Aufrechterhaltung aller Sozialstaatsleistungen.
3. Realitätsverweigerung - das wirkliche" Standort Deutschland" -Problem
Angesichts einer Erosion wirtschaftlicher Stärke, die sich in Wachstumsverlagerung, langfristig steigender Arbeitslosigkeit und steigender Vorabverteilung eines erst zukünftigen Bruttosozialprodukts äußert, steht die Politik vor einer umfassenden Gestaltungsaufgabe. Das erfordert: - Aufklärung und Appelle an ein aufgeklärtes Selbstinteresse der Wähler und die Rückgewinnung von Gestaltungsmehrheiten, die sich den Zukunftsaufgaben stellen; - Formulierung von Zukunftsentwürfen, in denen die einzelnen und die Gruppen ihre langfristigen Interessen wiederfinden, in denen ihre Abhängigkeit von einer befriedigenden Gesamtentwicklung sichtbar wird. Eine solche Gestaltungsmehrheit kann nicht einfach durch die klassischen Appelle an Solidarität gewonnen werden. Solidarität entsteht immer weniger aus der unmittelbaren Erfahrung gemeinsamer Bedrohungen und Interessen vom Typus der Stahl- und Bergbaukrisen. Das wirtschaftliche Schicksal von Regionen ist immer weniger von zwei bis drei großen Massenindustrien abhängig. Damit verändert sich die Erfahrungsbasis. Die Aufklärungsstrategie der SPD muß deshalb die komplexen Voraussetzungen von Wohlstand, Lebensqualität oder Alterssicherung deutlich machen. Basis der Solidarität und eines Verantwortungsgefühls von Erwerbstätigen in München oder Frankfurt wird immer mehr ein aufgeklärtes Selbstinteresse, das den Bankangestellten aus einer Umlandgemeinde zu der Einsicht führt, daß seine eigene Lebensqualität oder das Wohlergehen seiner Kinder auch davon abhängen, daß Ausländer in der Kernstadt eine ausreichende berufliche Bildung erhalten und in das wirtschaftliche Leben integriert werden. Solidarität braucht eine Grundstimmung der Offenheit, des Mitgefühls und der Verpflichtung gegenüber anderen. Sie braucht immer mehr aber auch eine Wissensbasis, die den komplexen Vernetzungen und Abhängigkeiten einer Gesellschaft um das Jahr 2000 entspricht. Bei allen Versuchen einer Aufklärung zugunsten einer neuen Gestaltungsmehrheit muß man an konkrete Alltagserfahrungen und Beobachtungen anknüpfen, weil viele Wähler die schleichenden Veränderungen in den letzten Jahren selbst erlebt haben. Die Sorgen um die Zukunft -gestützt auf eigene Erfahrungen - wachsen. Am Beispiel von zehn Thesen läßt sich verdeutlichen, was gemeint ist: (1) Jeder weiß, Deutschland vergreist. Dennoch bleibt das luxuriöse System der Staatspensionen und der aufwendigen Alterssicherung in Kraft. Die Versprechen "Schlanker Staat" oder "Die Renten sind sicher" werden für viele immer unglaubwürdiger. Ein künftiger Rentenreichtum wird nur bei ständigem Produktivitätswachstum, bei hoher Wettbewerbsfähigkeit und wahrscheinlich auch nur bei weiterhin ständiger Einwanderung möglich sein. Deutschland ist schon seit 30 Jahren ein Einwanderungsland. Dennoch geht ein latenter Rassismus von der bequemen Erwartung aus, Ausländer würden auf Dauer als Unterschicht einfache Dienste übernehmen. Tatsächlich wachsen nichtintegrierte, unterausgebildete Minderheiten. Hohe Arbeitslosigkeit und hohe dauerhafte Soziallasten und mehr Kriminalität sind die Folgen, wenn die Integrationsaufgaben der Einwanderung weiterhin verdrängt werden. Aufgeklärtes Selbstinteresse zwingt zu einer Einwanderungspolitik, die den Zuwanderern Integrationsmöglichkeiten und Aufstiegschancen eröffnet. (2) Jeder erlebt, wie die Ungleichheit wächst. Die Progression der Einkommensteuer ist eine Farce, weil die effektive Steuerquote der oberen Mittelschichten höher ist als die der Spitzenverdiener. Während die einen, gestützt auf Erbschaften, weiter Vermögen bilden, bleiben Arbeitslose oder Familien mit Kindern vermögensarm. Die Politik einer breiten Vermögensstreuung ist fast in Vergessenheit geraten. (3) Jeder hat als Schock erlebt, daß Daimler und VW, die Flagships deutscher Industrie, Arbeitsplätze abbauen mußten und daß der Kostendruck sie zwang, Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern. Wer seine Arbeitsplätze schützen will, der kann nicht mehr Lohnsteigerungen fordern, als durch Produktivitätswachstum erwirtschaftet werden, der muß auch bei steigender Kapitalintensität höhere Maschinenauslastungen wollen, weil die eigenen Löhne immer mehr durch die Produktivität des Kapitals und seine Auslastung erwirtschaftet werden. Produktivitätssteigerungen und Rationalisierungen bleiben die Basis von Wohlstand und Vollbeschäftigung. Veraltete Arbeitsplätze sind gefährdete Arbeitsplätze. Eine wachstumsfördernde Politik bleibt auch in Zukunft unverzichtbar. (4) Jeder weiß, eine Welt, die sich mit den gegenwärtigen Produktionstechniken weiterentwikkelt, zerstört sich selbst. Ohne eine ökologische Revolution wird es keinen wirtschaftlichen Fortschritt und Wohlstand geben. Die Grenzen des Wachstums werden dann rasch erreicht. Dennoch reichen Anreize Für raschen, umweltschonenden technischen Fortschritt nicht aus, werden knappe Ressourcen nicht rationell genug bewirtschaftet. (5) Jeder weiß, die Bürger Ostdeutschlands müssen wirtschaftlich aufholen, Vermögen bilden, besser verwertbares Wissen erlernen, Unternehmen gründen und in die Lage versetzt werden, ihre eigenen Angelegenheiten selbst zu regeln. Tatsächlich wird eine Politik der Vermögenswanderung nach Westen und der Vermögensarmut im Osten betrieben. In 15 bis 20 Jahren werden die Ostdeutschen so viele Zinsen, Mieten und Dividenden an den Westen zahlen, daß sich die derzeitigen Kapitalströme umkehren. Gleichzeitig führt der in seiner Dimension einmalige Geburtenrückgang zusammen mit der Abwanderung zu einer seit dem 30jährigen Krieg nicht mehr erlebten Entvölkerung. Breite Zustimmung der Wähler wird nur durch eine glaubwürdige, langfristige Entwicklungsstrategie für Ostdeutschland zu erreichen sein. (6) Jeder weiß, es wird von Konjunkturzyklus zu Konjunkturzyklus schwieriger, den erforderlichen Strukturwandel zu bewältigen. Arbeitslosigkeit nimmt ständig zu. Durch die Öffnung der Grenzen zu Osteuropa wird ein weiterer Schub der Deindustrialisierung, der Konzentration auf hochwertige Produkte und Dienstleistungen notwendig. Die Produktivitätssteigerungen in der Wirtschaft gingen trotz steigender Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen seit langem von Jahrfünft zu Jahrfünft zurück. Neues technisches Wissen wird nicht rasch genug angewendet, und die Bereiche schwacher Innovationen werden nicht zurückgedrängt. Gelingt es nicht, den Arbeitsmarkt flexibler zu gestalten, das Qualifikationsniveau rascher zu verbessern und Innovationsfähigkeit zu stärken, dann wird dieser verstärkte Strukturwandel nicht befriedigend bewältigt. (7) Jeder weiß, ganze Sektoren sind durch Verschwendung geprägt. Deutschland fährt sichtbar in einen gigantischen, zeitfressenden und umweltbelastenden Verkehrsstau. Dennoch werden Staus trotz wachsender elektronischer Steuerungsmöglichkeiten bei knapper werdenden Kapazitäten der Verkehrsinfrastruktur bewußt in Kauf genommen. Ein rationales Verkehrsmanagement wird aus dem Bewußtsein verdrängt. Deutschland leistet sich noch immer den teuersten Wohnungsbau der Welt und eine zu kapitalintensive, umweltbelastende Landwirtschaft, die größtenteils Produkte erzeugt, die billiger importiert werden können. Ein verknöchertes und überbürokratisiertes, zentralverwaltetes Bildungssystem erreicht Weltrekorde an Ausbildungszeiten und Ausbildungsaufwand. Dabei bleiben effiziente Bildungsinvestitionen die Basis jedes wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritts. Abbau von Verschwendungen kann Wohlstand fördern. (8) Jeder spürt die wirtschaftliche Krise der Familie. Für Frauen wird der Konflikt zwischen Beruf und Familie immer schärfer, nehmen die Zeit- und Kostenbelastungen im Verhältnis zum Einkommen laufend zu. Der Geburtenstreik ist auch ein Protest gegen eine kinderfeindliche Gesellschaft, die den Familien zu hohe Lasten aufbürdet. Trotz Kindergelderhöhung fehlt eine Strategie, die unsere Gesellschaft wieder kinderfreundlich und damit zukunftsfähig macht. (9) Jeder weiß, der Staat muß modernisiert werden. Es geht nicht an, daß die wettbewerbsfreien Bereiche staatlicher und staatlich regulierter Tätigkeit ständig weiterwuchern. Das Modewort vom "schlanken Staat" verschleiert nur das Ausmaß der Modernisierungsaufgabe. Die Politik sollte sich ein Beispiel an den dramatischen Umstrukturierungen in der Privatwirtschaft nehmen. (10)Jeder kennt die Knappheit an Bauland, die daraus entsteht, daß lokale Sorgen über schöne Aussicht, Wander- und Radwege, Vogelnistplätze oder Kaltluftschneisen eine machtvolle Symbiose mit anderen Bauverhinderungsinteressen eingehen. Dort, wo die Nachfrage wächst, werden Rübenacker, die mit umweltbelasteten Verfahren bewirtschaftet werden, gleichsam heilig gesprochen. Die Bereitschaft, sie in Bauland umzuwandeln, sinkt ständig ab. Damit wächst die Knappheit an Bauland und die Baulandpreise nehmen ständig zu. Die Bauwilligen stehen im engeren Umland der Großstädte vor einem ausgesprochenen Rationierungsverhalten der Kommune. Das führt natürlich nicht dazu, daß sie ihre Bauvorhaben zurückstellen, sie "springen" vielmehr hinaus aus den S-Bahn-versorgten Stadtregionen in die angrenzenden, stärker ländlich geprägten Gebiete, um dort zu bauen. Die Zahl der Einwohner wächst außerhalb der Stadtregion dort, wo der einzelne vom Auto abhängig ist, weit überproportional. Eine "Vor-Ort-Umweltpolitik" steigert die großräumigen Belastungen, erhöht den Flächenverbrauch und erhöht die Abhängigkeit vom Auto. Ein rationales Siedlungsmanagement, das Investitionen erleichtert und Baurechte zügig bereitstellt, wobei mit knappen Flächen natürlich sparsam umgegangen werden muß. ist nicht in Sicht Die Liste der politisch zu verantwortenden Strukturprobleme ist beunruhigend. Seit 1948 hat es keine Situation mehr gegeben, in der so viele und intensive neue Weichenstellungen erforderlich werden wie gerade jetzt. Ähnlich wie 1948 ist eine Mobilisierung von Energien, sind drastische Verhaltensänderungen notwendig, um mit den vorgegebenen Aufgaben fertig zu werden. Doch die Politik übt sich im "Weiter-machen-wie-bisher". Das "Modell Deutschland" (Helmut Schmidt 1976) bedarf dringend einer Überholung. Dabei geben Worte wie Flexibilität, Entscheidungsfähigkeit, Verursacherprinzip, Zurechnung statt Mischfinanzierung und Politikverflechtung, mehr Wettbewerb statt hierarchischer Steuerung die Richtung an, in der Veränderungen zu suchen sind. |
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