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TEILDOKUMENT:




RESÜMEE



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I. Eine Entwicklungspolitik für ein entwickeltes Land



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1. Eine Erosion der wirtschaftlichen Stärke?

Die Bundesrepublik erlebt eine schleichende Erosion ihrer wirtschaftlichen Stärke. Vorerst spüren lediglich Minderheiten (Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger) die Folgen dieser Erosion. Die Erfahrung jahrzehntelangen Wohlstands kann deshalb eine Realitätsverweigerung und eine Neigung zum "Weiter so" fördern. Diese Realitätsverweigerung wird zum größten Standortproblem.

Demokratische Stabilität ist nur zu verteidigen, wenn die Parteien in einem Wettbewerb der Zukunftskonzeptionen um Gestaltungsmehrheiten ringen. Sie werden die gefährliche von Wahlenthaltung nur eindämmen können, wenn sie die Erfahrungen und wachsenden Sorgen immer größerer Wählergruppen ernsthaft aufgreifen und entschieden Lösungen erarbeiten:

- Seit zwei Jahrzehnten wächst die Arbeitslosigkeit. Ganze Serien von Programmen haben daran

- Der nachhaltige Produktivitätsverfall im Verkehrssektor und im Bildungswesen führt zu gigantischen Verschwendungen privater und öffentlicher Mittel

- Deutschland vergreist. Die Explosion der Transferzahlungen droht wirtschaftliche Entwicklung zu behindern.

- Deutschland betreibt weiterhin Umweltraubbau und erzeugt wachsende Umweltarmut.

- Teile der Industrie mußten eine Kostenkrise überwinden - noch nie mußten Flagships deutscher Industrien, wie Daimler und VW, einen so dramatischen Beschäftigungsabbau bewältigen.

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2. Nationale Wirtschaftspolitik als innere Entwicklungspolitik bleibt auch bei Globalisierung der Märkte wirksam

Traditionelle Instrumentenpolitik hat ihre gewohnte Wirksamkeit eingebüßt. Heute ist jede wirtschaftspolitische Anstrengung ohne eine gründliche Veränderung unserer Einstellungen gegenüber Wettbewerb, Risiko und Unternehmensgründungen zum Mißerfolg verurteilt. Erneuerung heißt darum für die Bundesrepublik Deutschland: Wir brauchen Entwicklungspolitik für ein entwickeltes Land. Den Kern muß dabei eine Renaissance der Sozialen Marktwirtschaft bilden. Die Schlüssel dazu sind:

- eine Wettbewerbskur, in der Wettbewerbssteuerung ausgeweitet wird, insbesondere in Bereichen des traditionellen Staatssektors,

- eine umfassende Modernisierung des Staates.

Nationale Wirtschaftspolitik behält dabei ihre Wirkung, trotz Globalisierung der Märkte, wie kleine Länder von Taiwan bis Singapur demonstrieren. Wesentliche Entwicklungsfaktoren bleiben national bestimmt. Dazu gehören:

- produktivitätsorientierte Lohnpolitik ,

- stabilitätsorientierte Haushaltspolitik,

- ein wachstumsförderndes Steuerrecht,

- effiziente Ausbildungssysteme,

- wirksame und sparsame staatliche Regulierungen und wirksamer Leistungswettbewerb

- sowie eine Balance zwischen Sozialstaat und wirtschaftlicher Basis.

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II. Ansatzpunkte



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1. Verschwendungen abbauen:

im Verkehr durch Abbau aller Mobilitätssubventionen, durch Vermarktung knapper Straßenkapazitäten und den Aufbau von integrierten Verkehrssystemen, die den Marktanteil des öffentlichen Verkehrs deutlich erhöhen;

- im Bausektor durch administrative und technische Vereinfachungen, die insgesamt zu rationelleren Bauverfahren führen,

- im Bildungssektor durch eine radikale Dezentralisierung von Verantwortung und Verkürzung der Ausbildungszeiten, um jungen Menschen einen früheren Berufseintritt zu ermöglichen, um sie wieder risiko- und familienfähig werden zu lassen;

- in schrumpfenden Sektoren mit Erhaltungssubventionen an Unternehmen durch Konzentration der Anpassungshilfen auf Lohnsubventionen zugunsten älterer Arbeitnehmer.

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2. Die Funktionsfähigkeit des Arbeitsmarktes steigern

Arbeit entsteht durch innovative Arbeit. Auf absehbare Zeit sind Arbeitszeitverkürzungen für qualifizierte Arbeit nicht vertretbar. Neben einer expansiven und wachstumsfördernden Wirtschaftspolitik sind vordringlich:

- breit angelegte Qualifizierungsmaßnahmen als Schlüssel zur Mehrbeschäftigung, da Arbeitsplätze für Niedrigqualifizierte ständig schrumpfen,

- Entlastungen bei den Bruttolohnkosten von Niedrigqualifizierten, um hier Nachfrage gezielt auszuweiten,

- Vermögensbildungsmaßnahmen, die bei sinkender Lohnquote und angesichts der Altersschichtung immer wichtiger werden.

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3. Den Staat modernisieren

Die Modernisierung des Staates muß breiter ansetzen als bei einer bloßen Verwaltungsmodernisierung. Der Infrastrukturstaat muß Bereitstellung und Produktion von Infrastruktur möglichst weitgehend dem Wettbewerb übergeben. Der Regulierungsstaat muß Marktsteuerung ausweiten und mehr mit Anreizen und weniger mit Ge- und Verboten arbeiten. Der Steuer- und Abgabenstaat muß Sparen und Investieren entlasten, besser noch belohnen, die Besteuerung von Einkommen zurücknehmen und durch Besteuerung den Konsum allgemein und insbesondere den Verbrauch knapper Ressourcen verteuern. Ein wichtiger Schritt könnte eine indirekt progressive deutlich höhere Mehrwertsteuer sein, bei der der Konsum für das Existenzminimum steuerfrei gestellt wird. Der Staat darf seine Leistung nur in geringem Umfang als freie Güter bereitstellen. Wo immer möglich, sollten volkswirtschaftliche Kosten privaten Verursachern oder Nutznießern zugerechnet werden. Das gilt für die Straßennutzung genauso wie für Universitäten.

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4. Die Umweltarmut überwinden

Umweltgüter sind öffentliche Güter. Staatliche Politik hat einen wachsenden Mangel an Umweltgütern zugelassen. Auch hier steht wirtschaftspolitische Kompetenz auf den Prüfstand. Umweltarmut kann durch umweltschonenden technischen Fortschritt und durch veränderte Verhaltensweisen allmählich zurückgedrängt werden. Schlüsselstrategie bleibt die generelle Zurechnung von Folgelasten. Die wachsende Knappheit bei Umweltgütern muß individuell spürbar werden, damit Unternehmen und Haushalte Anreize erhalten, sich optimal an die veränderte Knappheit anzupassen. Nur so entsteht ein rascher, umweltschonender technischer Fortschritt, ohne den Wachstum und wirtschaftliche Entwicklung nicht möglich werden.

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5. Weitere Förderung der Integration Ostdeutschlands

Eine erfolgreiche Integration Ostdeutschlands setzt eine Vermögensbildung vor Ort, mehr Risikokapital, mehr Hilfen für Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen, Beratung und mehr Know-how-Transfer voraus. Die traditionellen Kapitalsubventionen leisten dies zu wenig.

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6. Die Währungsunion fördert eine stabile Wirtschaftsentwicklung

Ein exportintensives Land wie die Bundesrepublik profitiert von einer Währungsunion, weil die Investitions- und Absatzrisiken sinken und die Beschäftigungsentwicklung stabilisiert wird. Die Bundesrepublik muß Vorkämpfer der Währungsunion bleiben.

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7. Fachkompetenz der Unternehmen für die Wirtschaftspolitik nutzen

Die Unternehmer sollten sich stärker an einer allgemeinen wirtschaftspolitischen Diskussion beteiligen. Ihre Glaubwürdigkeit wird erhöht, wenn sie nicht nur Für ihre Gewinninteressen sondern Für einen funktionsfähigen Wettbewerb und den Abbau von Subventionen und verschwenderischen Regulierungen eintreten.

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8. Gestaltungsmehrheiten für die Zukunftsaufgaben gewinnen

Mehrheitsfähige Volksparteien brauchen ein Konzept zur Bewältigung der Zukunftsaufgaben und zur systematischen Förderung von Produktivitätssteigerungen. Gestaltungsmehrheiten sind ohne mutige Aufklärung auch gegen kurzfristige Interessen großer Gruppen nicht zurückzugewinnen. Dabei müssen neben mehr Wettbewerb Maßnahmen gegen die wachsende Ungleichheit ihren Platz behalten. Ein effizienter Staat und hohes Wirtschaftswachstum sind Voraussetzung für einen wirksamen Sozialstaat. Im Zweifel haben im Konfliktfall wirtschaftliches Wachstum und Förderung der Produktivitätssteigerung Vorrang vor der Aufrechterhaltung gegebener Sozialleistungen. Hoher Wohlstand und ein funktionsfähiger Sozialstaat werden nur durch ständige Produktivitätssteigerungen gewonnen, die wiederum von einem ständigen Leistungswettbewerb und einer wachstumsfreundlichen Politik abhängig sind. Es ist höchste Zeit, die Lähmung und Behinderung volkswirtschaftlicher Leistungsfähigkeit zu beenden und die Bereitschaft der Menschen zur Anpassung an die sichtbaren Herausforderungen zu mobilisieren und ihnen Freiraum zu schaffen. Unser Land darf nicht in einem Teufelskreis aus falscher Ängstlichkeit und vordergründiger Bequemlichkeit versinken.


©Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Februar 1999

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