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TEILDOKUMENT:



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James D. Wolfensohn
Präsident der Weltbank
Wirtschaftspolitik und nachhaltige Entwicklung in einer globalisierten Wirtschaft


Herr Vorsitzender Börner, meine Damen und Herren. Es ist mir eine große Freude, einmal die Gelegenheit zu haben, mit Mitgliedern dieser Stiftung und anderen hier in Bonn zusammenzutreffen. Mir ist die Arbeit dieser Stiftung schon seit langem bekannt; zu meiner Freude gibt es eine Anzahl gemeinsamer Aktivitäten in verschiedenen Teilen der Welt. Es ist mir jedoch heute ein besonderes Anliegen, einige Dinge anzusprechen, die mir am Herzen liegen, und falls ich von meinem Text abweiche, bitte ich Sie zu bedenken, daß ich erst bei meiner Ankunft hier den Titel meines Vortrags erfahren habe. Ich werde aber versuchen, etwas zu Wirtschaftspolitik und nachhaltiger Entwicklung in einer globalisierten Wirtschaft zu sagen, da fast alles, was ich zu sagen habe, einen Bezug zu diesem Thema hat. Ich werde aber die Begriffe ab und zu auch wieder aufgreifen, um der Bitte des Vorsitzenden zu entsprechen.

Im wesentlichen werde ich versuchen, etwas zur gegenwärtigen Entwicklung zu sagen, wie sie sich aus der Sicht der Weltbank darstellt. Und so, wie ich sie als Mensch sehe. Ich bin jetzt seit 2½ Jahren in diesem Amt und habe mehr als 65 Länder bereist - aber dabei die Zeit nicht nur in Parlaments- und Regierungsgebäuden verbracht, sondern vor Ort die Dörfer und Slumgebiete und Projekte überall in der Welt besucht.

Ich erwähne dies, da es meiner Meinung nach wichtig ist, daß Sie Ihre Vorstellungen von der Weltbank überdenken angesichts dessen, was die Weltbank heute ausmacht. Es gibt in Deutschland viele Kritiker der Weltbank. Ich habe viele von Ihnen getroffen, glaube ich, und interessante Diskussionen geführt. Aber es gibt auch einige falsche Vorstellungen über die Bank. Ich würde deshalb gern ein wenig Zeit darauf verwenden, Ihnen aufzuzeigen, wie sich für mich das Thema Entwicklung aus der Sicht meiner gegenwärtigen Aufgabe darstellt.

Sie werden sich erinnern, daß unsere Institution zusammen mit dem Internationalen Währungsfonds vor 50 Jahren gegründet wurde: nach dem 2. Weltkrieg, um beim Aufbau jener Teile der Welt zu helfen, die vom

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Krieg heimgesucht worden waren. Aber diese Aufgabe war bald erledigt und wir wandten uns dem Thema Entwicklung zu. Wie Sie alle wissen, war dies die Zeit, wo aufgrund des Ost-West-Konflikts Entwicklungsthemen

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nicht nur eine moralische, soziale und wirtschaftliche Komponente besaßen, sondern hoch politisch waren: keiner von uns wollte, daß ein Land Afrikas kommunistisch wurde, keiner wollte einen Flugzeugträger in einem Land vor den Küsten der Vereinigten Staaten. Lateinamerika mußte vor dem Kommunismus geschützt werden, Asien mußte vor dem Kommunismus geschützt werden. Zwar waren wir nicht sonderlich erfolgreich dabei, aber es war doch ein bemerkenswerter Versuch von seiten unserer politischen Führung, Finanzinstitutionen als Instrument des Kalten Krieges einzusetzen. Und ich bin der Überzeugung, daß die Bank zeitweilig von ihren Besitzern instrumentalisiert wurde. Wirtschaftliche Entwicklung wurde rein politisch bewertet - nämlich wie man das westliche System schützen könnte.

Aber mit dem Zusammenbruch des Kommunismus blieb uns nur noch das Thema der nachhaltigen Entwicklung - und zwar vor dem Hintergrund einer grundsätzlich anderen Weltwirtschaft. Innerhalb von zehn Jahren haben wir uns wegbewegt von einer Welt, in der eine Milliarde Menschen unter einem marktwirtschaftlichen System lebten zu einer Welt, in der fünf Milliarden Menschen in einer Marktwirtschaft leben. Wir haben uns von einer Welt, in der ein Land von dreien eine demokratische Regierungsform hatten, entwickelt zu einer Welt, in der drei von vier Ländern unter einer demokratischen Regierungsform leben. Und wir sind jetzt in

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einer Zeit angekommen, wo viele der reichsten Länder sich viel mehr Gedanken um innenpolitische als um außenpolitische Themen machen. In den politischen Debatten in Ihrem eigenen Land, so habe ich nachgelesen, geht es um Beschäftigung, Renten, Sozialversicherung, und nicht um Entwicklung. Ihr Land hat ja einiges in der Entwicklungspolitik vorzuweisen gehabt, aber mit Entwicklungspolitik ist hier wahrscheinlich ebenso wenig eine Wahl zu gewinnen wie in den Vereinigten Staaten oder dem Vereinigten Königreich. Und so hat die Begeisterung auf seiten der Regierungen der entwickelten Welt nachgelassen, und damit auch die Entwicklungshilfe. Und der Einfluß der Weltbank ist auch wesentlich geringer geworden.

Die Bedürfnisse der Entwicklungsländer sind jedoch größer geworden. Dabei geht es heute um 4,7 Milliarden Menschen aus einer Gesamtweltbevölkerung von 5,6 Milliarden. 900 Millionen Menschen leben in der entwickelten Welt, 4,7 Milliarden Menschen leben in den Entwicklungsländern. Und von den 4,7 Milliarden leben 3 Milliarden von weniger als zwei Dollar am Tag, 1,3 Milliarden von weniger als einem Dollar am Tag, und 1½ Milliarden haben kein sauberes Wasser, zwei Milliarden haben keine Energie, zwei Million sterben jedes Jahr an Tuberkulose.

Wie sollte man also Entwicklung in der heutigen Zeit nach dem Kalten Krieg verstehen? Lassen Sie mich kurz darstellen, wie meiner Meinung nach diese Welt im Augenblick funktioniert. Es gibt zunächst wesentlich mehr offizielle Entwicklungsinstitutionen. Es gibt nicht mehr nur die Weltbank, sondern jetzt sind es die Weltbank und regionale Banken, die Europäische Union, die Fachorganisationen der Vereinten Nationen, bilaterale Geberorganisationen. Und sie alle wirken zusammen als eine Art offizielle entwicklungspolitische Behörde, deren einzelne Teile häufig nicht zusammenarbeiten, häufig dasselbe anstreben, aber häufig auch etwas zusammen anpacken. Und in Nettozahlen ausgedrückt beläuft sich all das, was wir tun, auf ungefähr $ 45 Milliarden pro Jahr, und zusätzlich sehr viel Zeit und Anstrengungen und Hilfsleistungen. Von ursprünglich $ 60 Milliarden sind wir in den letzten sieben Jahren auf diese Größenordnung geschrumpft. Der Gesamtumfang der Geldmittel, die in die Entwicklungshilfe fließen, ist also zurückgegangen.

Eine weitere wesentliche Entwicklung vollzog sich im Zusammenhang mit dem Auftreten demokratischerer Regierungsformen und einer offenen Gesellschaft; die Rolle der zivilen Gesellschaft, einschließlich der Nicht-

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Regierungsorganisationen, der Gewerkschaften, der Kirchen, ist sehr viel wirksamer und sichtbarer geworden, besonders in den Entwicklungsländern.

So erleben wir heute eine Welt mit offiziellen Institutionen, mit einer zivilen Gesellschaft und einem weiteren wesentlichen Faktor, der Privatwirtschaft. Der private Sektor ist im Bereich der Entwicklungsländer enorm gewachsen. Vor sieben Jahren investierte die Privatwirtschaft international insgesamt $ 30 Milliarden in den Entwicklungsländern. Damals belief sich die offizielle Entwicklungshilfe auf $ 60 Milliarden. Die Weltbank und ähnliche Einrichtungen waren damals doppelt so groß wie der private Sektor. Sieben Jahre später ist der offizielle Sektor von $ 60 Milliarden auf $ 45 Milliarden geschrumpft, und der private Sektor von $ 30 Milliarden auf $ 245 Milliarden gewachsen. Von halb so groß ist er auf fünfmal so groß angewachsen.

Wenn wir uns also heute die Herausforderungen einer globalisierten Wirtschaft anschauen, sehen wir eine ganz andere Welt als die, die wir vor sieben Jahren erlebten. Und auf jeden Dollar, der von außen investiert wird, kommen zusätzlich fünf Dollar von einheimischen Investoren. Man kann die Rolle der Weltbank also nicht mehr nur auf dem Hintergrund der Armutsbekämpfung sehen, auch nicht der nachhaltigen Entwicklung oder der Wirtschaftspolitik, ohne gleichzeitig die beträchtliche Rolle der Privatwirtschaft mit zu berücksichtigen.

Aber 75% der privatwirtschaftlichen Gelder fließen in nur 12 Länder. 140 Länder erhalten nur 5% der Mittel der Privatwirtschaft, und Schwarzafrika erhält nur 1 % der Mittel. Wiederum stehen wir also vor diesem außergewöhnlichen Ungleichgewicht zwischen reichen Ländern und armen Ländern. Wir haben Länder, in die Investitionen fließen, und solche, die keine Investitionen erhalten. Und das setzt sich fort in dem Ungleichgewicht zwischen Reich und Arm innerhalb der Länder, das in vielen Ländern größer und nicht kleiner wird. Und das stellt uns in der Weltbank vor die extrem wichtige Herausforderung, diesen Ländern zu helfen zu versuchen, damit sie ein investitionsfreundliches Klima in ihren Ländern schaffen können.

Und damit komme ich zum vierten Partner, der natürlich aus den Regierungen der Länder selber und deren Verwaltungsapparat besteht; ganz klar der wichtigste Partner, denn ohne den Apparat der Regierungen und Parlamente in diesen Ländern kann man keine Projekte durchführen, es herrschte Chaos. Wenn wir also heute von Wirtschaftspolitik sprechen, geht es nicht mehr

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darum, daß die Weltbank oder der Währungsfonds etwas diktiert, es geht noch nicht einmal mehr darum, was die einzelnen Regierungen in den Ländern beschließen. Man muß vielmehr die vier Partner in den Prozeß einbeziehen: die Regierungen und Parlamente in den Ländern selber mit einem Rechtssystem und einem ordnungspolitischen Rahmen, der ausländische Investoren anzieht, der Eigentumsrechte für die Bürger garantiert und auch inländische Investitionen ermöglicht. Dazu kommt der private Sektor, der eine immer größere Rolle spielt, und damit übrigens gleichzeitig Rechte für Arbeitnehmer und Gewerkschaften, was ein besonderes Anliegen dieser Organisation ist, und die Rolle der zivilen Gesellschaft sowie die der offiziellen Institutionen.

Wir bei der Bank versuchen jetzt, uns zu ändern. Wir versuchen, uns diesen neuen Bedürfnissen anzupassen. Viele sagen wahrscheinlich, die Bank ist überheblich, sie versucht zu diktieren, sie erteilt die Absolution in Washington, fliegt ein, bleibt zwei Wochen, fliegt weg und hat letzten Endes nur mit der Regierung zu tun gehabt. Je jünger der Vertreter der Bank, um so hochrangiger müssen die Gesprächspartner vor Ort sein. Mit 28 muß es unbedingt der Präsident sein für eine Unterredung, mit 35 gibt man sich mit dem Vize-Präsidenten zufrieden und mit 50 tut es vielleicht auch ein Minister. Ich glaube, viele von Ihnen kennen diesen Typ Mensch, und Sie kennen das System. Wir mußten also versuchen, unsere Institution dahingehend zu ändern, daß sie a) ein bißchen bescheidener wird; b) zuhört und c) sich auf die wirklichen Themen konzentriert, die für uns Armut und Umweltnachhaltigkeit heißen. Damit können wir uns voll auf jene Politikfelder konzentrieren, die Entwicklung beeinflußen. Wenn ich wir sage, meine ich damit nicht nur die Bank, sondern auch unsere Schwesterinstitutionen IFC (Internationale Finanzgesellschaft) als die Organisation, die sich mit der Unternehmensseite beschäftigt, und MIGA, die bestimmte Investitionsrisiken versichert. Und wir versuchen, dies gemeinsam zu erreichen.

Und wir sagen zunächst, Entwicklung ist im Grunde ein Problem und eine Chance für die Menschen in den Ländern, in denen wir arbeiten. Wir sind da, um zu helfen. Zweitens müssen wir erkennen, daß wir besser zuhören, denn die Bürger eines Landes, einer Region kennen sich normalerweise in diesem Land und in dieser Region besser aus als wir. Wir können einige unserer Erfahrungen einbringen, und das versuchen wir auch tatsächlich, aber die Projekte müssen von den Menschen im Land angenommen werden.

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Für viele meiner Kollegen war dies eine schwierige Lektion, da sie Projekte immer als Weltbank-Projekte verstanden haben. Aber nur ganz nebenbei ist ein Projekt, das für Brasilianer oder Indios gemacht wird, auch ein Weltbank-Projekt. Wir versuchen jetzt also, unsere Mitarbeiter umzuschulen und sie offener zu machen gegenüber den anderen Partnern in dieser Gleichung, denn wenn wir uns nicht um die anderen Partner kümmern oder die anderen offiziellen Institutionen, wie z.B. die offiziellen Organe deutscher Entwicklungshilfe und die internationalen Organisationen, den privaten Sektor, die zivile Gesellschaft und die Regierungen, wenn wir uns nicht darum kümmern, wird es absolut keine Chance geben, das Problem an der Wurzel zu packen, nämlich bei der wachsenden Armut.

Die Weltbevölkerung nimmt heutzutage jedes Jahr um 80 Millionen zu - davon 90 % in den Entwicklungsländern. Dies bedeutet eine enorme Herausforderung. Und es bedeutet auch, daß wir unsere Vorstellung von Entwicklung ändern müssen. Wir alle in der Weltgemeinschaft haben denselben Fehler gemacht. Wir sahen alle ein Projekt hier, ein Projekt dort. Wir machen ein Bildungsprojekt im Norden des Landes, wir machen ein Immigrationsprojekt irgendwo hier und ein Gesundheitsprojekt dort, und dann fahren wir nach Hause und

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denken, was wir doch Tolles geleistet haben und daß es in 70 oder 80% der Fälle geklappt hat.

Aber wenn wir das Problem der Armut wirklich angehen wollen, wenn wir das Problem der sich ständig verschlechternden Umwelt angehen wollen, in der wir unsere Wälder verlieren, in der die Luft immer schmutziger wird, in der immer weniger und immer dreckigeres

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Wasser zur Verfügung steht, all das, was viele von Ihnen kennen, wenn wir dies alles wirklich in den Griff kriegen wollen, müssen wir erkennen, daß die Schlacht schon verloren ist, wenn wir nicht Lösungen und Ansätze finden, die von den betroffenen Ländern umfassend erweitert und angewandt werden können.

Und deshalb machen wir uns bei der Bank jetzt Gedanken darüber, was grundsätzlich zur Entwicklung gehört. Was würde eine wirkliche Verbesserung bringen? Es geht nicht um karitative Hilfe, die wollen Entwicklungsländer nicht. Sie erwarten für die Menschen in ihren Ländern eine Chance. Sie wollen einen Neuanfang, und das bedeutet Bildung. Mit anderen Worten, zunächst geht es also im politischen Rahmen um Bildung - Bildung nicht nur für Männer, sondern in gleichem Maße für Frauen, Männer, Mädchen und Jungen. Ohne Bildung gibt es keine nachhaltige Entwicklung und ohne Bildung können Ungleichheiten nicht beseitigt werden.

Zweitens, wenn man Bildung hat, braucht man auch eine nachhaltige Gesundheitsversorgung und Ernährung. Warum? Ich komme gerade aus Bangladesh. In Bangladesh haben wir in Zusammenarbeit mit der Regierung versucht, Mädchen den Zugang zu den Schulen zu ermöglichen und die primäre Schulversorgung zu verbessern, eine hervorragende Leistung. Aber 25% der Kinder kommen schon mit Ernährungsmängeln in die Schule, 25% der Kinder leiden unter Zwergwuchs, sie wachsen nicht groß genug, sie haben große Gesundheitsprobleme.

Drittens, ländliche Entwicklung. 70% unserer Klienten leben in ländlichen Gebieten. Man braucht Transportverbindungen, man braucht Straßen auf dem Lande.

Viertens, Wasser. Man muß eine Versorgung mit sauberem Wasser haben, denn wenn es kein Wasser gibt und kein sauberes Wasser, werden die Menschen krank, sie leiden unter Flüssigkeitsverlust. Das Leben der Frauen wird davon bestimmt, daß sie kilometerweit laufen müssen auf der Suche nach Wasser.

Energie: Man muß auch versuchen, sie mit irgendeiner Form von Energie zu versorgen, nicht nur, weil sie gebraucht wird, sondern weil wir nicht die Kohlendioxidemissionen stoppen oder die Menschen nicht daran hindern können, die Wälder abzuschlagen, wenn nichts getan wird. Arme Menschen fällen Bäume, weil sie Brennholz zum Heizen und zum Kochen benötigen. Das ist schon viele Jahre so. Das Problem heute besteht darin, daß es zu viele Menschen ohne Energieversorgung gibt. Es gibt 2 Milliarden von ihnen.

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Und schließlich brauchen wir eine Form, eine wichtige Form von Wirtschaftsplanung und Kontrolle der Finanzsysteme. Was kürzlich in Thailand und Indonesien passierte und sich auf Brasilien und auf Rußland ausweitete ist ein Beispiel dafür, daß jetzt die Entwicklungsländer und die entwickelten Länder systematisch miteinander verbunden sind in dieser Welt. Aber das wichtigste hierbei ist, daß im Falle eines Zusammenbruchs der Finanzmärkte immer die Armen am meisten darunter leiden müssen. Wenn man ein bißchen Geld auf der hohen Kante hat, reicht es zum Überleben. Wenn man aber von einem Dollar am Tag leben muß, ist man abhängig davon, daß man den Dollar an diesem Tag verdient, bevor man etwas zu essen hat. Und ich bin sicher, Sie alle haben schon solche Menschen getroffen. Die Menschen, die als erste betroffen sind, sind jene am untersten Ende der Leiter. Deshalb ist finanzielle und wirtschaftliche Stabilität in irgendeiner Form von grundlegender Bedeutung, ebenso wie Wachstum notwendig ist.

So sehen wir das bei der Bank. Es handelt sich nicht um eine ausführliche Darstellung, aber es beschreibt doch einen Ansatz, der noch um ein weiteres wichtiges Element erweitert werden muß. Und dieses Element besteht darin, daß für uns jetzt die Menschen Vorrang haben. Wir versuchen, unsere Projekte auf dieser Grundlage zu gestalten, indem wir den einzelnen Dorfgemeinschaften zuhören, den Familien, in den Städten, Regionen. Denn wenn die Menschen unsere Projekte nicht annehmen, können daraus keine erfolgreichen Projekte werden. Hier ist die Partnerschaft mit der zivilen Gesellschaft gefragt.

In Afrika ist es uns gerade gelungen, 80% der Fälle von Flußblindheit zu bekämpfen, Es war ein hervorragendes Beispiel für die Art von Partnerschaft, die ich eben beschrieben habe. Für jene unter ihnen, die Flußblindheit nicht kennen: es handelt sich dabei um eine Krankheit, die von Moskitos in den Flußtälern übertragen wird. Man wird gestochen, wird mit dem Parasiten infiziert und innerhalb von zwei Jahren ist man blind. Das Ergebnis war, daß die Menschen Millionen Morgen oder Hektar besten Ackerlandes entlang der Flüsse unbewohnt ließen, weil sie es mit Erblindung assoziierten.

Wir haben uns mit zivilgesellschaftlichen Gruppen in Westafrika zusammengesetzt, die uns berichteten, wo die Moskitos zu finden waren. Zusammen mit den örtlichen Gemeindeverwaltungen und mit finanzieller Unterstützung internationaler Institutionen haben wir kleine Hubschrauber gechartert, um die Gebiete zu be-

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sprühen. Ein amerikanisches Pharmaunternehmen bot eine Pille an, die man ursprünglich für die veterinärmedizinische Nutzung bei Tieren entwickelt hatte. Wenn man jedoch eine davon pro Jahr einnimmt, wird die Infektion gestoppt. Die Verteilung erfolgte über die zivilgesellschaftlichen Gruppen. Und wir haben bis heute zwischen 70 und 80% der Fälle von Flußblindheit in Westafrika auf diesem Wege erreicht. Dies führte auch zu einer enormen wirtschaftlichen Erholung. Die Bank hätte dies allein nicht leisten können, es hätte auch der Privatsektor allein nicht leisten können, aber es ist ein spektakuläres Beispiel für die Art und Weise, wie wir vorgehen sollten. Ich könnte weitere Beispiele aufzählen.

Aber für uns besteht die Herausforderung jetzt darin, daß wir die Probleme auf der menschlichen Ebene angehen müssen und zwar auf partnerschaftlicher Grundlage. Das ist heute gefordert, das versuchen wir zu leisten. Und das wollte ich Ihnen berichten, bevor Sie Ihre Fragen stellen, so daß ich, wenn Sie mir berichten, wie schlimm wir sind, darauf verweisen kann, daß wir dies heute anders machen. Ich danke Ihnen also für Ihre Aufmerksamkeit. Es wurde mir gesagt, ich sollte jetzt zum Schluß kommen und für Fragen zur Verfügung stehen, die Sie an mich richten möchten. Ich werde gerne darauf antworten. Herzlichen Dank.

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