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[Seite der Druckausg.: 65]



Dr. Ulrich Börner

Berlin

"Umwelt und Entwicklung"

Zusammenfassung der Diskussion in der Arbeitsgruppe

Das Forum "Umwelt und Entwicklung" unter der Beteiligung von Maneka Gandhi, der früheren Umweltministerin Indiens, Karin Junker, MdEP, Dieter Schanz, MdB, und Joachim Spangenberg, B.U.N.D., machte deutlich, daß Umwelt und Ökologie integrierte und unverzichtbare Komponenten von Entwicklungsstrategien sein sollten. Andererseits ist es aber offensichtlich noch nicht gelungen, den Stellenwert von Umweltproblemen im Süden im Bewußtsein von Öffentlichkeit und Politikern im erforderlichen Maße zu verankern. Die Diskussion, eingeleitet durch kurze Statements der Forumsteilnehmer und stark beeinflußt durch den Inhalt der Plenarreferate von Maneka Gandhi und Ingomar Hauchler, beleuchtete eine Reihe von Ursachen und Erscheinungsformen der gegenwärtigen Umweltzerstörungen im Süden. Sie versuchte darüber hinaus, Lösungsansätze für die daraus entstehenden Probleme aufzuzeigen.

Zusammenfassend wurden folgende Themen angesprochen:

  • Der Verschleiß von Ressourcen für die Aufrüstung in Ländern des Südens und direkte Umweltschäden infolge militärischer Auseinandersetzungen, wobei die laxe Haltung von Regierungen der Industriestaaten in Bezug auf Waffenexporte in Entwicklungsländer kritisiert wurde. Bei konsequenter Handhabung der bestehenden Regeln zum Handel mit militärischen Gütern hätte das Eingreifen der USA und ihrer Verbündeten in den Golfkonflikt mit seinen katastrophalen Folgen, auch den

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    ökologischen, durchaus vermieden werden können.

  • Weder Politiker und Parteien noch internationale Organisationen haben bisher praktikable Mechanismen bzw. Entscheidungsinstrumente entwickelt, um den immer drängender anstehenden Umweltproblemen im Süden erfolgreich beizukommen. So nimmt das Tempo der Regenwaldzerstörungen trotz internationaler Kampagnen und Hilfsaktionen weiter zu. Selbst der Sozialistischen Internationalen gelang es nicht, wenigstens eine gemeinsame Haltung gegen die atomare Verseuchung des südlichen Pazifiks durch französische Nukleartests zu erreichen. Und insbesondere die europäische Agrarpolitik führt zu einer Deformierung der Anbaustrukturen und zu einer Verfestigung der ungerechten Landbesitzverhältnisse in zahlreichen Ländern des Südens, was die Existenz vieler Kleinbauern gefährdet und sie z.T. in ökologisch labile Regionen abdrängt.

  • Der parlamentarische Druck zur Durchsetzung einer ökologisch orientierten Politik auch gegen über den Ländern des Südens ist zu gering; hier haben auch die Sozialdemokraten ihre Möglichkeiten noch nicht ausgeschöpft. Bisher erfolgt noch keine wirksame Koordinierung der entsprechenden Aktivitäten zwischen Parteien und Interessengruppen. Auf diese Weise kann nicht verhindert werden, daß Giftmüll weiterhin unkontrolliert in Entwicklungsländer verbracht wird, daß man im Süden Agrochemikalien verkauft und einsetzt, die im Norden längst verboten sind, und daß häufig Großprojekte der Entwicklungszusammenarbeit, z.B. Staudämme mit riesigen Wasserkraftwerken, ohne ausreichende Berücksichtigung ökologischer und sozialer Folgeschäden durchgedrückt werden, nachdem sie zuvor eben "parlamentarisch" abgesegnet worden sind.

Letztlich tauchte mehrfach die Frage auf, welchen Sinn entwicklungspolitische "Salonveranstaltungen" hier haben. Welche Möglichkeiten haben wir in Deutschland, die prekäre Umweltsituation im Süden zu verbessern? Ohne die Möglichkeiten überschätzen zu wollen, kann man davon ausgehen, daß Verbes-

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serungen im Süden mit Veränderungen im Norden einhergehen müssen. Erst ein konsequent umweltbewußtes Verhalten und Wirtschaften der modernen Industriegesellschaften, die ihre Umweltprobleme selbst lösen müssen und nicht partiell in den Süden transferieren dürfen, wird auch zu entsprechenden Verhaltensmustern im Süden führen. Darüber hinaus erscheint es wichtig, umweltpolitische Belange des Südens auch immer wieder gegenüber der breiten Öffentlichkeit der Industrieländer zu vertreten und dafür die notwendige Sensibilität zu schaffen. Denn auf kaum einem anderen Gebiet könnte es uns wohl eines Tages schmerzlicher bewußt werden, daß Nord und Süd "in einem Boot sitzen" und sich nicht gegenseitig die ungelösten Probleme zuschieben können, wenn dieses zu sinken beginnt.

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© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | November 2002

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