FES | ||||||||||||||||
|
|
TEILDOKUMENT:
[Seite der Druckausg.: 21(Forsetzung)]
4. Das internationale Handlungssystem: Entwicklung der rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen
Der Charakter gefährlicher Abfälle als unerwünschtes Nebenprodukt des Produktionsprozesses und der hierdurch entstehende ökonomische Anreiz, sie ungeachtet der Folgen für Mensch und Natur möglichst kostengünstig zu entsorgen, bewirken, daß Abfallrecht und Abfallpolitik in stärkerem Maße als andere Politikbereiche auf Kontrolle und Überwachung angewiesen sind (Krieger 1998b, 1003). Die wichtigsten rechtlichen Bestimmungen, welche die Zulässigkeit und Kontrolle internationaler Abfallverbringungen regeln und staatenübergreifend koordinieren, basieren auf Arbeiten des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP), der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sowie der Europäischen Union (EU). Seit dem Beginn der Verhandlungen um eine globale Konvention im Jahre 1987 verstärkten sich die internationalen Regulierungsaktivitäten und fanden parallel auf nationaler, regionaler und globaler Ebene statt mit teilweise offen widersprüchlichen Zielsetzungen. Im Ergebnis bewegt sich der internationale Handel mit gefährlichen Abfällen heute in einem vielschichtigen rechtlichen und institutionellen Handlungssystem (Wuttke et.al. 1996, 1-2; Sands 1995, 503; Kummer 1995, 172ff; Ott 1998, 75ff).
4.1 Bausteine des internationalen Handlungssystems
Die OECD setzte bereits im Jahre 1974 eine "Waste Management Policy Group" ein, die sich seit 1982 mit der Entwicklung von Maßnahmen zur Kontrolle grenzüberschreitender [Seite der Druckausg.: 22] Verbringungen gefährlicher Abfälle beschäftigt. [ Für eine Zusammenfassung der OECD-Aktivitäten siehe OECD (1993a, 3).] Basierend auf diesen Vorarbeiten hat die OECD seit 1984 eine Reihe von Beschlüssen und Empfehlungen gefaßt, welche die internationale rechtliche Entwicklung entscheidend prägten. [ Zu nennen sind OECD Council Decision/Recommendation: Transfrontier Movements of Hazardous Wastes, OECD C(83)180/Final of 1 February 1984; OECD Council Resolution: International Co-operation Concerning Transfrontier Movements of Hazardous Wastes, OECD C(85)100 of 20 June 1985; OECD Council Decision/Recommendation: Exports of Hazardous Wastes from the OECD Area, OECD C(86)64/Final of 5 June 1986; OECD Council Decision: Transfrontier Movements of Hazardous Wastes, C(88)90/Final of 27 May 1988; OECD Council Resolution: Control of Transfrontier Movements of Hazardous Wastes C(89)1/Final of 30 January 1989; OECD Council Resolution: Control of Transfrontier Movements of Hazardous Wastes, C(89)112/Final of 18-20 July 1989; OECD Decision/Recommendation: Reduction of Transfrontier Movements of Wastes, C(90)178/Final of 31 January 1991; OECD Council Decision: Control of Transfrontier Movements of Wastes Destined for Recovery Operations, C(92)39/Final of 30 March 1992.] Hervorzuheben sind:
Innerhalb der EU wurde auch in Reaktion auf verschiedene Fälle unkontrollierter Abfallverbringung wie der Seveso-Affäre (siehe Kasten 1) die grenzüberschreitende Verbringung von gefährlichen Abfällen erstmalig im Jahre 1984 Gegenstand einer Richtlinie. [ Richtlinie des Rates EWG/84/631 vom 13. Dezember 1984 über die Überwachung und Kontrolle – in der Gemeinschaft – der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle, Amtsblatt EG Nr. L 326, S.31; zuletzt geändert durch Richtlinie EWG/91/962 vom 31. Dezember 1991, Amtsblatt EG Nr. L 377, S.48.] Aufgrund inhaltlicher Unklarheiten, einer unpräzisen Regelungssystematik sowie unterschiedlicher und zögerlicher Umsetzung der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten wurde ihr Hauptzweck, die Errichtung eines einheitlichen und harmonisierten Systems zur Kontrolle grenzüberschreitender Verbringungen gefährlicher Abfälle, jedoch verfehlt (Haigh 1992, 5.5-5.7; Krieger 1998a, 968). [ Nach Krieger, a.a.O. lag die größte Bedeutung dieser Richtlinie zurückblickend in der Wegbereitung für die spätere Abfallverbringungsverordnung (VO 259/93). ] Charakterisierend für die Regelungsansätze der OECD und der EU war, daß sie die grenzüberschreitende Verbringung gefährlicher Abfälle zwar verbesserten Regeln und Kontrollen unterwerfen sollten, aber zugleich jedenfalls für den Bereich der Wiederverwertung den internationalen Handel weiterhin ermöglichen sollten (OECD 1998a, 9). Im Gegensatz zu den Regulierungsaktivitäten im Rahmen von OECD und EU befaßten sich die Arbeiten des UNEP auch mit den besonderen Schwierigkeiten von Entwicklungsländern. Eine Arbeitsgruppe bereitete Leitlinien für eine umweltgerechte Behandlung gefährlicher Abfälle vor, die vor allem den Entwicklungsländern beim Aufbau nationaler Abfallsysteme dienen sollten. Diese Leitlinien, im Dezember 1985 in Kairo als sogenannte 'Cairo-Guidelines' verabschiedet, wurden im Juni 1987 durch den UNEP-Verwaltungsrat angenommen. [ Cairo Guidelines and Principles for the Environmentally Sound Management of Hazardous Waste, UNEP WG 122/3, UNEP GC 14/17 Annex II.]
4.2 Die Basler Konvention von 1989 Der erste Schritt zu einer globalen Abfallwirtschaftskonvention
Der internationale Verhandlungsprozeß um eine globale Konvention zur Kontrolle grenzüberschreitender Abfallverbringungen war von Anbeginn durch starke Interessengegensätze zwischen Industrieländern und Entwicklungsländern geprägt. Viele Entwicklungsländer, darunter vor allem afrikanische Staaten, strebten ein Verbot des internationalen Handels mit gefährlichen Abfällen an. Jedoch verweigerten sich wichtige Industrieländer diesem Begehren, um die verfügbaren Optionen zur Entsorgung gefährlicher Abfälle möglichst wenig einzuengen und einen Präzedenzfall für eine umweltpolitisch motivierte Beschränkung des Freihandels zu vermeiden (Sands 1995, 503; Strohm 1993, 142ff). Das am 22. März 1989 in Basel durch 116 Staatenvertreter sowie einen Vertreter der Europäischen Gemeinschaft beschlossene Basler Übereinkommen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung" trat am 5. Mai 1992, neunzig Tage nach Hinterlegung der zwanzigsten Ratifikationsurkunde, in Kraft. [ 28 International Legal Materials, 657 (1989). Amtliche deutsche Übersetzung siehe Bundesgesetzblatt II, S.2704 ff, vom 14. Oktober 1994. ] Bis zum 16. Juni 1999 wurde die Basler Konvention von 123 Staaten und der Europäischen Gemeinschaft [ Soweit internationale Abkommen Bereiche betreffen, in denen die Europäische Gemeinschaft keine ausschließliche Rechtssetzungskompetenz besitzt, also in Bereichen "gemischter" Kompetenzen zwischen Mit gliedstaaten und EG, werden internationale Abkommen in der Staatenpraxis gemeinsam von den Mitglied staaten der Europäischen Gemeinschaft und der Europäischen Gemeinschaft verhandelt sowie von Mitglied staaten und EG gezeichnet und ratifiziert (ausführlich hierzu Rosas 1998, 125ff). ] ratifiziert. In Deutschland wurden die Bestimmungen der Basler Konvention durch die seit dem 6. Mai 1994 anwendbare EG-Abfallverbringungsverordnung (AbfVerbrV) [ Verordnung des Rates (EWG/259/93) vom 1. Februar 1993 zur Überwachung und Kontrolle der Verbrin gung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft, Amtsblatt EG Nr. L30, S.1] [Seite der Druckausg.: 23] sowie ergänzend durch das am 14. Oktober 1994 in Kraft getretene Ausführungsgesetz zum Basler Übereinkommen umgesetzt und mit dem Zustimmungsgesetz zum Basler Übereinkommen völkerrechtlich ratifiziert. [ Ausführungsgesetz zu dem Basler Übereinkommen vom 22. März 1989 über die Kontrolle der grenz überschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung vom 30. September 1994, Bundes gesetzblatt I, S. 2271. Die völkerrechtliche Ratifikation erfolgte mit dem Zustimmungsgesetz zu dem Basler Übereinkommen vom 30. September 1994 über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefähr licher Abfälle und ihrer Entsorgung, Bundesgesetzblatt II, S. 2703.] Als einziges globales Abkommen über den internationalen Handel mit gefährlichen Abfällen bildet die Basler Konvention das Kernstück der auf internationaler Ebene ergangenen Regelungen. [ Anders als ihr Name vermuten läßt, erfaßt das „Basler Übereinkommen über die Kontrolle der grenzüber schreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung" neben gefährlichen Abfällen auch die grenzüberschreitende Verbringung von Haushaltsabfällen sowie von Rückständen aus der Verbrennung von Haushaltsabfällen (Artikel 1 Absatz 2 in Verbindung mit Anlage II Basler Übereinkommen).] Die Präambel der Basler Konvention statuiert als übergeordnete Zielsetzung, durch strenge Kontrollen die menschliche Gesundheit und die Umwelt vor den nachteiligen Folgen zu schützen, die sich aus der Erzeugung und Behandlung gefährlicher Abfälle und anderer Abfälle ergeben können." Hervorzuheben ist, daß dem Erreichen dieses Zieles nicht nur Maßnahmen zur Begrenzung und Kontrolle grenzüberschreitender Abfallverbringungen dienen, sondern gerade auch Maßnahmen, die auf eine Verminderung der erzeugten Abfallmengen abzielen. Dieser umfassende Ansatz der Basler Konvention bestätigt sich auch mit Blick auf die verschiedenen durch die Konvention aufgestellten Allgemeinen Verpflichtungen", wie
Zudem setzt die Zulässigkeit der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle stets voraus, daß der Ausfuhrstaat nicht über die technischen Fähigkeiten und die notwendigen Anlagen für eine umweltgerechte Entsorgung verfügt und die fraglichen Abfälle im Einfuhrstaat als Rohstoff für Verwertungs- und Aufbereitungsindustrien benötigt werden. [ Artikel 4 Absatz 9 lit. a) und b) Basler Übereinkommen.]
4.2.1 Wesentliche Merkmale des Kontrollsystems der Basler Konvention
Im Zentrum der materiellen Verpflichtungen, die sich für die Staaten aus der Basler Konvention ergeben, steht die Errichtung eines Systems zur Regulierung und Überwachung des internationalen Abfallhandels. Jede vorgesehene grenzüberschreitende Verbringung gefährlicher Abfälle oder anderer Abfälle ist über die zuständige Behörde des Ausfuhrstaates oder auf deren Anweisung durch den Erzeuger oder Exporteur der gefährlichen Abfälle den von der Verbringung betroffenen Staaten [ Von einer Abfallverbringung „betroffene Staaten" sind nach Artikel 2 lit. 13 Basler Übereinkommen solche Staaten, die Ausfuhr-, Einfuhr- oder Durchfuhrstaaten sind, gleichviel ob sie Vertragsparteien sind oder nicht.] schriftlich mitzuteilen. [ Artikel 6 Absatz 1 Basler Übereinkommen.] Diese schriftliche Mitteilung (sogenannte Notifikation) muß unter anderem Angaben über den Zweck der Verbringung, die an der Erzeugung und Verbringung der gefährlichen Abfälle beteiligten natürlichen und juristischen Personen, die Beschaffenheit des Abfalls sowie über Details des beabsichtigten Transports enthalten. [ Artikel 6 Absatz 1 in Verbindung mit Anlage V A Basler Übereinkommen.] Die von einer beabsichtigten Abfallverbringung betroffenen Staaten können ihre Zustimmung verweigern, an bestimmte Bedingungen knüpfen oder aber weitere Informationen verlangen. [ Artikel 6 Absatz 2 und Absatz 4 Basler Übereinkommen.] Der Ausfuhrstaat darf erst dann die Erlaubnis zu einer grenzüberschreitenden Abfallverbringung erteilen, wenn die notifizierende Stelle die schriftliche Zustimmung des Einfuhrstaats und des Durchfuhrstaats zur Abfallverbringung erhalten hat (Prior Informed Consent). [ Artikel 6 Absatz 3 lit. a) und Absatz 4 Satz 3 Basler Übereinkommen.] Außerdem muß der Einfuhrstaat der notifizierenden Stelle bestätigt haben, daß zwischen dem Exporteur und dem Entsorger ein Vertrag existiert, in dem die umweltgerechte Behandlung der fraglichen Abfälle ausdrücklich festgelegt ist. [ Artikel 6 Absatz 3 lit. b) Basler Übereinkommen.] [Seite der Druckausg.: 24] Abfalltransporten muß von dem Ausgangspunkt der grenzüberschreitenden Verbringung bis zum Ort der Entsorgung ein Begleitpapier beigefügt sein, welches von jeder Person, die für die grenzüberschreitende Verbringung die Verantwortung übernimmt, bei Lieferung oder bei Übernahme des betreffenden Abfalls zu unterzeichnen ist. [ Artikel 4 Absatz 7 lit. c) sowie Artikel 6 Absatz 9 Satz 1 Basler Übereinkommen.] Das Begleitpapier soll eine möglichst lückenlose Dokumentation über die Art der verbrachten Abfälle, benutzte Transportmittel und -wege sowie die an dem Transport beteiligten Personen gewährleisten. [ Die erforderlichen Informationen sind in Anlage V B Basler Übereinkommen festgelegt.] Die Basler Konvention erlaubt jedoch gewisse Vereinfachungen dieses Verfahrens. So kann im Falle regelmäßiger Verbringungen von Abfällen mit denselben physikalischen und chemischen Eigenschaften, die stets über dieselben Zollämter im Ausfuhr-, Durchfuhr- und Einfuhrstaat abgewickelt werden, eine auf maximal 12 Monate begrenzte allgemeine Notifikation sowie eine allgemeine Zustimmung der betroffenen Staaten verwendet werden. [ Artikel 6 Absätze 6 bis 8 Basler Übereinkommen.] Auch können Durchfuhrstaaten auf ihr Recht zur vorherigen Zustimmung verzichten. [ Artikel 6 Absatz 4, Sätze 4 und 5 Basler Übereinkommen.] Weitere Modifizierungen des Verfahrens finden Anwendung für den Fall, daß zwischen Ausfuhr-, Durchfuhr- und Einfuhrstaat unterschiedliche Auffassungen über die Gefährlichkeit zu verbringender Abfälle bestehen. [ Artikel 6 Absatz 5 Basler Übereinkommen. ] Stellt sich heraus, daß eine im übrigen ordnungsgemäße internationale Abfallverbringung nicht wie vertraglich vorgesehen durchgeführt werden kann, so trifft den Ausfuhrstaat eine Pflicht zur Wiedereinfuhr dieser Abfälle, falls keine andere Regelung für eine umweltgerechte Entsorgung der fraglichen Abfälle gefunden wird. [ Artikel 8 Basler Übereinkommen.] Angesichts der zahlreichen regionalen und bilateralen Ansätze zu einer Regelung grenzüberschreitender Abfallverbringungen kommt Artikel 11 Basler Übereinkommen eine besondere Bedeutung zu (für wichtige regionale Regelungen siehe Kasten 2). Danach ist es Vertragsparteien möglich, zweiseitige, mehrseitige oder regionale Übereinkünfte über die grenzüberschreitende Verbringung gefährlicher Abfälle abzuschließen, auch unter Einbezug von Nichtvertragsparteien. Voraussetzung ist allerdings, daß die in solchen Übereinkünften enthaltenen Standards zur umweltgerechten Behandlung gefährlicher Abfälle mindestens denen der Basler Konvention entsprechen. Bereits vor dem Inkrafttreten der Basler Konvention abgeschlossene Übereinkünfte werden hiervon nicht berührt, sofern die in solchen Übereinkünften vorgeschriebene umweltgerechte Behandlung gefährlicher Abfälle vereinbar" ist mit den in der Basler Konvention niedergelegten Maßstäben. Letztere Ausnahme ist bedeutsam für das OECD-Kontrollsystem zur grenzüberschreitenden Verbringung von Abfällen zur Verwertung im OECD-Raum sowie für die EG-Abfallverbringungsverordnung (Buck 1999, 47-53). [Seite der Druckausg.: 25] Kasten 2. Regionale Regelungsansätze
[Seite der Druckausg.: 26] Abfallverbringungen, die entgegen den in der Basler Konvention niedergelegten Anforderungen erfolgen, gelten als illegal und sind von den Vertragsparteien als Straftat zu verfolgen. [ Artikel 9 sowie Artikel 4 Absatz 3 und Absatz 4 Basler Übereinkommen. In Deutschland wird diese Bestim mung durch § 326 Absatz 2 Strafgesetzbuch, neugefaßt durch 31. Strafrechtsänderungsgesetz vom 27. Juni 1994 (Bundesgesetzblatt I, S.1440), umgesetzt.] Im Falle einer illegalen Abfallverbringung sind entweder der Ausfuhr- oder der Einfuhrstaat für eine Rückführung der Abfälle, beziehungsweise für deren umweltgerechte Behandlung verantwortlich je nach Verschulden des Vorfalls. [ Artikel 9 Absatz 2 bis Absatz 4 Basler Übereinkommen.] Es bleibt allerdings weitgehend offen, wie die Zuweisung der Verantwortlichkeit im Streitfall erfolgen soll und welche weiteren haftungsrechtlichen und finanziellen Konsequenzen sich hieran knüpfen.
4.2.2 Die Basler Konvention als dynamisches Umweltregime
Auch in anderer Hinsicht war das durch die Konvention errichtete Kontrollsystem für den internationalen Handel mit gefährlichen Abfällen unvollständig. Klärungsbedürftig war vor allem der Begriff gefährliche Abfälle" und damit insgesamt der Anwendungsbereich der Basler Konvention (siehe Abschnitt 5.2). In ihrer institutionellen Struktur erweist sich die Konvention allerdings als modernes umweltvölkerrechtliches Vertragssystem, das von vornherein auf einen stufenweisen Ausbau und eine dynamische Weiterentwicklung der in ihm enthaltenen Regelungselemente angelegt war. [ Die in der Theorie internationaler Beziehungen bereits seit längerem untersuchten Veränderungen völker rechtlicher Rechtsetzungsprozesse finden in jüngster Zeit vermehrte Aufmerksamkeit in dogmatischen Über legungen der Völkerrechtswissenschaft zu der Frage, inwieweit Beschlüssen oder Entscheidungen von Ver tragsstaatenkonferenzen trotz fehlender Ratifikation durch die einzelnen Staaten bereits eine völkerrechtliche Verbindlichkeit zukommen kann; sie also auch formell Bestandteil des internationalen Vertragssystems und damit des Völkervertragsrechts werden (Ott 1998). Speziell zu „Umweltregimen„ siehe Gehring (1990), Ober thür (1997), Gehring und Oberthür (1997) sowie Biermann (1998) mit Schwerpunkt auf Nord-Süd-Bezie hungen.] So überantwortet Artikel 12 den Vertragsparteien die Erarbeitung eines Protokolls über die Haftung und den Ersatz von Schäden, die sich aus der grenzüberschreitenden Verbringung und Entsorgung gefährlicher Abfälle und anderer Abfälle ergeben. Weiterhin soll auf den Konferenzen der Vertragsparteien die Wirksamkeit einzelner Regelungen überprüft werden, um die Konvention gegebenenfalls zu ändern oder durch weitere Protokolle zu ergänzen. [ Artikel 15 Absatz 1 und Absatz 5, insbesondere Absatz 5 lit. d) Basler Übereinkommen.] Hervorzuheben ist die explizit erwähnte Möglichkeit der Prüfung eines teilweisen oder vollständigen Verbots von Abfallexporten. [ Artikel 15 Absatz 7 Basler Übereinkommen.] Änderungen des Konventionstextes können durch eine Dreiviertelmehrheit der Vertragsparteien beschlossen werden. Für die Änderung von Protokollen zum Basler Übereinkommen reicht eine Zweidrittelmehrheit aus. [ Artikel 17 Absatz 2 und Absatz 3 Basler Übereinkommen. Geschäftsordnungsbelange können durch einfache Mehrheit der anwesenden und abstimmenden Staaten beschlossen werden (Regel 40 Nr. 1 und Nr.2 der Ge schäftsordnung, Annex III zu Decision I/1/1, UNEP/CHW.1/24).] Zuletzt ist auf das vereinfachte Verfahren bei der Beschlußfassung über Anlagen zum Basler Übereinkommen und zu Protokollen hinzuweisen. Diese werden für einen Vertragsstaat automatisch wirksam, sofern er nicht binnen sechs Monaten nach Erhalt einer Mitteilung über den Beschluß Vorbehalte geltend macht (sogenanntes opting out"). [ Artikel 18 Basler Übereinkommen.] Der im Vertragstext bereits angelegte weitere Ausbau des durch die Basler Konvention errichteten Regelungsgefüges wird organisatorisch abgestützt durch die regelmäßige Konferenz der Vertragsparteien, ein Sekretariat sowie verschiedene Arbeitsgruppen (siehe Kasten 3). Im folgenden werden die wichtigsten Weiterentwicklungen der Basler Konvention bezogen auf einzelne Themenfelder dargestellt und bestehende Defizite sowie Handlungsoptionen beschrieben. [Seite der Druckausg.: 27 Kasten 3. Organe der Basler Konvention
© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Dezember 1999 |