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2. Ansatzpunkte der Fahrradförderung als Verkehrsverlagerungsstrategie

Der Ansatzpunkt einer Fahrradförderung liegt in der Frage, wie man den innerstädtischen Kurzstreckenbereich bzw. auch Teile des Freizeitverkehrs für das Fahrrad gewinnen kann. Das eigentlich für den Mittel- und Langstreckenbereich konzipierte Auto wird in der Realität nur durchschnittlich 40 Minuten am Tag genutzt, wobei die Hälfte aller Pkw-Fahrten im Entfernungsbereich von lediglich 0-5 km stattfindet. Dies aber ist der klassische Kurzstreckenbereich und gleichzeitig der Einsatzradius von 90% aller Fahrradfahrten. Der Kurzstreckenbereich stellt damit ein großes Potential für das "Umsatteln" vom Auto auf das Fahrrad dar.

Der gesamte städtische Verkehr (zu Fuß und mit Verkehrsmitteln) enthält heute ca. 45% Freizeitverkehr. Entgegen den oft geäußerten Befürchtungen des Einzelhandels, eine verringerte Pkw-Erreichbarkeit stelle einen Kundenrückgang dar, gelten lediglich 15% aller Autofahrten dem Einkaufsverkehr. Addiert man diesen Anteil zum reinen Freizeitverkehr, umfaßt der Verkehr zu privaten Zwecken rund 60% des (inner-)städtischen Verkehrsaufkommens. Weitere 20% entfallen auf den Berufsverkehr, 10% auf Geschäfts- bzw. Dienstfahrten und ebenfalls 10% auf den Ausbildungsverkehr.

Der durchschnittliche modal split-Anteil des Fahrrades liegt in der Bundesrepublik Deutschland heute bei ca. 12% (zum modal split-Begriff vgl. Punkt 3.). Einige Städte wie Münster mit einem Anteil von 34% oder Erlangen mit knapp 30% Fahrradverkehr fallen positiv aus diesem Rahmen. Erst die Beispiele aus den Niederlanden zeigen allerdings, daß eine erhebliche Anhebung des Fahrrad-Anteils keine Ausnahme sein muß. Der Fahrradverkehrsanteil in Groningen beträgt beispielsweise über 50%, der von Delft 40%.

Die Erarbeitung eines fahrradfreundlichen Verkehrskonzeptes bedarf differenzierter und spezifischer Aussagen. Dazu gehört der Entwurf eines klaren städtebaulichen Verkehrsleitbildes, in dem alle Ziele qualitativ und quantitativ formuliert sind. Die spezifizierte For-

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mulierung von Zielvorgaben umfaßt u.a. Fragen nach dem zukünftigen Anteil des Autoverkehrs bzw. allgemein den zu erreichenden modal split-Anteilen. Die zukünftige Aufteilung der Verkehrsflächen muß festgelegt oder auch die Einschätzung zukünftiger Verkehrsunfallrisiken vorgenommen werden.

Diese Fragen lassen sich alle auf der kommunalen Ebene lösen. Die Politik sollte allerdings entsprechende Anstöße geben. Ein Beispiel hierfür ist das Fahrradförderprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen, dessen Teilnahmevoraussetzungen eine Erklärung interessierter Gemeinden beinhaltet, ihren modal split-Anteil des Fahrrades auf deutlich über 20% anheben zu wollen. Noch effektiver wären hier allerdings konkretere Aussagen über den genauen anvisierten Fahrradanteil bzw. Angaben zum Umsetzungszeitraum und den geplanten Maßnahmen.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 2000

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