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Zusammenfassung und Schlußfolgerungen


Der politische Druck auf eine Reform der öffentlichen Verwaltung hat sich in den letzten Jahren spürbar erhöht. Auslöser der Umstrukturierungen war in vielen Fällen die kommunale Finanzkrise. Gleichzeitig erweist sich die Verwaltung Weber'scher Prägung immer weniger in der Lage, der wachsenden Aufgabenfülle und den gestiegenen Anforderungen in einem sich dynamisch ändernden Handlungsumfeld gerecht zu werden. Unzulängliche Kosten- und Leistungstransparenz, geringe Bürger- bzw. Kundenorientierung sowie Defizite an Arbeitszufriedenheit und Motivation der Mitarbeiter sind deutliche Indikatoren für einen aufgestauten Handlungsbedarf.

Es besteht eine interne Managementlücke aus strukturellen, personellen und instrumentellen Defiziten, die sich insbesondere auf folgende Problemfelder der heutigen kommunalen Verwaltung erstreckt:

  • bürokratische und hierarchische Strukturen

  • veraltete Rahmenbedingungen (z.B. nicht zeitgemäße arbeitsrechtliche Regulierungen)

  • fehlendes Verständnis für bürger- und marktbezogene Anforderungen

  • unzweckmäßiges kameralistisches Rechnungswesen

  • mangelhafter Einsatz von Controlling-lnstrumenten.

In vielen Fällen wird das Neue Steuerungsmodell der KGSt als konzeptionelle Grundlage für kommunale Reformvorhaben angewandt, das im wesentlichen auf Effizienz, Effektivität und Bürgernähe abstellt und auf eine stärkere Ergebnis- bzw. Wirkungsorientierung bei gleichzeitig erhöhter Kostentransparenz und Kostenverantwortung zielt. Fest steht aber auch, daß es einen allgemein verbindlichen Masterplan für die Verwaltungsmodernisierung nicht gibt. Nach wie vor suchen die einzelnen Kommunen in Abhängigkeit von Modernisierungsbedarf, Reformzielen und -Schwerpunkten mit einer Vielzahl unterschiedlicher Einführungs- und Veränderungsstrategien den für sie richtigen Weg zur Reorganisation. Hierzu zählt der prozeßorientierte Reformansatz der Lean-Public-Administration, bei dem die eigenverantwortlich und innovativ tätigen Mitarbeiter eine zentrale Rolle spielen.

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Im Gegensatz zur Apostrophierung zielen viele Reformprojekte auf kurzfristige Verringerungen der Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben. Dabei werden die Modernisierungskonzepte einseitig auf den Abbau öffentlicher Funktionen und auf die Privatisierung öffentlicher Aufgaben bei Aufrechterhaltung der verkrusteten Hierarchiestrukturen verkürzt. Mit einer Verschlankung der Verwaltung über Personalabbau und Kürzungen der Sachmittel kann die wachsende Finanzkrise der öffentlichen Hand aber nicht allein bewältigt werden. Auf mittlere Dauer ist eher davon auszugehen, daß die Finanznot weniger als Motor denn als Bremse für Reformprojekte wirken wird. Wenn die Finanzkrise der öffentlichen Hand sich weiter verschärft, besteht die Gefahr, daß nur noch Krisenmanagement durch Haushaltskonsolidierung und pauschalen Personalabbau stattfindet.

Eine solche Strategie erweist sich zwar einerseits als immer weniger tauglich zur Bewältigung der Probleme. Andererseits darf aber nicht auf die Ausschöpfung bestehender Kostensenkungspotentiale verzichtet werden. Dabei steht fest, daß das Konzept „Sparen" allein nicht für eine grundlegende Modernisierung des Systems der kommunalen Selbstverwaltung ausreicht. Dieses Konzept kann vielmehr nur ein erster Schritt in Richtung auf eine echte Verwaltungsreform sein, bei der es entscheidend auf Leistungsfähigkeit und Funktionsvielfalt ankommt.

Die Kommunalverwaltungen werde ihre Zukunftsfähigkeit nur zurückgewinnen, wenn die Reformprozesse auf Dauer angelegt werden. Mit einer einmaligen Anstrengung – auch wenn sie noch so tiefgreifend ist – kann der notwendige Strukturwandel nicht vollzogen werden und zwar schon allein deshalb nicht, weil sich das Umfeld und die politischen Vorgaben permanent ändern. Erfolgreich können nur dynamische und langfristig angelegte Strategien sein, die die Modernisierung in kontinuierlichen Verbesserungsprozessen organisieren. Dabei sind für die Umstrukturierungen einer Verwaltung mindestens fünf Jahre zu veranschlagen – und zwar allein für die Reformen im engeren Sinne.

Der Zwang zu kurzfristigen Konsolidierungsmaßnahmen darf nicht dazu führen, daß auf strukturelle Eingriffe in die traditionellen Verwaltungsprozesse verzichtet wird. Notwendig erscheinen insbesondere

  • stärkere Kundenorientierung

  • Einführung von Wettbewerb (intern, interkommunal, mit der Privatwirtschaft)

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  • verbesserte Mitarbeiterorientierung

  • leistungsorientierte arbeitsrechtliche Regelungen

  • Abbau von Hierarchieebenen

  • dezentrale Ressourcenverantwortung

  • Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung, Budgetierung

  • zielorientiertes Controlling sowie

  • intensiverer Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien.

Die Berücksichtigung dieser Aspekte verlangt eine Neujustierung der kommunalen Aufgabenstellung. Erforderlich ist eine kulturelle Revolution in den Amtsstuben, die auf neue Denkweisen, neue Ziele und neue Wege setzt. An die Stelle des bloßen Vollzugs von Haushaltsplänen müssen auf den Output (Produkte, Dienstleistungen) bezogene Verwaltungsaktivitäten treten. Dabei ist eine Zustimmung und aktive Unterstützung der Modernisierungsprozesse durch Politik, Verwaltung, Mitarbeiter und Bürger gefragt.

Die ergebnisorientierte Steuerung der Verwaltung darf nicht auf ökonomische Aspekte eingeengt werden. Vielmehr müssen qualitative Anforderungen gleichrangig beachtet werden. Dabei kommt der Aufwertung und Ausschöpfung der Humanressourcen eine besondere Bedeutung zu. Es gilt, die Mitarbeiter als wichtigstes Element und Potential der Kommunalverwaltung für die dauerhafte Verbesserung der Effizienz und Effektivität der öffentlichen Leistungserstellung zu nutzen. Dies setzt einmal voraus, daß bereits im Vorfeld der Reformprozesse in Kooperationsvereinbarungen zwischen Verwaltungsleitung und Personalrat die sozialen Belange und schutzwürdigen Interessen der Beschäftigten abgesichert werden.

Zum anderen ist der Verzicht auf weitere Anwendungen der bislang dominierenden top-down-Strategien wichtig, denn bei diesen ist schon viel entschieden, bevor die Modernisierungskonzepte den Mitarbeitern vorgestellt und mit ihnen diskutiert werden. Gefragt sind vielmehr Reformansätze von der Basis, weil die schwierige und komplexe Verwaltungsmodernisierung nur gelingen kann, wenn die Mitarbeiter die notwendigen Umstrukturierungen akzeptieren und mittragen. Dies setzt voraus, daß die Beschäftigten aller Hierarchieebenen an den Reformprojekten beteiligt und für diese qualifiziert werden. Solche Beteiligungen der Beschäftigten an den Modernisierungsprojekten sind zugleich auch ein strategisches Instrument, um Druck „von unten" aufzubauen und so

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die Reformen voranzutreiben. Zusätzlich werden durch den Rollentausch der Mitarbeiter von Betroffenen zu verantwortlichen Akteuren des Reformgeschehens Ängste, Widerstände und Beharrungstendenzen abgebaut, die Modernisierungsversuche entscheidend und auf Dauer beeinträchtigen können.

Sicherzustellen ist weiter, daß sich alle Modernisierungsmaßnahmen auf den Bürger als Adressaten der Verwaltungsleistungen beziehen. Bislang erfolgte die systematische Einbeziehung der Erwartungen und Anforderungen der „Kunden" in die Reformprozesse nur in Ausnahmefällen. Die konzeptionelle Neuordnung des Verhältnisses „Bürger – Verwaltung" hat aber entscheidende Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit der Kommunalverwaltungen.

Ein unverzichtbarer Bestandteil der Kommunalreform ist schließlich auch die Entwicklung neuer Formen der Arbeitsteilung, Kooperation, Kommunikation und Kontrolle zwischen von Politik und Verwaltung. Auf der einen Seite ist im Zuge der Dezentralisierung den weitgehend verselbständigten Fachbereichen die Verantwortung für die zu erbringenden Leistungsergebnisse, für die einzuhaltenden Qualitätsstandards, aber auch für die finanziellen und personellen Ressourcen zu übertragen. An die Stelle von Haushaltstiteln und Stellenplänen können dann Globalbudgets treten, die im Rahmen der zu erfüllenden Aufgaben von den Verwaltungsbereichen eigenverantwortlich bewirtschaftet werden.

Auf der anderen Seite sollte die Politik künftig auf Reglementierungen bis ins letzte Detail verzichten. Im Rahmen eines an Ergebnissen orientierten Verwaltungsmanagements erscheint vielmehr eine Steuerung auf Abstand sinnvoll. Dabei kann sich die Politik auf strategische Schwerpunktsetzungen und auf die Kontrolle des Verwaltungshandelns beschränken.

Mit dieser neujustierten Aufgaben- und Verantwortungsabgrenzung zwischen Politik und Verwaltung ergeben sich neue Perspektiven für die Entwicklung unserer Städte, Gemeinden und Kreise: Die Weichen werden umgestellt von einem bürokratischen System der organisierten Unverantwortlichkeit auf ein zukunftsfähiges Dienstleistungsunternehmen „Kommunalverwaltung", das seine Aufgaben für Wirtschaft und Gesellschaft effektiv, effizient, transparent, bürgernahe und rechtsstaatlich erfüllt.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2002

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