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Wagener, Wilhelm (1871 - 1948)

Geboren am 22. Juli 1871 als uneheliches Kind in Hamburg, verheiratet. Der Vater "legitimierte" am 12. März 1872 die Geburt durch Eheschließung. Arbeitete nach der Volksschule als Hausknecht und Packer. Seit dem 1. Oktober 1896 Mitglied der Lokalorganisation "Verein der Hausknechte und Kontorboten von 1890". Wagener unterstützte von Beginn an die gewerkschaftlichen Zentralisationsbestrebungen der Handelshilfsarbeiter und schloß sich sofort dem im Dezember 1896 begründeten "Zentralverband der Handels-, Transport- und Verkehrsarbeiter Deutschlands" an. Von Februar 1899 an Distriktführer seiner Organisation in Hamburg-Uhlenhorst. Seit Januar 1900 von der Hamburger Generalversammlung jährlich zum Delegierten für das Hamburger Gewerkschaftskartell gewählt. Erwarb am 26. Januar 1901 das Hamburger Bürgerrecht. Am 11. Januar 1901 zum Einkassierer und Vorstandsmitglied der Hamburger Ortsverwaltung gewählt. Wiederwahl in den Vorstand im Januar 1902; gleichzeitig vertrauten die Hamburger Mitglieder ihm das Kassiereramt an.

Der ehemalige Packer erwarb sich in der Hansestadt mit seiner mustergültigen und transparenten Kassenführung einen hervorragenden Ruf, der nie zu erschüttern war. Von 1902 bis 1903 stieg in Hamburg die Mitgliederzahl von 3.216 (1902) auf 4.845 (1903); die Zahl der verkauften Wochenbeitragsmarken vermehrten sich um 50.654 und die Einnahmen um 18.393 Mark (1903 insgesamt 70.568 Mark Einnahmen). Seit Mai 1903 Mitglied der Unterstützungsvereinigung der in der modernen Arbeiterbewegung tätigen Angestellten. Die gut gefüllte "Kampfkasse" war Basis für die erfolgreich geführten Arbeitskämpfe des Jahres 1904. Wagener setzte in der Hamburger Ortsverwaltung des "Zentralverbandes der Handels-, Transport- und Verkehrsarbeiter und -Arbeiterinnen Deutschlands" (neuer Verbandsname ab 1. Juli 1903) einen der höchsten lokalen Beitragssätze im Deutschen Reich durch. ("Wenn wir nicht mit gehobenen Händen zuschauen wollen, wenn wir auch fernerhin unsere Aufgabe ganz erfüllen wollen, dem Ansturm des Unternehmertums Widerstand zu leisten und unseren, noch vielfach spottschlecht entlohnten Arbeitsbrüder bessere Verhältnisse schaffen wollen, dann ist es vor allen Dingen notwendig, über einen achtungsgebietenden Kampffonds verfügen zu können.") Auf der Generalversammlung am 20. Juni 1905 zum Vorsitzenden der Verwaltungsstelle Hamburg gewählt, nachdem Friedrich Himpel - die dominierende Figur der Hamburger Handelshilfs- und Transportarbeiterbewegung - in den Zentralvorstand nach Berlin überwechselte. Wagener trat das neue Amt Ende September 1905 an. Einstimmige Wiederwahl 1906, 1907 und 1908. Der Vorsitzende der Hamburger Ortsverwaltung profitierte vom Aufstieg der an- und ungelernten Arbeiter Hamburgs zu Beginn des Jahrhunderts: 1907 stieg die Mitgliederzahl von 4.385 auf 6.003, über 30 Lohnbewegungen mit 1.700 Beteiligten konnten erfolgreich abgeschlossen werden. Der lokale Arbeitsnachweis des Verbandes bildete das Rückgrat der Organisation in der Hansestadt. Bis 1908 schlossen sich mehrere lokale gewerkschaftsähnliche Gebilde dem freigewerkschaftlichen Zentralverband an.

Im Mai 1906 als Schriftführer in die Kartellkommission (=Gewerkschaftsvorstand) des Hamburger Gewerkschaftskartells gewählt. Erhielt im April 1907 ein Mandat als Beisitzer in das gewerkschaftliche Exekutivorgan, das seit 1890 überverbandliche Interessen der Gewerkschaften in der Hansestadt koordinierte. Delegierter auf der 4. Generalversammlung des "Zentralverbandes der Handels-, Transport-, Verkehrsarbeiter und -Arbeiterinnen Deutschlands". Seit diesem Kongreß Teilnehmer auf allen Verbandstagen seiner Gewerkschaft bis zum Ende der Weimarer Republik. Am 1. Oktober 1907 verlegte der Verbandsvorstand den Sitz des Gaues 11 (Schleswig-Holstein, Hamburg, Lübeck und Mecklenburg) von Lübeck nach Hamburg; im Oktober betraute der Vorstand Wilhelm Wagener mit der Leitung des Gaues. Kandidierte im Januar 1909 nicht mehr für den Vorsitz der Hamburger Ortsverwaltung, behielt jedoch weiterhin die Funktion eines Kartelldelegierten. Wagener tat agitatorisch viel für den Zusammenschluß der organisierten Hafenarbeiter, Seeleute und Handelshilfs- und Transportarbeiter in der Hansestadt und glättete viele Wogen nach den gescheiterten Fusionsbemühungen der drei Gewerkschaften des Jahres 1909. Delegierter auf dem 7. außerordentlichen Verbandstag des "Deutschen Transportarbeiter-Verbandes" (Organisationsname seit 1907) vom 8. bis 11. Mai 1910 in Hamburg, der den Zusammenschluß der freigewerkschaftlichen Verbände der Hafenarbeiter, Seeleute und Transportarbeiter sanktionierte. Durch den Zusammenschluß erweiterte sich Wageners Betreuungsbereich beträchtlich: die Mitgliederzahl kletterte von 15.000 auf 43.000. Als weiterer Gauleiter unterstützte August Rocksien den eingesessenen Hamburger.

Wagener gehörte künftig zu den einflußreichsten Teilnehmern auf den Konferenzen der Gau- und Ortsverwaltungen, auf denen er vornehmlich zu innerverbandlichen Unterstützungsfragen Stellung nahm. 1915 zum Kriegsdienst eingezogen, konnte erst 1918 aus dem Felde nach Hamburg zurückkehren. Gehörte nach der Novemberrevolution zu den innerverbandlichen Kritikern des Verbandsvorstandes, dem er eine zu starke Abhängigkeit von radikalisierten Berliner Neumitgliedern vorwarf ("Die Berliner Kollegen müssen bedenken, daß Berlin nicht der Verband ist.") Der Verbandsvorstand suchte den gewichtigen innerverbandlichen Kritiker zu integrieren. Wahl Wageners als Sekretär in den Hauptvorstand auf dem 11. Verbandstag vom 3. bis 8. September 1922 in Berlin. Als Sekretär - verantwortlich für "innere Verwaltungsaufgaben" - sollte der Hamburger seine reiche Erfahrung bei der Betreuung neuer Mitglieder einbringen. Kehrte indes noch vor dem 12. Bundestag vom 16. bis 21. August 1925 in München als Gauleiter nach Hamburg zurück. Seit Juni 1922 Mitglied des Vorläufigen Reichswirtschaftsrates. 1933 aus allen Ämtern entlassen. Lebte nach der nationalsozialistischen Machtergreifung als Sozialrentner in Hamburg. Verzog Anfang der vierziger Jahre nach Kronshagen bei Kiel. Wilhelm Wagener starb am 4. Dezember 1948 in Kronshagen.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 1998

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